Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.vorlängst wieder an den heimischen Herd zurückgekehrt sind. Diese mögen sofort ihre Committenten von dem Inhalte unterrichten, wenn er überhaupt der Art ist, daß er sie ansprechen kann, oder daß sie etwas davon verstehen. So war der Congreß zwanzig Jahre lang dagesessen fast "ohne Schmerz und Klage," bis ihn im Jahr 1836 eine Bitte an den Landesfürsten dem Publicum wieder näher brachte, nämlich die Bitte um Vertreibung der Zillerthaler. Wir haben schon früher erzählt, daß sich in den innern, weltentlegenen Dörfern des Zillerthales in den letzten Decennien über hundert Familien religiösen Bedenken hingegeben hatten, aus denen sie so allmählich ein einsweiliges, baüerlich construirtes, kunstloses Dogma herausarbeiteten, das zwar, wie sich später erwies, mit keiner der bis jetzt vorhandenen christlichen Confessionen, Secten und Häresien genau zusammen stimmte, das sie aber nach festem Vorsatze durch Aufnahme lutherischer Geistlichen an etwas Bestehendes anknüpfen wollten. Nach Maßgabe des sechzehnten Artikels der Bundesacte dürfte, wie man allgemein dafür hielt, einem solchen Vorhaben in einem deutschen Bundesstaat nichts entgegen gesetzt werden, doch entsprach der Ausgang keineswegs dieser Erwartung. In dieser Sache war besonders thätig der Freiherr Joseph von Giovanelli zu Bozen, einer der Verordneten des Herren- und Ritterstandes, und ihm vor allen hatten die unglücklichen "Inclinanten" ihre Deportation zu danken. Dieser Edelmann hat seit der Wiedervereinigung mit dem angestammten Herrscherhause so großen Einfluß auf die Angelegenheiten seines Vaterlandes geübt, daß es nöthig ist, ihn hier näher zu besprechen.*) Wir sehen den Herrn von Giovanelli, damals der Junge genannt, weil sein angesehener Vater zu Bozen noch lebte, am 14 April 1809 mit dem Freiherrn von Hormayer Abends um sieben Uhr unter Trompeten- und Paukenschall und unter dem *) Seitdem dieß geschrieben, ist der Freiherr gestorben, am 14 September 1845.
vorlängst wieder an den heimischen Herd zurückgekehrt sind. Diese mögen sofort ihre Committenten von dem Inhalte unterrichten, wenn er überhaupt der Art ist, daß er sie ansprechen kann, oder daß sie etwas davon verstehen. So war der Congreß zwanzig Jahre lang dagesessen fast „ohne Schmerz und Klage,“ bis ihn im Jahr 1836 eine Bitte an den Landesfürsten dem Publicum wieder näher brachte, nämlich die Bitte um Vertreibung der Zillerthaler. Wir haben schon früher erzählt, daß sich in den innern, weltentlegenen Dörfern des Zillerthales in den letzten Decennien über hundert Familien religiösen Bedenken hingegeben hatten, aus denen sie so allmählich ein einsweiliges, baüerlich construirtes, kunstloses Dogma herausarbeiteten, das zwar, wie sich später erwies, mit keiner der bis jetzt vorhandenen christlichen Confessionen, Secten und Häresien genau zusammen stimmte, das sie aber nach festem Vorsatze durch Aufnahme lutherischer Geistlichen an etwas Bestehendes anknüpfen wollten. Nach Maßgabe des sechzehnten Artikels der Bundesacte dürfte, wie man allgemein dafür hielt, einem solchen Vorhaben in einem deutschen Bundesstaat nichts entgegen gesetzt werden, doch entsprach der Ausgang keineswegs dieser Erwartung. In dieser Sache war besonders thätig der Freiherr Joseph von Giovanelli zu Bozen, einer der Verordneten des Herren- und Ritterstandes, und ihm vor allen hatten die unglücklichen „Inclinanten“ ihre Deportation zu danken. Dieser Edelmann hat seit der Wiedervereinigung mit dem angestammten Herrscherhause so großen Einfluß auf die Angelegenheiten seines Vaterlandes geübt, daß es nöthig ist, ihn hier näher zu besprechen.*) Wir sehen den Herrn von Giovanelli, damals der Junge genannt, weil sein angesehener Vater zu Bozen noch lebte, am 14 April 1809 mit dem Freiherrn von Hormayer Abends um sieben Uhr unter Trompeten- und Paukenschall und unter dem *) Seitdem dieß geschrieben, ist der Freiherr gestorben, am 14 September 1845.
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vorlängst wieder an den heimischen Herd zurückgekehrt sind. Diese mögen sofort ihre Committenten von dem Inhalte unterrichten, wenn er überhaupt der Art ist, daß er sie ansprechen kann, oder daß sie etwas davon verstehen.
So war der Congreß zwanzig Jahre lang dagesessen fast „ohne Schmerz und Klage,“ bis ihn im Jahr 1836 eine Bitte an den Landesfürsten dem Publicum wieder näher brachte, nämlich die Bitte um Vertreibung der Zillerthaler. Wir haben schon früher erzählt, daß sich in den innern, weltentlegenen Dörfern des Zillerthales in den letzten Decennien über hundert Familien religiösen Bedenken hingegeben hatten, aus denen sie so allmählich ein einsweiliges, baüerlich construirtes, kunstloses Dogma herausarbeiteten, das zwar, wie sich später erwies, mit keiner der bis jetzt vorhandenen christlichen Confessionen, Secten und Häresien genau zusammen stimmte, das sie aber nach festem Vorsatze durch Aufnahme lutherischer Geistlichen an etwas Bestehendes anknüpfen wollten. Nach Maßgabe des sechzehnten Artikels der Bundesacte dürfte, wie man allgemein dafür hielt, einem solchen Vorhaben in einem deutschen Bundesstaat nichts entgegen gesetzt werden, doch entsprach der Ausgang keineswegs dieser Erwartung.
In dieser Sache war besonders thätig der Freiherr Joseph von Giovanelli zu Bozen, einer der Verordneten des Herren- und Ritterstandes, und ihm vor allen hatten die unglücklichen „Inclinanten“ ihre Deportation zu danken. Dieser Edelmann hat seit der Wiedervereinigung mit dem angestammten Herrscherhause so großen Einfluß auf die Angelegenheiten seines Vaterlandes geübt, daß es nöthig ist, ihn hier näher zu besprechen. *)
Wir sehen den Herrn von Giovanelli, damals der Junge genannt, weil sein angesehener Vater zu Bozen noch lebte, am 14 April 1809 mit dem Freiherrn von Hormayer Abends um sieben Uhr unter Trompeten- und Paukenschall und unter dem
*) Seitdem dieß geschrieben, ist der Freiherr gestorben, am 14 September 1845.
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Zitationshilfe: | Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 632. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/636>, abgerufen am 27.07.2024. |