anfieng, wollen sich auch den Churfürsten vorge- zogen wissen, und allegiren zu Behauptung des- sen, was sie suchen, folgende Argumenta:
1. Daß eine freye Republic höher zu achten, als ein Churfürst, weil dieser einem Oberen, nem- lich dem Kayser, unterworffen, jene aber hinge- gen gantz souverain wäre,
2. Daß die freye Republiquen alle Jura Regia und Majestatica hätten, und auch exercire- ten. Gleichwie nun die Könige, vermöge der Aur. Bull. c. 6. denen Churfürsten vorgezo- gen wurden, also müssen auch die Republi- quen die Praecedentz für ihnen haben,
3. Daß die Venetianer An. 1630. ein Decret von Ferdinando II. erhalten hätten, durch wel- ches den Churfürsten injungiret worden, daß ihre Gesandten den Venetianischen, so wohl in dem Kayserl. Hofe, als auch Comitiis Im- perii die Praecedentz zugestehen solten.
4. So möchte man nur den Türcken und die aus- ser Europa in den übrigen Welt-Theilen herrschende Potentaten fragen, ob sie nicht mehr von den Venetianern und Holländern, als von den Churfürsten hielten.
5. Besässen die Holländer ausser Europa weit- läufftige und mächtige Königreiche, die Chur- fürsten aber geringe, und noch darzu Lehns- Territoria.
§. 7. Hier
Hoff-Ceremoniel.
anfieng, wollen ſich auch den Churfuͤrſten vorge- zogen wiſſen, und allegiren zu Behauptung deſ- ſen, was ſie ſuchen, folgende Argumenta:
1. Daß eine freye Republic hoͤher zu achten, als ein Churfuͤrſt, weil dieſer einem Oberen, nem- lich dem Kayſer, unterworffen, jene aber hinge- gen gantz ſouverain waͤre,
2. Daß die freye Republiquen alle Jura Regia und Majeſtatica haͤtten, und auch exercire- ten. Gleichwie nun die Koͤnige, vermoͤge der Aur. Bull. c. 6. denen Churfuͤrſten vorgezo- gen wurden, alſo muͤſſen auch die Republi- quen die Præcedentz fuͤr ihnen haben,
3. Daß die Venetianer An. 1630. ein Decret von Ferdinando II. erhalten haͤtten, durch wel- ches den Churfuͤrſten injungiret worden, daß ihre Geſandten den Venetianiſchen, ſo wohl in dem Kayſerl. Hofe, als auch Comitiis Im- perii die Præcedentz zugeſtehen ſolten.
4. So moͤchte man nur den Tuͤrcken und die auſ- ſer Europa in den uͤbrigen Welt-Theilen herrſchende Potentaten fꝛagen, ob ſie nicht mehr von den Venetianern und Hollaͤndern, als von den Churfuͤrſten hielten.
5. Beſaͤſſen die Hollaͤnder auſſer Europa weit- laͤufftige und maͤchtige Koͤnigreiche, die Chur- fuͤrſten aber geringe, und noch darzu Lehns- Territoria.
