denselben, welcher solchen nicht annehmen würde, pro haeretico erkläret, weil man, wenn man ihm diesen weigere, wieder die heilige Schrifft rede, in welcher Lucae cap. 2, v. 1. zu lesen, daß Augustus ein Geboth ausgehen las- sen, daß alle Welt geschätzet würde, woraus ja folge, daß er Herr der gantzen Welt gewesen seyn müste. Und es mag noch wohl Carolus IV. Röm. Kayser dieser Meynung gewesen seyn, welches aus der Umbschrifft der gulde- nen Bullae zu judiciren, die also lautet: Roma caput mundi regit orbis frena rotundi: welche Meynung des Bartholi, Petrus de Andlo lib. 2. de Imper. Rom. c. 8. hefftig ver- theidiget. Auch haben sich nebst und nach ihm Leute gefunden, welche vermöge dieses sublimen Tituls, Kayser Carl dem V. das Recht zuer- kennet, Americam unter seine Gewalt zu brin- gen, denen es aber an Widersprechern, der- gleichen sonderlich Franciscus a Victoria in seinen Relectionibus, und Vasquius Lib. 1. cap. 20. gewesen, nicht gefehlet. Ob man nun aber gleich aus diesem Titul nicht eine der- gleichen Superiorität, daß alle andere Könige dem Käyser unterwürffig oder von ihme de- pendent sind, erzwingen kan, so bleibet doch dieses wahr, daß ein Römisch-Deutscher Kay- ser sich per excellentiam Mundi Domi- num nennen könne, weil in der Welt kein
älte-
Hoff-Ceremoniel.
denſelben, welcher ſolchen nicht annehmen wuͤrde, pro hæretico erklaͤret, weil man, wenn man ihm dieſen weigere, wieder die heilige Schrifft rede, in welcher Lucæ cap. 2, v. 1. zu leſen, daß Auguſtus ein Geboth ausgehen laſ- ſen, daß alle Welt geſchaͤtzet wuͤrde, woraus ja folge, daß er Herr der gantzen Welt geweſen ſeyn muͤſte. Und es mag noch wohl Carolus IV. Roͤm. Kayſer dieſer Meynung geweſen ſeyn, welches aus der Umbſchrifft der gulde- nen Bullæ zu judiciren, die alſo lautet: Roma caput mundi regit orbis frena rotundi: welche Meynung des Bartholi, Petrus de Andlo lib. 2. de Imper. Rom. c. 8. hefftig ver- theidiget. Auch haben ſich nebſt und nach ihm Leute gefundẽ, welche vermoͤge dieſes ſublimen Tituls, Kayſer Carl dem V. das Recht zuer- kennet, Americam unter ſeine Gewalt zu brin- gen, denen es aber an Widerſprechern, der- gleichen ſonderlich Franciſcus a Victoria in ſeinen Relectionibus, und Vaſquius Lib. 1. cap. 20. geweſen, nicht gefehlet. Ob man nun aber gleich aus dieſem Titul nicht eine der- gleichen Superioritaͤt, daß alle andere Koͤnige dem Kaͤyſer unterwuͤrffig oder von ihme de- pendent ſind, erzwingen kan, ſo bleibet doch dieſes wahr, daß ein Roͤmiſch-Deutſcher Kay- ſer ſich per excellentiam Mundi Domi- num nennen koͤnne, weil in der Welt kein
aͤlte-
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Hoff-Ceremoniel.
denſelben, welcher ſolchen nicht annehmen
wuͤrde, pro hæretico erklaͤret, weil man, wenn
man ihm dieſen weigere, wieder die heilige
Schrifft rede, in welcher Lucæ cap. 2, v. 1. zu
leſen, daß Auguſtus ein Geboth ausgehen laſ-
ſen, daß alle Welt geſchaͤtzet wuͤrde, woraus ja
folge, daß er Herr der gantzen Welt geweſen
ſeyn muͤſte. Und es mag noch wohl Carolus
IV. Roͤm. Kayſer dieſer Meynung geweſen
ſeyn, welches aus der Umbſchrifft der gulde-
nen Bullæ zu judiciren, die alſo lautet: Roma
caput mundi regit orbis frena rotundi:
welche Meynung des Bartholi, Petrus de
Andlo lib. 2. de Imper. Rom. c. 8. hefftig ver-
theidiget. Auch haben ſich nebſt und nach ihm
Leute gefundẽ, welche vermoͤge dieſes ſublimen
Tituls, Kayſer Carl dem V. das Recht zuer-
kennet, Americam unter ſeine Gewalt zu brin-
gen, denen es aber an Widerſprechern, der-
gleichen ſonderlich Franciſcus a Victoria in
ſeinen Relectionibus, und Vaſquius Lib. 1.
cap. 20. geweſen, nicht gefehlet. Ob man
nun aber gleich aus dieſem Titul nicht eine der-
gleichen Superioritaͤt, daß alle andere Koͤnige
dem Kaͤyſer unterwuͤrffig oder von ihme de-
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Stieve, Gottfried: Europäisches Hoff-Ceremoniel. Leipzig, 1715, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stieve_hoffceremoniel_1715/103>, abgerufen am 16.02.2025.
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