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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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Steuerpostulat zu erheben. Das lange Bestehen dieser Eigenthümlichkeiten erklärt sich wohl zum guten Theile aus der abgeschiedenen Lage dieses Alpenlandes, und der ehrliche ordnungsliebende Waizenegger bemerkt in seiner Art ganz verständig: "In diesem entlegenen Herrschaftstheile soll ehemals das bunteste Treiben an der Tagesordnung gewesen seyn; nur eine Amtspflicht konnte den Herrschaftsvogt veranlassen sich in diese unwirthlichen Gegenden zu begeben. Man überließ das Meiste der kräftigen Natur dieses Bergvolkes, und dadurch gestaltete sich eine Bauernregierung, wie sie kaum irgendwo anzutreffen war." Hier einige bruchstückliche Mittheilungen darüber nach einer bald zu nennenden schriftlichen Quelle und nach mündlichen Angaben alter Männer des Waldes.

An der Spitze des Regiments stand der Landammann, der zugleich Abgeordneter zu den vorarlbergischen Landtagen war. Sein Gehalt bestand ehedem in 60 fl. und in der Hälfte der Strafgelder. Ein Landschreiber der zu Bezau seinen Sitz hatte und eine studirte Person seyn mußte, 30 Pfund Pfennige und die Gerichtssporteln bezog, war ihm beigegeben und besorgte Schreibereien und Archive. Der Landammann wurde in frühern Zeiten auf sieben, in spätern auf vier Jahre von "allen inländischen hausseßhaften Unterthanen" und zwar in folgender Weise gewählt: Nachdem die vier Viertel bei Ablauf einer Amtszeit unter den neuen Bewerbern vier ehrliche Männer ausgelesen, "vorgeschossen" hatten, so kam das Volk am Wahltage auf den Auen bei Andelsbuch zusammen. Dabei fand sich auch der Vogt von Feldkirch ein mit einer Sicherheitswache zum Schutz der Ordnung. Es war Herkommen, daß der Vogt im Namen des Landesherrn die Ehrung der alten Freiheiten angelobte, denn so dieß nicht geschehen wäre, hätte der neugewählte Landammann den Eid nicht in seine Hände abgelegt. Sofort wurde nun "ans Mehr" gegangen; es stellten sich die Vorgeschossenen, jeder entfernt von dem andern unter einen Baum, und auf ein gegebenes Zeichen rannten alle Wahlmänner auf den Baum zu, unter dessen Schatten sich der, dem sie ihre Stimme geben wollten, zurückgezogen hatte. Nach diesem wurden bei jedem Baum die Köpfe gezählt und nach der

Steuerpostulat zu erheben. Das lange Bestehen dieser Eigenthümlichkeiten erklärt sich wohl zum guten Theile aus der abgeschiedenen Lage dieses Alpenlandes, und der ehrliche ordnungsliebende Waizenegger bemerkt in seiner Art ganz verständig: „In diesem entlegenen Herrschaftstheile soll ehemals das bunteste Treiben an der Tagesordnung gewesen seyn; nur eine Amtspflicht konnte den Herrschaftsvogt veranlassen sich in diese unwirthlichen Gegenden zu begeben. Man überließ das Meiste der kräftigen Natur dieses Bergvolkes, und dadurch gestaltete sich eine Bauernregierung, wie sie kaum irgendwo anzutreffen war." Hier einige bruchstückliche Mittheilungen darüber nach einer bald zu nennenden schriftlichen Quelle und nach mündlichen Angaben alter Männer des Waldes.