§. 7. Hier
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0167"n="139"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Hoff-<hirendition="#aq">Ceremoniel.</hi></hi></fw><lb/>
anfieng, wollen ſich auch den Churfuͤrſten vorge-<lb/>
zogen wiſſen, und <hirendition="#aq">allegi</hi>ren zu Behauptung deſ-<lb/>ſen, was ſie ſuchen, folgende <hirendition="#aq">Argumenta:</hi></p><lb/><list><item>1. Daß eine freye <hirendition="#aq">Republic</hi> hoͤher zu achten, als<lb/>
ein Churfuͤrſt, weil dieſer einem Oberen, nem-<lb/>
lich dem Kayſer, unterworffen, jene aber hinge-<lb/>
gen gantz <hirendition="#aq">ſouverain</hi> waͤre,</item><lb/><item>2. Daß die freye <hirendition="#aq">Republiqu</hi>en alle <hirendition="#aq">Jura Regia</hi><lb/>
und <hirendition="#aq">Majeſtatica</hi> haͤtten, und auch <hirendition="#aq">exercire-</hi><lb/>
ten. Gleichwie nun die Koͤnige, vermoͤge der<lb/><hirendition="#aq">Aur. Bull. c.</hi> 6. denen Churfuͤrſten vorgezo-<lb/>
gen wurden, alſo muͤſſen auch die <hirendition="#aq">Republi-<lb/>
qu</hi>en die <hirendition="#aq">Præceden</hi>tz fuͤr ihnen haben,</item><lb/><item>3. Daß die Venetianer <hirendition="#aq">An.</hi> 1630. ein <hirendition="#aq">Decret</hi><lb/>
von <hirendition="#aq">Ferdinando II.</hi> erhalten haͤtten, durch wel-<lb/>
ches den Churfuͤrſten <hirendition="#aq">injungi</hi>ret worden, daß<lb/>
ihre Geſandten den Venetianiſchen, ſo wohl in<lb/>
dem Kayſerl. Hofe, als auch <hirendition="#aq">Comitiis Im-<lb/>
perii</hi> die <hirendition="#aq">Præceden</hi>tz zugeſtehen ſolten.</item><lb/><item>4. So moͤchte man nur den Tuͤrcken und die auſ-<lb/>ſer <hirendition="#aq">Europa</hi> in den uͤbrigen Welt-Theilen<lb/>
herrſchende Potentaten fꝛagen, ob ſie nicht mehr<lb/>
von den Venetianern und Hollaͤndern, als von<lb/>
den Churfuͤrſten hielten.</item><lb/><item>5. Beſaͤſſen die Hollaͤnder auſſer <hirendition="#aq">Europa</hi> weit-<lb/>
laͤufftige und maͤchtige Koͤnigreiche, die Chur-<lb/>
fuͤrſten aber geringe, und noch darzu Lehns-<lb/><hirendition="#aq">Territoria.</hi></item></list></div><lb/><fwplace="bottom"type="catch">§. 7. Hier</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[139/0167]
Hoff-Ceremoniel.
anfieng, wollen ſich auch den Churfuͤrſten vorge-
zogen wiſſen, und allegiren zu Behauptung deſ-
ſen, was ſie ſuchen, folgende Argumenta:
1. Daß eine freye Republic hoͤher zu achten, als
ein Churfuͤrſt, weil dieſer einem Oberen, nem-
lich dem Kayſer, unterworffen, jene aber hinge-
gen gantz ſouverain waͤre,
2. Daß die freye Republiquen alle Jura Regia
und Majeſtatica haͤtten, und auch exercire-
ten. Gleichwie nun die Koͤnige, vermoͤge der
Aur. Bull. c. 6. denen Churfuͤrſten vorgezo-
gen wurden, alſo muͤſſen auch die Republi-
quen die Præcedentz fuͤr ihnen haben,
3. Daß die Venetianer An. 1630. ein Decret
von Ferdinando II. erhalten haͤtten, durch wel-
ches den Churfuͤrſten injungiret worden, daß
ihre Geſandten den Venetianiſchen, ſo wohl in
dem Kayſerl. Hofe, als auch Comitiis Im-
perii die Præcedentz zugeſtehen ſolten.
4. So moͤchte man nur den Tuͤrcken und die auſ-
ſer Europa in den uͤbrigen Welt-Theilen
herrſchende Potentaten fꝛagen, ob ſie nicht mehr
von den Venetianern und Hollaͤndern, als von
den Churfuͤrſten hielten.
5. Beſaͤſſen die Hollaͤnder auſſer Europa weit-
laͤufftige und maͤchtige Koͤnigreiche, die Chur-
fuͤrſten aber geringe, und noch darzu Lehns-
Territoria.
§. 7. Hier
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Stieve, Gottfried: Europäisches Hoff-Ceremoniel. Leipzig, 1715, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stieve_hoffceremoniel_1715/167>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.