Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857.

Bild:
<< vorherige Seite

zerer oder längerer Zeit zu Grunde zu gehen. Da ha¬
ben wir nun einen auf meine Kosten wiederhergestellt,
und arbeiten jezt an einem zweiten. Die Holzgerüste,
um die ihr fragtet, sind Grundlagen, auf denen Ver¬
zierungen befestigt werden müssen. Die Verzierungen
sind noch ziemlich erhalten, ihre Grundlagen aber sind
sehr morsch geworden, weßhalb wir neue anfertigen
müssen, wozu ihr hier die Entwürfe sehet."

"Hat man euch denn erlaubt, in einer Kirche einen
Altar umzugestalten?" fragte ich.

"Man hat es uns erst nach vielen Schwierigkeiten
erlaubt," antwortete er, "wir haben aber die Schwie¬
rigkeiten besiegt. Besonders kam uns das Mißtrauen
in unsere Kenntnisse und Fähigkeiten entgegen, und
hierin hatte man Recht. Wohin käme man denn,
wenn man an vorhandenen Werken vorschnell Verän¬
derungen anbringen ließe. Es könnten ja da Dinge
von der größten Wichtigkeit verunstaltet oder zerstört
werden. Wir mußten angeben, was wir verändern
oder hinzufügen wollten, und wie die Sache nach der
Umarbeitung aussehen würde. Erst da wir dargelegt
hatten, daß wir an den bestehenden Zusammenstellun¬
gen nichts ändern würden, daß keine Verzierung an
einen andern Plaz komme, daß kein Standbild an

zerer oder längerer Zeit zu Grunde zu gehen. Da ha¬
ben wir nun einen auf meine Koſten wiederhergeſtellt,
und arbeiten jezt an einem zweiten. Die Holzgerüſte,
um die ihr fragtet, ſind Grundlagen, auf denen Ver¬
zierungen befeſtigt werden müſſen. Die Verzierungen
ſind noch ziemlich erhalten, ihre Grundlagen aber ſind
ſehr morſch geworden, weßhalb wir neue anfertigen
müſſen, wozu ihr hier die Entwürfe ſehet.“

„Hat man euch denn erlaubt, in einer Kirche einen
Altar umzugeſtalten?“ fragte ich.

„Man hat es uns erſt nach vielen Schwierigkeiten
erlaubt,“ antwortete er, „wir haben aber die Schwie¬
rigkeiten beſiegt. Beſonders kam uns das Mißtrauen
in unſere Kenntniſſe und Fähigkeiten entgegen, und
hierin hatte man Recht. Wohin käme man denn,
wenn man an vorhandenen Werken vorſchnell Verän¬
derungen anbringen ließe. Es könnten ja da Dinge
von der größten Wichtigkeit verunſtaltet oder zerſtört
werden. Wir mußten angeben, was wir verändern
oder hinzufügen wollten, und wie die Sache nach der
Umarbeitung ausſehen würde. Erſt da wir dargelegt
hatten, daß wir an den beſtehenden Zuſammenſtellun¬
gen nichts ändern würden, daß keine Verzierung an
einen andern Plaz komme, daß kein Standbild an

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0178" n="164"/>
zerer oder längerer Zeit zu Grunde zu gehen. Da ha¬<lb/>
ben wir nun einen auf meine Ko&#x017F;ten wiederherge&#x017F;tellt,<lb/>
und arbeiten jezt an einem zweiten. Die Holzgerü&#x017F;te,<lb/>
um die ihr fragtet, &#x017F;ind Grundlagen, auf denen Ver¬<lb/>
zierungen befe&#x017F;tigt werden mü&#x017F;&#x017F;en. Die Verzierungen<lb/>
&#x017F;ind noch ziemlich erhalten, ihre Grundlagen aber &#x017F;ind<lb/>
&#x017F;ehr mor&#x017F;ch geworden, weßhalb wir neue anfertigen<lb/>&#x017F;&#x017F;en, wozu ihr hier die Entwürfe &#x017F;ehet.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Hat man euch denn erlaubt, in einer Kirche einen<lb/>
Altar umzuge&#x017F;talten?&#x201C; fragte ich.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Man hat es uns er&#x017F;t nach vielen Schwierigkeiten<lb/>
erlaubt,&#x201C; antwortete er, &#x201E;wir haben aber die Schwie¬<lb/>
rigkeiten be&#x017F;iegt. Be&#x017F;onders kam uns das Mißtrauen<lb/>
in un&#x017F;ere Kenntni&#x017F;&#x017F;e und Fähigkeiten entgegen, und<lb/>
hierin hatte man Recht. Wohin käme man denn,<lb/>
wenn man an vorhandenen Werken vor&#x017F;chnell Verän¬<lb/>
derungen anbringen ließe. Es könnten ja da Dinge<lb/>
von der größten Wichtigkeit verun&#x017F;taltet oder zer&#x017F;tört<lb/>
werden. Wir mußten angeben, was wir verändern<lb/>
oder hinzufügen wollten, und wie die Sache nach der<lb/>
Umarbeitung aus&#x017F;ehen würde. Er&#x017F;t da wir dargelegt<lb/>
hatten, daß wir an den be&#x017F;tehenden Zu&#x017F;ammen&#x017F;tellun¬<lb/>
gen nichts ändern würden, daß keine Verzierung an<lb/>
einen andern Plaz komme, daß kein Standbild an<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[164/0178] zerer oder längerer Zeit zu Grunde zu gehen. Da ha¬ ben wir nun einen auf meine Koſten wiederhergeſtellt, und arbeiten jezt an einem zweiten. Die Holzgerüſte, um die ihr fragtet, ſind Grundlagen, auf denen Ver¬ zierungen befeſtigt werden müſſen. Die Verzierungen ſind noch ziemlich erhalten, ihre Grundlagen aber ſind ſehr morſch geworden, weßhalb wir neue anfertigen müſſen, wozu ihr hier die Entwürfe ſehet.“ „Hat man euch denn erlaubt, in einer Kirche einen Altar umzugeſtalten?“ fragte ich. „Man hat es uns erſt nach vielen Schwierigkeiten erlaubt,“ antwortete er, „wir haben aber die Schwie¬ rigkeiten beſiegt. Beſonders kam uns das Mißtrauen in unſere Kenntniſſe und Fähigkeiten entgegen, und hierin hatte man Recht. Wohin käme man denn, wenn man an vorhandenen Werken vorſchnell Verän¬ derungen anbringen ließe. Es könnten ja da Dinge von der größten Wichtigkeit verunſtaltet oder zerſtört werden. Wir mußten angeben, was wir verändern oder hinzufügen wollten, und wie die Sache nach der Umarbeitung ausſehen würde. Erſt da wir dargelegt hatten, daß wir an den beſtehenden Zuſammenſtellun¬ gen nichts ändern würden, daß keine Verzierung an einen andern Plaz komme, daß kein Standbild an

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/178
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/178>, abgerufen am 24.11.2024.