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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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Edelmann. Ueberdieß war er reich an Vesten und Besitzthümern, die aber in den Händeln, welche Herzog Friedrich und der Tiroler Adel mit einander auszumachen hatten, zum größten Theil verloren gingen. Diese Einbuße konnten weder er noch seine Nachkommen wieder hereinbringen.

Das Brunecker Schloß, mit gelblichen Mauern, rothen Dächern und ragendem Thurme sitzt wie ein zierliches Krönlein auf dem Hügel, der gleich hinter der Stadt ersteht. Der Gang hinauf ist ein angenehmer Lustpfad und oben überrascht eine prachtvolle Aussicht auf eine Gegend, die zu den schönsten des Landes zählt. Wenn man den Schloßthurm besteigt, so kann man unterwegs in der Wohnung des Gerichtsdieners das lebensgroße Oelbild einer Bauersfrau betrachten, die zu ihrer Zeit im Pusterthale einen großen Namen hatte. Es ist ein rüstiges, tiefgebräuntes, kerlhaftes Weibsbild mit der Büchse auf der Schulter und dem Bandelier, an welchem die Pulverfläschchen hängen von der Achsel zur Hüfte, also eine Kriegerin. Nach Aussage der Umstehenden soll dieselbe in den neunziger Jahren mit dem Tauferer Landsturm gegen die Franzosen ausgezogen seyn. Zuerst von den Auszügern zurückgewiesen, sey sie endlich als Waffenbruder nur aufgenommen worden, nachdem sie den stärksten Mann der Fahne niedergerungen. Kleidung, Bewaffnung und Malerei sind indessen ein gutes Jahrhundert alt und lassen wenigstens die Zeitangabe als Anachronismus erscheinen. Es ist daher wahrscheinlicher, daß die wilde Männin ihren Kriegszug im "bayerischen Rummel" (1703) unternommen hat. Wie dem auch sey, ihr Bildniß scheint dafür zu bürgen, daß sie einmal lebte, und so ist ihr Gedächtniß wohl fester gesichert, als das ihrer jüngern Landsmännin, des heldenmüthigen Mädchens von Spinges über Mühlbach, das im Jahre 1797, als die Franzosen dieses Bergdorf stürmten, mitten unter den kämpfenden Landleuten auf der Kirchhofmauer gestanden und mit einer Heugabel Wunder der Tapferkeit verübt haben soll. So ist wenigstens lange Zeit hindurch erzählt und geschrieben worden, jetzt aber, da gar keine Nachforschungen herausbrachten, wer das Mädchen gewesen, wie sie geheißen, wo sie her, wo sie hin gekommen,

Edelmann. Ueberdieß war er reich an Vesten und Besitzthümern, die aber in den Händeln, welche Herzog Friedrich und der Tiroler Adel mit einander auszumachen hatten, zum größten Theil verloren gingen. Diese Einbuße konnten weder er noch seine Nachkommen wieder hereinbringen.

