tulatur, gebrauchtes oder unterlassenes Ceremo- niel, jemanden zum Praejuditz gereichen solle; welche Acte man für etwas gar Vernünftiges er- achtet: und aus welcher richtig folget, daß alle Praetensiones des Sitzes und Vorsitzes, welche einer oder der andere ihm zuständig zu seyn mey- net, dadurch salviret werden. Mich selbst an- belangende, begehre ich nicht jemanden vorzuge- hen: allein ich kan auch nicht zugeben, daß etwas der Königin, meiner Frauen, noch dem Durch- lauchtigsten Hertzog, ihrem Sohne, welcher Sou- verain ist, zum Praejuditz geschehe, und dieses ist genug. Ausser dem aber würde ich sagen: daß ich den König von Jerusalem repraesentire: ein anderer würde kommen und sich König von Cy- pern nennen: die Herren General-Staaten wür- den behaupten wollen, daß Sie Könige über viele Königreiche in Jndien, welches Sie auch in der That sind; Allein hiervon ist in Gegenwart nicht die Rede. Denn wie schon gemeldet, sind wir anitzo nicht allhier versammlet de Gloria Mundi zu disputiren, und selbige zu regliren: son- dern nur einen Frieden einmüthig zu schliessen; wel- cher auch geschlossen und von GOTT verliehen werden wird, im Fall wir diesen GOtt, uns Ho- hen Alliirten beywohnend haben werden, etc.
Dieser an sich selbst wohlgemeynte, von einem alten Minister ausgesprochene Discours, wurde zwar von allen Gegenwärtigen angehöret, nicht aber
deß-
Europaͤiſches
tulatur, gebrauchtes oder unterlaſſenes Ceremo- niel, jemanden zum Præjuditz gereichen ſolle; welche Acte man fuͤr etwas gar Vernuͤnftiges er- achtet: und aus welcher richtig folget, daß alle Prætenſiones des Sitzes und Vorſitzes, welche einer oder der andere ihm zuſtaͤndig zu ſeyn mey- net, dadurch ſalviret werden. Mich ſelbſt an- belangende, begehre ich nicht jemanden vorzuge- hen: allein ich kan auch nicht zugeben, daß etwas der Koͤnigin, meiner Frauen, noch dem Durch- lauchtigſten Hertzog, ihrem Sohne, welcher Sou- verain iſt, zum Præjuditz geſchehe, und dieſes iſt genug. Auſſer dem aber wuͤrde ich ſagen: daß ich den Koͤnig von Jeruſalem repræſentire: ein anderer wuͤrde kommen und ſich Koͤnig von Cy- pern nennen: die Herren General-Staaten wuͤr- den behaupten wollen, daß Sie Koͤnige uͤber viele Koͤnigreiche in Jndien, welches Sie auch in der That ſind; Allein hiervon iſt in Gegenwart nicht die Rede. Denn wie ſchon gemeldet, ſind wir anitzo nicht allhier verſammlet de Gloria Mundi zu diſputiren, und ſelbige zu regliren: ſon- dern nur einen Frieden einmuͤthig zu ſchlieſſen; wel- cher auch geſchloſſen und von GOTT verliehen werden wird, im Fall wir dieſen GOtt, uns Ho- hen Alliirten beywohnend haben werden, ꝛc.
Dieſer an ſich ſelbſt wohlgemeynte, von einem alten Miniſter ausgeſprochene Diſcours, wurde zwar von allẽ Gegenwaͤrtigẽ angehoͤret, nicht aber
deß-
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Europaͤiſches
tulatur, gebrauchtes oder unterlaſſenes Ceremo-
niel, jemanden zum Præjuditz gereichen ſolle;
welche Acte man fuͤr etwas gar Vernuͤnftiges er-
achtet: und aus welcher richtig folget, daß alle
Prætenſiones des Sitzes und Vorſitzes, welche
einer oder der andere ihm zuſtaͤndig zu ſeyn mey-
net, dadurch ſalviret werden. Mich ſelbſt an-
belangende, begehre ich nicht jemanden vorzuge-
hen: allein ich kan auch nicht zugeben, daß etwas
der Koͤnigin, meiner Frauen, noch dem Durch-
lauchtigſten Hertzog, ihrem Sohne, welcher Sou-
verain iſt, zum Præjuditz geſchehe, und dieſes iſt
genug. Auſſer dem aber wuͤrde ich ſagen: daß
ich den Koͤnig von Jeruſalem repræſentire: ein
anderer wuͤrde kommen und ſich Koͤnig von Cy-
pern nennen: die Herren General-Staaten wuͤr-
den behaupten wollen, daß Sie Koͤnige uͤber viele
Koͤnigreiche in Jndien, welches Sie auch in der
That ſind; Allein hiervon iſt in Gegenwart
nicht die Rede. Denn wie ſchon gemeldet, ſind
wir anitzo nicht allhier verſammlet de Gloria
Mundi zu diſputiren, und ſelbige zu regliren: ſon-
dern nur einen Frieden einmuͤthig zu ſchlieſſen; wel-
cher auch geſchloſſen und von GOTT verliehen
werden wird, im Fall wir dieſen GOtt, uns Ho-
hen Alliirten beywohnend haben werden, ꝛc.
Dieſer an ſich ſelbſt wohlgemeynte, von einem
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Stieve, Gottfried: Europäisches Hoff-Ceremoniel. Leipzig, 1715, S. 628. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stieve_hoffceremoniel_1715/656>, abgerufen am 25.11.2024.
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