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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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kampffertiger Nebenbuhler, mit dem er ringen muß. Wenn der Gerufene unterliegt, so ist's in diesem Hause für ihn vorbei mit aller Stubet. Die eigentlichen Stubettage sind Donnerstag und Sonntag; nur wenn's ernstlich wird, nimmt man auch den Samstag dazu.

Nicht so ganz unschuldig mögen die Stubeten vor hundert Jahren gewesen seyn; wenigstens wurde das Verhältniß dem Reisenden J. G. Keysler, der damals eine Umfahrt durch Deutschland hielt, um vieles bedenklicher dargestellt. Nach seiner Angabe hätten dazumal die jungen Bauernsöhne so lange Stubet gehalten, bis ihre Liebe eines Kindleins genesen, worauf sie freilich bei schwerer Strafe verbunden gewesen die junge Mutter zu heirathen. Diese Art Galanterie, will der Reisende wissen, heiße man "fugen," *) und die Wälder setzten einen solchen Werth darauf, daß ein Aufruhr ausgebrochen, als die Obrigkeit etliche Jahre vorher diese Freinächte abstellen wollen. In einer Versammlung, welche die Bauern der Angelegenheit wegen gehalten, sey selbst ein hochbetagter Greis aufgestanden um gegen alle Nachgiebigkeit zu sprechen und mit kurzen, aber kräftigen Worten zum Besten der Söhne und Enkel auf Erhaltung der ehrwürdigen Sitte zu dringen, die er, sein Vater und sein Großvater geübt.

Die Hochzeitsgebräuche waren ehedem viel reicher an Eigenthümlichkeiten als jetzt. Etwas davon hat sich nach und nach von selbst verloren, anderes ist durch geistliche und weltliche Obrigkeit abgeschafft worden. Zur Zeit hat es damit etwa folgende Bewandtniß: die Brautleute sind bei der ersten und zweiten Verkündung in der Kirche nicht zugegen, sondern gehen - ehemals ritten sie zu zwei auf einem Pferde - in der Nachbarschaft herum, die Einladungen zu machen und "an die Wicke (den Spinnrocken) zu betteln," d. h. Heirathsgeschenke einzuholen. Sie erhalten solche indessen nur von

*) Fugen ist nach Schmeller das schwäbische Wort für Stubet gehen, was im Fichtelgebirg schnurren, in Kärnthen brenteln, in den Vogesen schwammen heißt.

kampffertiger Nebenbuhler, mit dem er ringen muß. Wenn der Gerufene unterliegt, so ist’s in diesem Hause für ihn vorbei mit aller Stubet. Die eigentlichen Stubettage sind Donnerstag und Sonntag; nur wenn’s ernstlich wird, nimmt man auch den Samstag dazu.

Nicht so ganz unschuldig mögen die Stubeten vor hundert Jahren gewesen seyn; wenigstens wurde das Verhältniß dem Reisenden J. G. Keysler, der damals eine Umfahrt durch Deutschland hielt, um vieles bedenklicher dargestellt. Nach seiner Angabe hätten dazumal die jungen Bauernsöhne so lange Stubet gehalten, bis ihre Liebe eines Kindleins genesen, worauf sie freilich bei schwerer Strafe verbunden gewesen die junge Mutter zu heirathen. Diese Art Galanterie, will der Reisende wissen, heiße man „fugen," *) und die Wälder setzten einen solchen Werth darauf, daß ein Aufruhr ausgebrochen, als die Obrigkeit etliche Jahre vorher diese Freinächte abstellen wollen. In einer Versammlung, welche die Bauern der Angelegenheit wegen gehalten, sey selbst ein hochbetagter Greis aufgestanden um gegen alle Nachgiebigkeit zu sprechen und mit kurzen, aber kräftigen Worten zum Besten der Söhne und Enkel auf Erhaltung der ehrwürdigen Sitte zu dringen, die er, sein Vater und sein Großvater geübt.

Die Hochzeitsgebräuche waren ehedem viel reicher an Eigenthümlichkeiten als jetzt. Etwas davon hat sich nach und nach von selbst verloren, anderes ist durch geistliche und weltliche Obrigkeit abgeschafft worden. Zur Zeit hat es damit etwa folgende Bewandtniß: die Brautleute sind bei der ersten und zweiten Verkündung in der Kirche nicht zugegen, sondern gehen – ehemals ritten sie zu zwei auf einem Pferde – in der Nachbarschaft herum, die Einladungen zu machen und „an die Wicke (den Spinnrocken) zu betteln," d. h. Heirathsgeschenke einzuholen. Sie erhalten solche indessen nur von

*) Fugen ist nach Schmeller das schwäbische Wort für Stubet gehen, was im Fichtelgebirg schnurren, in Kärnthen brenteln, in den Vogesen schwammen heißt.
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[60/0065] kampffertiger Nebenbuhler, mit dem er ringen muß. Wenn der Gerufene unterliegt, so ist’s in diesem Hause für ihn vorbei mit aller Stubet. Die eigentlichen Stubettage sind Donnerstag und Sonntag; nur wenn’s ernstlich wird, nimmt man auch den Samstag dazu. Nicht so ganz unschuldig mögen die Stubeten vor hundert Jahren gewesen seyn; wenigstens wurde das Verhältniß dem Reisenden J. G. Keysler, der damals eine Umfahrt durch Deutschland hielt, um vieles bedenklicher dargestellt. Nach seiner Angabe hätten dazumal die jungen Bauernsöhne so lange Stubet gehalten, bis ihre Liebe eines Kindleins genesen, worauf sie freilich bei schwerer Strafe verbunden gewesen die junge Mutter zu heirathen. Diese Art Galanterie, will der Reisende wissen, heiße man „fugen," *) und die Wälder setzten einen solchen Werth darauf, daß ein Aufruhr ausgebrochen, als die Obrigkeit etliche Jahre vorher diese Freinächte abstellen wollen. In einer Versammlung, welche die Bauern der Angelegenheit wegen gehalten, sey selbst ein hochbetagter Greis aufgestanden um gegen alle Nachgiebigkeit zu sprechen und mit kurzen, aber kräftigen Worten zum Besten der Söhne und Enkel auf Erhaltung der ehrwürdigen Sitte zu dringen, die er, sein Vater und sein Großvater geübt. Die Hochzeitsgebräuche waren ehedem viel reicher an Eigenthümlichkeiten als jetzt. Etwas davon hat sich nach und nach von selbst verloren, anderes ist durch geistliche und weltliche Obrigkeit abgeschafft worden. Zur Zeit hat es damit etwa folgende Bewandtniß: die Brautleute sind bei der ersten und zweiten Verkündung in der Kirche nicht zugegen, sondern gehen – ehemals ritten sie zu zwei auf einem Pferde – in der Nachbarschaft herum, die Einladungen zu machen und „an die Wicke (den Spinnrocken) zu betteln," d. h. Heirathsgeschenke einzuholen. Sie erhalten solche indessen nur von *) Fugen ist nach Schmeller das schwäbische Wort für Stubet gehen, was im Fichtelgebirg schnurren, in Kärnthen brenteln, in den Vogesen schwammen heißt.

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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/65>, abgerufen am 27.11.2024.