Stieve, Gottfried: Europäisches Hoff-Ceremoniel. Leipzig, 1715.Hoff-Ceremoniel. Exempel des Cardinals de Richelieu, und desCardinals de Lion, als welche beyde den Vorzug über den Printzen von Conty und den Grafen von Soisson erhalten; und meinete, daß er eben dieses, was diese zwey in dem Range genossen, zu praetendiren hätte: sonderlich weil sich die Cardinäle dadurch in Possession gebracht, und er der Mazarin eben so viel Faveur bey dem Könige hätte, als ehemahlen der Cardinal Richelieu: auch die Reputation der Cron Franckreich so gut, als gemeldter sein Vorfahre, biß dato unterstü- tzet hätte; Er fügete noch hinzu, daß diese Art des Ceremoniels, dessen er sich gegen dem Printzen von Conde bedienen wolte, zu gemeldten Prin- tzens Avantage gereichete, weil doch bekandt, daß der Cardinal Richelieu den Printzen von Geblü- te, und andern souverainen Printzen, auch so gar in seinem eigenen Qvartier nicht die Stelle gegeben: er wolte sich gegen dem Printzen von Conde so weit accomodiren, daß er selbigem in seinem eigenen Hause, wenn er von gedachten Printzen würde besuchet werden, die Ober-Hand verstatten wolle. Dafern nun aber offt erwehn- ter Printz mit diesem Traitement, welches ihm der Cardinal zu geben entschlossen, nicht content seyn möchte: so erklärete sich der Cardinal, daß er ihm ein mehrers nicht einräumen könte, dürffte, noch wolte; weil seine Eminentz Recht und Rai- son hätten auf solche Art das Ceremoniel einzu- rich-
Hoff-Ceremoniel. Exempel des Cardinals de Richelieu, und desCardinals de Lion, als welche beyde den Vorzug uͤber den Printzen von Conty und den Grafen von Soiſſon erhalten; und meinete, daß er eben dieſes, was dieſe zwey in dem Range genoſſen, zu prætendiren haͤtte: ſonderlich weil ſich die Cardinaͤle dadurch in Poſſeſſion gebracht, und er der Mazarin eben ſo viel Faveur bey dem Koͤnige haͤtte, als ehemahlen der Cardinal Richelieu: auch die Reputation der Cron Franckreich ſo gut, als gemeldter ſein Vorfahre, biß dato unterſtuͤ- tzet haͤtte; Er fuͤgete noch hinzu, daß dieſe Art des Ceremoniels, deſſen er ſich gegen dem Printzen von Condé bedienen wolte, zu gemeldten Prin- tzens Avantage gereichete, weil doch bekandt, daß der Cardinal Richelieu den Printzen von Gebluͤ- te, und andern ſouverainen Printzen, auch ſo gar in ſeinem eigenen Qvartier nicht die Stelle gegeben: er wolte ſich gegen dem Printzen von Condé ſo weit accomodiren, daß er ſelbigem in ſeinem eigenen Hauſe, wenn er von gedachten Printzen wuͤrde beſuchet werden, die Ober-Hand verſtatten wolle. Dafern nun aber offt erwehn- ter Printz mit dieſem Traitement, welches ihm der Cardinal zu geben entſchloſſen, nicht content ſeyn moͤchte: ſo erklaͤrete ſich der Cardinal, daß er ihm ein mehrers nicht einraͤumen koͤnte, duͤrffte, noch wolte; weil ſeine Eminentz Recht und Rai- ſon haͤtten auf ſolche Art das Ceremoniel einzu- rich-
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Hoff-Ceremoniel.
Exempel des Cardinals de Richelieu, und des
Cardinals de Lion, als welche beyde den Vorzug
uͤber den Printzen von Conty und den Grafen
von Soiſſon erhalten; und meinete, daß er eben
dieſes, was dieſe zwey in dem Range genoſſen,
zu prætendiren haͤtte: ſonderlich weil ſich die
Cardinaͤle dadurch in Poſſeſſion gebracht, und er
der Mazarin eben ſo viel Faveur bey dem Koͤnige
haͤtte, als ehemahlen der Cardinal Richelieu:
auch die Reputation der Cron Franckreich ſo gut,
als gemeldter ſein Vorfahre, biß dato unterſtuͤ-
tzet haͤtte; Er fuͤgete noch hinzu, daß dieſe Art des
Ceremoniels, deſſen er ſich gegen dem Printzen
von Condé bedienen wolte, zu gemeldten Prin-
tzens Avantage gereichete, weil doch bekandt, daß
der Cardinal Richelieu den Printzen von Gebluͤ-
te, und andern ſouverainen Printzen, auch ſo
gar in ſeinem eigenen Qvartier nicht die Stelle
gegeben: er wolte ſich gegen dem Printzen von
Condé ſo weit accomodiren, daß er ſelbigem in
ſeinem eigenen Hauſe, wenn er von gedachten
Printzen wuͤrde beſuchet werden, die Ober-Hand
verſtatten wolle. Dafern nun aber offt erwehn-
ter Printz mit dieſem Traitement, welches ihm
der Cardinal zu geben entſchloſſen, nicht content
ſeyn moͤchte: ſo erklaͤrete ſich der Cardinal, daß er
ihm ein mehrers nicht einraͤumen koͤnte, duͤrffte,
noch wolte; weil ſeine Eminentz Recht und Rai-
ſon haͤtten auf ſolche Art das Ceremoniel einzu-
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