Ministris passiren zu lassen: sondern sie wollen lieber Envoyes ordinairs haben, wie denn der Churfürst zu Trier, als man ihm einen Frantzösi- schen Residenten zusenden wolte, solches depre- cirte, und expres einen Envoye zu haben prae- tendirete.
§. 5.
Die Alten haben dergleichen Leute, weil sie selbige für espions gehalten, in ihren Reichen und Republiquen nicht admittiren wollen, und die Doctores Jur. gent., darunter der vortreffli- che Grotius lib. 2. c. 18. §. 3. n. 2. meinet, daß man selbige mit allem Recht abweisen könte, dessen Worte sind folgende: Optimo autem Jure re- jici possunt, quae nunc in usu sunt, Legationes assiduae, quibus quam non sit opus, docet mos antiqvus cui illae ignoratae.
§. 6.
Jedoch aber lässet sich so simpliciter nicht schliessen, daß weil die Alten solche Leute nicht gebrauchet oder nicht zugelassen, man sie deswegen heut zu Tage auch so gleich verwerffen müsse. Denn daß man bey den Alten Legatos auf kurtze Zeit und ad unum Actum, nicht aber auf immer, wie heut zu Tage Residenten, gesen- det, solches ist damahlen Juris gentium gewesen. Nun aber ist dieses Jus mutabile, und sind die heutigen Potentaten also an das Verfahren der Alten nicht zu binden. Consvetudo enim con- svetudine contraria tollitur, so daß Puffen- dorff in seinem Tractat de statu naturali gar
recht
Europaͤiſches
Miniſtris paſſiren zu laſſen: ſondern ſie wollen lieber Envoyés ordinairs haben, wie denn der Churfuͤrſt zu Trier, als man ihm einen Frantzoͤſi- ſchen Reſidenten zuſenden wolte, ſolches depre- cirte, und expres einen Envoyé zu haben præ- tendirete.
§. 5.
Die Alten haben dergleichen Leute, weil ſie ſelbige fuͤr eſpions gehalten, in ihren Reichen und Republiquen nicht admittiren wollen, und die Doctores Jur. gent., darunter der vortreffli- che Grotius lib. 2. c. 18. §. 3. n. 2. meinet, daß man ſelbige mit allem Recht abweiſen koͤnte, deſſen Worte ſind folgende: Optimo autem Jure re- jicı poſſunt, quæ nunc in uſu ſunt, Legationes aſſiduæ, quibus quam non ſit opus, docet mos antiqvus cui illæ ignoratæ.
§. 6.
Jedoch aber laͤſſet ſich ſo ſimpliciter nicht ſchlieſſen, daß weil die Alten ſolche Leute nicht gebrauchet oder nicht zugelaſſen, man ſie deswegen heut zu Tage auch ſo gleich verwerffen muͤſſe. Denn daß man bey den Alten Legatos auf kurtze Zeit und ad unum Actum, nicht aber auf immer, wie heut zu Tage Reſidenten, geſen- det, ſolches iſt damahlen Juris gentium geweſen. Nun aber iſt dieſes Jus mutabile, und ſind die heutigen Potentaten alſo an das Verfahren der Alten nicht zu binden. Conſvetudo enim con- ſvetudine contraria tollitur, ſo daß Puffen- dorff in ſeinem Tractat de ſtatu naturali gar
recht
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Europaͤiſches
Miniſtris paſſiren zu laſſen: ſondern ſie wollen
lieber Envoyés ordinairs haben, wie denn der
Churfuͤrſt zu Trier, als man ihm einen Frantzoͤſi-
ſchen Reſidenten zuſenden wolte, ſolches depre-
cirte, und expres einen Envoyé zu haben præ-
tendirete.
§. 5. Die Alten haben dergleichen Leute, weil
ſie ſelbige fuͤr eſpions gehalten, in ihren Reichen
und Republiquen nicht admittiren wollen, und
die Doctores Jur. gent., darunter der vortreffli-
che Grotius lib. 2. c. 18. §. 3. n. 2. meinet, daß man
ſelbige mit allem Recht abweiſen koͤnte, deſſen
Worte ſind folgende: Optimo autem Jure re-
jicı poſſunt, quæ nunc in uſu ſunt, Legationes
aſſiduæ, quibus quam non ſit opus, docet mos
antiqvus cui illæ ignoratæ.
§. 6. Jedoch aber laͤſſet ſich ſo ſimpliciter
nicht ſchlieſſen, daß weil die Alten ſolche Leute
nicht gebrauchet oder nicht zugelaſſen, man ſie
deswegen heut zu Tage auch ſo gleich verwerffen
muͤſſe. Denn daß man bey den Alten Legatos
auf kurtze Zeit und ad unum Actum, nicht aber
auf immer, wie heut zu Tage Reſidenten, geſen-
det, ſolches iſt damahlen Juris gentium geweſen.
Nun aber iſt dieſes Jus mutabile, und ſind die
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Stieve, Gottfried: Europäisches Hoff-Ceremoniel. Leipzig, 1715, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stieve_hoffceremoniel_1715/290>, abgerufen am 24.11.2024.
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