plenitudo und summitas beysammen, bey denen aber, welche nicht absolut sind, ist den- noch summitas oder independentia a po- pulo. Qui itaque summus, non habet superiorem, & qui non habet superiorem, est Majestas, licet non semper nomine, ta- men re.
§. 7.
Noch ein ander Argument pfleget man zu Behauptung der Praecedentz, wegen der be- sonderen Wohlthaten und Dienste, welche ein Potentat dem Pabst und der Catho- lischen Kirchen erwiesen, und der daraus flies- senden Meriten, zu allegiren, auf welche man in alten Zeiten gar besondere reflexion gemacht. Wenn nun noch heut zu Tage dieses Argument in consideration kommen solte, würde wohl der Röm. Deutsche Kayser bloß und allein aus die- sem fundament vor allen obenan stehen müssen, weil aus der historie bekant, hier aber nicht an- zuführen nöthig, daß der Pabst nicht allein durch die Milde der Imperatorum groß und reich, son- dern auch von ihnen als Advocatis Ecclesiae be- schützet worden.
§. 8.
Das letzte Argument, welches doch für das erste und wichtigste passiren könte, nimmt man von der Würdigkeit derVasallen, massen wohl gewiß, daß je höherer Dignität die Gehor- chenden, je höherer Würde muß der Befeh- lende seyn: Nun sind wohl weder in noch ausser
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Hoff-Ceremoniel.
plenitudo und ſummitas beyſammen, bey denen aber, welche nicht abſolut ſind, iſt den- noch ſummitas oder independentia a po- pulo. Qui itaque ſummus, non habet ſuperiorem, & qui non habet ſuperiorem, eſt Majeſtas, licet non ſemper nomine, ta- men re.
§. 7.
Noch ein ander Argument pfleget man zu Behauptung der Præcedentz, wegen der be- ſonderen Wohlthaten und Dienſte, welche ein Potentat dem Pabſt und der Catho- liſchen Kirchen erwieſen, und der daraus flieſ- ſenden Meriten, zu allegiren, auf welche man in alten Zeiten gar beſondere reflexion gemacht. Wenn nun noch heut zu Tage dieſes Argument in conſideration kommen ſolte, wuͤrde wohl der Roͤm. Deutſche Kayſer bloß und allein aus die- ſem fundament vor allen obenan ſtehen muͤſſen, weil aus der hiſtorie bekant, hier aber nicht an- zufuͤhren noͤthig, daß der Pabſt nicht allein durch die Milde der Imperatorum groß und reich, ſon- dern auch von ihnen als Advocatis Eccleſiæ be- ſchuͤtzet worden.
§. 8.
Das letzte Argument, welches doch fuͤr das erſte und wichtigſte paſſiren koͤnte, nimmt man von der Wuͤrdigkeit derVaſallen, maſſen wohl gewiß, daß je hoͤherer Dignitaͤt die Gehor- chenden, je hoͤherer Wuͤrde muß der Befeh- lende ſeyn: Nun ſind wohl weder in noch auſſer
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Hoff-Ceremoniel.
plenitudo und ſummitas beyſammen, bey
denen aber, welche nicht abſolut ſind, iſt den-
noch ſummitas oder independentia a po-
pulo. Qui itaque ſummus, non habet
ſuperiorem, & qui non habet ſuperiorem,
eſt Majeſtas, licet non ſemper nomine, ta-
men re.
§. 7. Noch ein ander Argument pfleget man
zu Behauptung der Præcedentz, wegen der be-
ſonderen Wohlthaten und Dienſte, welche
ein Potentat dem Pabſt und der Catho-
liſchen Kirchen erwieſen, und der daraus flieſ-
ſenden Meriten, zu allegiren, auf welche man in
alten Zeiten gar beſondere reflexion gemacht.
Wenn nun noch heut zu Tage dieſes Argument
in conſideration kommen ſolte, wuͤrde wohl der
Roͤm. Deutſche Kayſer bloß und allein aus die-
ſem fundament vor allen obenan ſtehen muͤſſen,
weil aus der hiſtorie bekant, hier aber nicht an-
zufuͤhren noͤthig, daß der Pabſt nicht allein durch
die Milde der Imperatorum groß und reich, ſon-
dern auch von ihnen als Advocatis Eccleſiæ be-
ſchuͤtzet worden.
§. 8. Das letzte Argument, welches doch fuͤr
das erſte und wichtigſte paſſiren koͤnte, nimmt man
von der Wuͤrdigkeit der Vaſallen, maſſen
wohl gewiß, daß je hoͤherer Dignitaͤt die Gehor-
chenden, je hoͤherer Wuͤrde muß der Befeh-
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Stieve, Gottfried: Europäisches Hoff-Ceremoniel. Leipzig, 1715, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stieve_hoffceremoniel_1715/99>, abgerufen am 24.11.2024.
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