Das Brunecker Schloß, mit gelblichen Mauern, rothen Dächern und ragendem Thurme sitzt wie ein zierliches Krönlein auf dem Hügel, der gleich hinter der Stadt ersteht. Der Gang hinauf ist ein angenehmer Lustpfad und oben überrascht eine prachtvolle Aussicht auf eine Gegend, die zu den schönsten des Landes zählt. Wenn man den Schloßthurm besteigt, so kann man unterwegs in der Wohnung des Gerichtsdieners das lebensgroße Oelbild einer Bauersfrau betrachten, die zu ihrer Zeit im Pusterthale einen großen Namen hatte. Es ist ein rüstiges, tiefgebräuntes, kerlhaftes Weibsbild mit der Büchse auf der Schulter und dem Bandelier, an welchem die Pulverfläschchen hängen von der Achsel zur Hüfte, also eine Kriegerin. Nach Aussage der Umstehenden soll dieselbe in den neunziger Jahren mit dem Tauferer Landsturm gegen die Franzosen ausgezogen seyn. Zuerst von den Auszügern zurückgewiesen, sey sie endlich als Waffenbruder nur aufgenommen worden, nachdem sie den stärksten Mann der Fahne niedergerungen. Kleidung, Bewaffnung und Malerei sind indessen ein gutes Jahrhundert alt und lassen wenigstens die Zeitangabe als Anachronismus erscheinen. Es ist daher wahrscheinlicher, daß die wilde Männin ihren Kriegszug im „bayerischen Rummel" (1703) unternommen hat. Wie dem auch sey, ihr Bildniß scheint dafür zu bürgen, daß sie einmal lebte, und so ist ihr Gedächtniß wohl fester gesichert, als das ihrer jüngern Landsmännin, des heldenmüthigen Mädchens von Spinges über Mühlbach, das im Jahre 1797, als die Franzosen dieses Bergdorf stürmten, mitten unter den kämpfenden Landleuten auf der Kirchhofmauer gestanden und mit einer Heugabel Wunder der Tapferkeit verübt haben soll. So ist wenigstens lange Zeit hindurch erzählt und geschrieben worden, jetzt aber, da gar keine Nachforschungen herausbrachten, wer das Mädchen gewesen, wie sie geheißen, wo sie her, wo sie hin gekommen,

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[602/0606] Edelmann. Ueberdieß war er reich an Vesten und Besitzthümern, die aber in den Händeln, welche Herzog Friedrich und der Tiroler Adel mit einander auszumachen hatten, zum größten Theil verloren gingen. Diese Einbuße konnten weder er noch seine Nachkommen wieder hereinbringen. Das Brunecker Schloß, mit gelblichen Mauern, rothen Dächern und ragendem Thurme sitzt wie ein zierliches Krönlein auf dem Hügel, der gleich hinter der Stadt ersteht. Der Gang hinauf ist ein angenehmer Lustpfad und oben überrascht eine prachtvolle Aussicht auf eine Gegend, die zu den schönsten des Landes zählt. Wenn man den Schloßthurm besteigt, so kann man unterwegs in der Wohnung des Gerichtsdieners das lebensgroße Oelbild einer Bauersfrau betrachten, die zu ihrer Zeit im Pusterthale einen großen Namen hatte. Es ist ein rüstiges, tiefgebräuntes, kerlhaftes Weibsbild mit der Büchse auf der Schulter und dem Bandelier, an welchem die Pulverfläschchen hängen von der Achsel zur Hüfte, also eine Kriegerin. Nach Aussage der Umstehenden soll dieselbe in den neunziger Jahren mit dem Tauferer Landsturm gegen die Franzosen ausgezogen seyn. Zuerst von den Auszügern zurückgewiesen, sey sie endlich als Waffenbruder nur aufgenommen worden, nachdem sie den stärksten Mann der Fahne niedergerungen. Kleidung, Bewaffnung und Malerei sind indessen ein gutes Jahrhundert alt und lassen wenigstens die Zeitangabe als Anachronismus erscheinen. Es ist daher wahrscheinlicher, daß die wilde Männin ihren Kriegszug im „bayerischen Rummel" (1703) unternommen hat. Wie dem auch sey, ihr Bildniß scheint dafür zu bürgen, daß sie einmal lebte, und so ist ihr Gedächtniß wohl fester gesichert, als das ihrer jüngern Landsmännin, des heldenmüthigen Mädchens von Spinges über Mühlbach, das im Jahre 1797, als die Franzosen dieses Bergdorf stürmten, mitten unter den kämpfenden Landleuten auf der Kirchhofmauer gestanden und mit einer Heugabel Wunder der Tapferkeit verübt haben soll. So ist wenigstens lange Zeit hindurch erzählt und geschrieben worden, jetzt aber, da gar keine Nachforschungen herausbrachten, wer das Mädchen gewesen, wie sie geheißen, wo sie her, wo sie hin gekommen,

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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 602. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/606>, abgerufen am 23.11.2024.