ses Zimmer legen lassen. Wünschet ihr für jezt oder für den Abend noch irgend ein Buch, so nennt es, daß ich sehe, ob es in meiner Büchersammlung enthal¬ ten ist."
Ich lehnte das Anerbieten ab, und sagte, daß ich mit dem Vorhandenen schon zufrieden sei, und wenn ich mich außer Humboldt mit noch andern Buchstaben beschäftigen wolle, so habe ich in meinem Ränzchen schon Vorrath, um theils etwas mit Bleifeder zu schreiben, theils früher Geschriebenes durchzulesen, und zu verbessern, welche Beschäftigung ich auf meinen Wanderungen häufig Abends vornehme.
Er verabschiedete sich nach diesen Worten, und ich ging zur Thür hinein.
Ich übersah mit einem Blicke das Zimmer. Es war ein gewöhnliches Fremdenzimmer, wie man es in jedem größeren Hause auf dem Lande hat, wo man zuweilen in die Lage kömmt, Herberge ertheilen zu müssen. Die Geräthe waren weder neu noch nach der damals herrschenden Art gemacht, sondern aus ver¬ schiedenen Zeiten, aber nicht unangenehm ins Auge fallend. Die Überzüge der Sessel und des Ruhe¬ bettes waren gepreßtes Leder, was man damals schon selten mehr fand. Eine gesellige Zugabe, die man
ſes Zimmer legen laſſen. Wünſchet ihr für jezt oder für den Abend noch irgend ein Buch, ſo nennt es, daß ich ſehe, ob es in meiner Bücherſammlung enthal¬ ten iſt.“
Ich lehnte das Anerbieten ab, und ſagte, daß ich mit dem Vorhandenen ſchon zufrieden ſei, und wenn ich mich außer Humboldt mit noch andern Buchſtaben beſchäftigen wolle, ſo habe ich in meinem Ränzchen ſchon Vorrath, um theils etwas mit Bleifeder zu ſchreiben, theils früher Geſchriebenes durchzuleſen, und zu verbeſſern, welche Beſchäftigung ich auf meinen Wanderungen häufig Abends vornehme.
Er verabſchiedete ſich nach dieſen Worten, und ich ging zur Thür hinein.
Ich überſah mit einem Blicke das Zimmer. Es war ein gewöhnliches Fremdenzimmer, wie man es in jedem größeren Hauſe auf dem Lande hat, wo man zuweilen in die Lage kömmt, Herberge ertheilen zu müſſen. Die Geräthe waren weder neu noch nach der damals herrſchenden Art gemacht, ſondern aus ver¬ ſchiedenen Zeiten, aber nicht unangenehm ins Auge fallend. Die Überzüge der Seſſel und des Ruhe¬ bettes waren gepreßtes Leder, was man damals ſchon ſelten mehr fand. Eine geſellige Zugabe, die man
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ſes Zimmer legen laſſen. Wünſchet ihr für jezt oder
für den Abend noch irgend ein Buch, ſo nennt es, daß
ich ſehe, ob es in meiner Bücherſammlung enthal¬
ten iſt.“
Ich lehnte das Anerbieten ab, und ſagte, daß ich
mit dem Vorhandenen ſchon zufrieden ſei, und wenn
ich mich außer Humboldt mit noch andern Buchſtaben
beſchäftigen wolle, ſo habe ich in meinem Ränzchen
ſchon Vorrath, um theils etwas mit Bleifeder zu
ſchreiben, theils früher Geſchriebenes durchzuleſen, und
zu verbeſſern, welche Beſchäftigung ich auf meinen
Wanderungen häufig Abends vornehme.
Er verabſchiedete ſich nach dieſen Worten, und
ich ging zur Thür hinein.
Ich überſah mit einem Blicke das Zimmer. Es
war ein gewöhnliches Fremdenzimmer, wie man es in
jedem größeren Hauſe auf dem Lande hat, wo man
zuweilen in die Lage kömmt, Herberge ertheilen zu
müſſen. Die Geräthe waren weder neu noch nach der
damals herrſchenden Art gemacht, ſondern aus ver¬
ſchiedenen Zeiten, aber nicht unangenehm ins Auge
fallend. Die Überzüge der Seſſel und des Ruhe¬
bettes waren gepreßtes Leder, was man damals ſchon
ſelten mehr fand. Eine geſellige Zugabe, die man
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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/125>, abgerufen am 25.11.2024.
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