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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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Vom Herren- und Ritterstande erschienen bei offenen Landtagen alle Tiroler Landmänner, sofern sie zu ihren Tagen gekommen waren, d. h. die Jahre der Mannbarkeit erreicht hatten. Tiroler Landmann ist aber nicht jeder Adelige, sondern nur derjenige, dessen Geschlecht in die Adelsmatrikel der gefürsteten Grafschaft eingetragen ist, und es kommt dann nicht darauf an, ob er Grundbesitz habe oder nicht. Ehemals erschienen mit dem Herren- und Ritterstand auch besonders begnadigte Bauern, nämlich die Freisassen von Nauders und Goldeck, denen durch uralte Privilegien dieses Ehrenrecht verliehen war; aber die Freisassen von Nauders waren seit dem Landtage von 1633 dergestalt verschollen, daß man sie später nicht mehr zu erfragen wußte, und die Freisassen von Goldeck wurden 1790 nicht mehr unter dem Adel, sondern unter den Gerichten (den Bauern) aufgerufen. Dazumal traten also theils in Person, theils durch Bevollmächtigte nicht weniger als fünfhundertfünfzig Herren und Ritter auf.

Aus der Mitte des Adels wurde der Landeshauptmann erwählt. Das Amt des Landesmarschalls war erblich bei den Herren der Burg Sprechenstein bei Sterzing.

Der Bürgerstand schickte die Deputirten der zwölf immatriculirten alttirolischen Städte Meran, Bozen, Innsbruck, Hall, Sterzingen, Lienz, Glurns, Rattenberg, Kufstein, Kizbühel, Roveredo und Arco.

Der Bauernstand war vertreten durch die Deputirten der alttirolischen immatriculirten Gerichte. Jedes derselben besandte den Landtag mit zwei Bevollmächtigten.

Die Abgabe der Stimmen geschah curienweise, so daß jeder Stand nur eine Gesammtstimme hatte. Uebrigens war der offene Landtag ebensowenig öffentlich als die andern ständischen Versammlungen, die ihn ersetzten. Nur in ältern Zeiten wurden die zwischen den Ständen und dem Landesfürsten gewechselten Schriften gedruckt; dieß unterblieb aber seitdem die letzte Nebenlinie von Tirol ausgestorben war.

Wegen des großen Aufwandes, den diese offenen Landtage verursachten, suchte man sie schon frühzeitig durch einen Ausschuß zu ersetzen: Im Jahre 1519, nach dem Tode Kaiser

Vom Herren- und Ritterstande erschienen bei offenen Landtagen alle Tiroler Landmänner, sofern sie zu ihren Tagen gekommen waren, d. h. die Jahre der Mannbarkeit erreicht hatten. Tiroler Landmann ist aber nicht jeder Adelige, sondern nur derjenige, dessen Geschlecht in die Adelsmatrikel der gefürsteten Grafschaft eingetragen ist, und es kommt dann nicht darauf an, ob er Grundbesitz habe oder nicht. Ehemals erschienen mit dem Herren- und Ritterstand auch besonders begnadigte Bauern, nämlich die Freisassen von Nauders und Goldeck, denen durch uralte Privilegien dieses Ehrenrecht verliehen war; aber die Freisassen von Nauders waren seit dem Landtage von 1633 dergestalt verschollen, daß man sie später nicht mehr zu erfragen wußte, und die Freisassen von Goldeck wurden 1790 nicht mehr unter dem Adel, sondern unter den Gerichten (den Bauern) aufgerufen. Dazumal traten also theils in Person, theils durch Bevollmächtigte nicht weniger als fünfhundertfünfzig Herren und Ritter auf.

Aus der Mitte des Adels wurde der Landeshauptmann erwählt. Das Amt des Landesmarschalls war erblich bei den Herren der Burg Sprechenstein bei Sterzing.

Der Bürgerstand schickte die Deputirten der zwölf immatriculirten alttirolischen Städte Meran, Bozen, Innsbruck, Hall, Sterzingen, Lienz, Glurns, Rattenberg, Kufstein, Kizbühel, Roveredo und Arco.

Der Bauernstand war vertreten durch die Deputirten der alttirolischen immatriculirten Gerichte. Jedes derselben besandte den Landtag mit zwei Bevollmächtigten.

Die Abgabe der Stimmen geschah curienweise, so daß jeder Stand nur eine Gesammtstimme hatte. Uebrigens war der offene Landtag ebensowenig öffentlich als die andern ständischen Versammlungen, die ihn ersetzten. Nur in ältern Zeiten wurden die zwischen den Ständen und dem Landesfürsten gewechselten Schriften gedruckt; dieß unterblieb aber seitdem die letzte Nebenlinie von Tirol ausgestorben war.

Wegen des großen Aufwandes, den diese offenen Landtage verursachten, suchte man sie schon frühzeitig durch einen Ausschuß zu ersetzen: Im Jahre 1519, nach dem Tode Kaiser

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[615/0619] Vom Herren- und Ritterstande erschienen bei offenen Landtagen alle Tiroler Landmänner, sofern sie zu ihren Tagen gekommen waren, d. h. die Jahre der Mannbarkeit erreicht hatten. Tiroler Landmann ist aber nicht jeder Adelige, sondern nur derjenige, dessen Geschlecht in die Adelsmatrikel der gefürsteten Grafschaft eingetragen ist, und es kommt dann nicht darauf an, ob er Grundbesitz habe oder nicht. Ehemals erschienen mit dem Herren- und Ritterstand auch besonders begnadigte Bauern, nämlich die Freisassen von Nauders und Goldeck, denen durch uralte Privilegien dieses Ehrenrecht verliehen war; aber die Freisassen von Nauders waren seit dem Landtage von 1633 dergestalt verschollen, daß man sie später nicht mehr zu erfragen wußte, und die Freisassen von Goldeck wurden 1790 nicht mehr unter dem Adel, sondern unter den Gerichten (den Bauern) aufgerufen. Dazumal traten also theils in Person, theils durch Bevollmächtigte nicht weniger als fünfhundertfünfzig Herren und Ritter auf. Aus der Mitte des Adels wurde der Landeshauptmann erwählt. Das Amt des Landesmarschalls war erblich bei den Herren der Burg Sprechenstein bei Sterzing. Der Bürgerstand schickte die Deputirten der zwölf immatriculirten alttirolischen Städte Meran, Bozen, Innsbruck, Hall, Sterzingen, Lienz, Glurns, Rattenberg, Kufstein, Kizbühel, Roveredo und Arco. Der Bauernstand war vertreten durch die Deputirten der alttirolischen immatriculirten Gerichte. Jedes derselben besandte den Landtag mit zwei Bevollmächtigten. Die Abgabe der Stimmen geschah curienweise, so daß jeder Stand nur eine Gesammtstimme hatte. Uebrigens war der offene Landtag ebensowenig öffentlich als die andern ständischen Versammlungen, die ihn ersetzten. Nur in ältern Zeiten wurden die zwischen den Ständen und dem Landesfürsten gewechselten Schriften gedruckt; dieß unterblieb aber seitdem die letzte Nebenlinie von Tirol ausgestorben war. Wegen des großen Aufwandes, den diese offenen Landtage verursachten, suchte man sie schon frühzeitig durch einen Ausschuß zu ersetzen: Im Jahre 1519, nach dem Tode Kaiser

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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 615. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/619>, abgerufen am 23.11.2024.