An der Spitze des Regiments stand der Landammann, der zugleich Abgeordneter zu den vorarlbergischen Landtagen war. Sein Gehalt bestand ehedem in 60 fl. und in der Hälfte der Strafgelder. Ein Landschreiber der zu Bezau seinen Sitz hatte und eine studirte Person seyn mußte, 30 Pfund Pfennige und die Gerichtssporteln bezog, war ihm beigegeben und besorgte Schreibereien und Archive. Der Landammann wurde in frühern Zeiten auf sieben, in spätern auf vier Jahre von „allen inländischen hausseßhaften Unterthanen" und zwar in folgender Weise gewählt: Nachdem die vier Viertel bei Ablauf einer Amtszeit unter den neuen Bewerbern vier ehrliche Männer ausgelesen, „vorgeschossen" hatten, so kam das Volk am Wahltage auf den Auen bei Andelsbuch zusammen. Dabei fand sich auch der Vogt von Feldkirch ein mit einer Sicherheitswache zum Schutz der Ordnung. Es war Herkommen, daß der Vogt im Namen des Landesherrn die Ehrung der alten Freiheiten angelobte, denn so dieß nicht geschehen wäre, hätte der neugewählte Landammann den Eid nicht in seine Hände abgelegt. Sofort wurde nun „ans Mehr" gegangen; es stellten sich die Vorgeschossenen, jeder entfernt von dem andern unter einen Baum, und auf ein gegebenes Zeichen rannten alle Wahlmänner auf den Baum zu, unter dessen Schatten sich der, dem sie ihre Stimme geben wollten, zurückgezogen hatte. Nach diesem wurden bei jedem Baum die Köpfe gezählt und nach der

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[53/0058] Steuerpostulat zu erheben. Das lange Bestehen dieser Eigenthümlichkeiten erklärt sich wohl zum guten Theile aus der abgeschiedenen Lage dieses Alpenlandes, und der ehrliche ordnungsliebende Waizenegger bemerkt in seiner Art ganz verständig: „In diesem entlegenen Herrschaftstheile soll ehemals das bunteste Treiben an der Tagesordnung gewesen seyn; nur eine Amtspflicht konnte den Herrschaftsvogt veranlassen sich in diese unwirthlichen Gegenden zu begeben. Man überließ das Meiste der kräftigen Natur dieses Bergvolkes, und dadurch gestaltete sich eine Bauernregierung, wie sie kaum irgendwo anzutreffen war." Hier einige bruchstückliche Mittheilungen darüber nach einer bald zu nennenden schriftlichen Quelle und nach mündlichen Angaben alter Männer des Waldes. An der Spitze des Regiments stand der Landammann, der zugleich Abgeordneter zu den vorarlbergischen Landtagen war. Sein Gehalt bestand ehedem in 60 fl. und in der Hälfte der Strafgelder. Ein Landschreiber der zu Bezau seinen Sitz hatte und eine studirte Person seyn mußte, 30 Pfund Pfennige und die Gerichtssporteln bezog, war ihm beigegeben und besorgte Schreibereien und Archive. Der Landammann wurde in frühern Zeiten auf sieben, in spätern auf vier Jahre von „allen inländischen hausseßhaften Unterthanen" und zwar in folgender Weise gewählt: Nachdem die vier Viertel bei Ablauf einer Amtszeit unter den neuen Bewerbern vier ehrliche Männer ausgelesen, „vorgeschossen" hatten, so kam das Volk am Wahltage auf den Auen bei Andelsbuch zusammen. Dabei fand sich auch der Vogt von Feldkirch ein mit einer Sicherheitswache zum Schutz der Ordnung. Es war Herkommen, daß der Vogt im Namen des Landesherrn die Ehrung der alten Freiheiten angelobte, denn so dieß nicht geschehen wäre, hätte der neugewählte Landammann den Eid nicht in seine Hände abgelegt. Sofort wurde nun „ans Mehr" gegangen; es stellten sich die Vorgeschossenen, jeder entfernt von dem andern unter einen Baum, und auf ein gegebenes Zeichen rannten alle Wahlmänner auf den Baum zu, unter dessen Schatten sich der, dem sie ihre Stimme geben wollten, zurückgezogen hatte. Nach diesem wurden bei jedem Baum die Köpfe gezählt und nach der

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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/58>, abgerufen am 23.11.2024.