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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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Dieser melancholische Seufzer eines liebegequälten Herzens scheint indessen zuerst von der andern Seite des Rheines herüber geflötet worden zu seyn.

Der Bregenzerwald wurde nach allgemeiner Annahme viel später urbar, als seine südlichen Nachbarthäler. Ammianus Marcellinus spricht von dem Schauer düstrer Wälder, die die Ufer des Bodensees an dieser Seite unwirthlich machten. Daraus darf man wohl abnehmen, daß auch dieses Thal dazumal eine Wildniß gewesen. Weder Rhätier noch Romanen haben hier je gehaust; der Wald liegt jenseits der alten Sprachgränze, von der wir Eingangs gesprochen, und daher finden sich in ihm auch nur deutsche Ortsnamen. Die Bevölkerung ist also wohl ungemischt alemannisch, und sohin etwa das reinste deutsche Blut in Vorarlberg. Eine Fehde, welche im eilften Jahrhundert Ulrich, der Abt von St. Gallen, mit dem Grafen Marquart von Bregenz hatte, wird von Vielen als die erste Veranlassung betrachtet, welche zum Anbau dieser sichern Gegenden trieb. Damals soll nämlich Stadt und Umgebung von Bregenz auf viele Jahre hin verwüstet und die Einwohner vertrieben worden seyn. Andere führen die Verheerungen an, welche im zehnten Jahrhundert die Ungarn über die Länder am Bodensee brachten. Nemus dictum Bregenczerwalt, der Hain genannt Bregenzerwald, bis dahin Reichsland, wurde von Kaiser Rudolf 1290 dem Grafen Hugo von Montfort um 1000 Mark Silber verpfändet. Später erscheint zumal der Hinterwald als hochgehaltenes Jagdrevier, und von seinem Reichthum an Wild können die Namen der Dörfer zeugen, wie Jaghausen, Schnepfau, Hirschau, Bezau (vom ältern Bez, der Bär), Bizau (nach Bergmann aus Habichtsau entstanden). Rudolf, Graf von Montfort, der letzte Herr zu Feldkirch, verkaufte das Gebiet 1375 an die Herzoge von Oesterreich. Der äußere Wald wurde von diesen in zwei Hälften erworben; die eine 1451, die andere erst 1523.

Höchst merkwürdig sind die Freiheiten, deren sich der innere Bregenzerwald bis in die letzten Decennien des vorigen Jahrhunderts erfreute, zu solchem Maaße, daß dem Landesherrn kaum ein anderes Recht überblieb als jährlich ein bestimmtes

Dieser melancholische Seufzer eines liebegequälten Herzens scheint indessen zuerst von der andern Seite des Rheines herüber geflötet worden zu seyn.

Der Bregenzerwald wurde nach allgemeiner Annahme viel später urbar, als seine südlichen Nachbarthäler. Ammianus Marcellinus spricht von dem Schauer düstrer Wälder, die die Ufer des Bodensees an dieser Seite unwirthlich machten. Daraus darf man wohl abnehmen, daß auch dieses Thal dazumal eine Wildniß gewesen. Weder Rhätier noch Romanen haben hier je gehaust; der Wald liegt jenseits der alten Sprachgränze, von der wir Eingangs gesprochen, und daher finden sich in ihm auch nur deutsche Ortsnamen. Die Bevölkerung ist also wohl ungemischt alemannisch, und sohin etwa das reinste deutsche Blut in Vorarlberg. Eine Fehde, welche im eilften Jahrhundert Ulrich, der Abt von St. Gallen, mit dem Grafen Marquart von Bregenz hatte, wird von Vielen als die erste Veranlassung betrachtet, welche zum Anbau dieser sichern Gegenden trieb. Damals soll nämlich Stadt und Umgebung von Bregenz auf viele Jahre hin verwüstet und die Einwohner vertrieben worden seyn. Andere führen die Verheerungen an, welche im zehnten Jahrhundert die Ungarn über die Länder am Bodensee brachten. Nemus dictum Bregenczerwalt, der Hain genannt Bregenzerwald, bis dahin Reichsland, wurde von Kaiser Rudolf 1290 dem Grafen Hugo von Montfort um 1000 Mark Silber verpfändet. Später erscheint zumal der Hinterwald als hochgehaltenes Jagdrevier, und von seinem Reichthum an Wild können die Namen der Dörfer zeugen, wie Jaghausen, Schnepfau, Hirschau, Bezau (vom ältern Bez, der Bär), Bizau (nach Bergmann aus Habichtsau entstanden). Rudolf, Graf von Montfort, der letzte Herr zu Feldkirch, verkaufte das Gebiet 1375 an die Herzoge von Oesterreich. Der äußere Wald wurde von diesen in zwei Hälften erworben; die eine 1451, die andere erst 1523.

Höchst merkwürdig sind die Freiheiten, deren sich der innere Bregenzerwald bis in die letzten Decennien des vorigen Jahrhunderts erfreute, zu solchem Maaße, daß dem Landesherrn kaum ein anderes Recht überblieb als jährlich ein bestimmtes

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[52/0057] Dieser melancholische Seufzer eines liebegequälten Herzens scheint indessen zuerst von der andern Seite des Rheines herüber geflötet worden zu seyn. Der Bregenzerwald wurde nach allgemeiner Annahme viel später urbar, als seine südlichen Nachbarthäler. Ammianus Marcellinus spricht von dem Schauer düstrer Wälder, die die Ufer des Bodensees an dieser Seite unwirthlich machten. Daraus darf man wohl abnehmen, daß auch dieses Thal dazumal eine Wildniß gewesen. Weder Rhätier noch Romanen haben hier je gehaust; der Wald liegt jenseits der alten Sprachgränze, von der wir Eingangs gesprochen, und daher finden sich in ihm auch nur deutsche Ortsnamen. Die Bevölkerung ist also wohl ungemischt alemannisch, und sohin etwa das reinste deutsche Blut in Vorarlberg. Eine Fehde, welche im eilften Jahrhundert Ulrich, der Abt von St. Gallen, mit dem Grafen Marquart von Bregenz hatte, wird von Vielen als die erste Veranlassung betrachtet, welche zum Anbau dieser sichern Gegenden trieb. Damals soll nämlich Stadt und Umgebung von Bregenz auf viele Jahre hin verwüstet und die Einwohner vertrieben worden seyn. Andere führen die Verheerungen an, welche im zehnten Jahrhundert die Ungarn über die Länder am Bodensee brachten. Nemus dictum Bregenczerwalt, der Hain genannt Bregenzerwald, bis dahin Reichsland, wurde von Kaiser Rudolf 1290 dem Grafen Hugo von Montfort um 1000 Mark Silber verpfändet. Später erscheint zumal der Hinterwald als hochgehaltenes Jagdrevier, und von seinem Reichthum an Wild können die Namen der Dörfer zeugen, wie Jaghausen, Schnepfau, Hirschau, Bezau (vom ältern Bez, der Bär), Bizau (nach Bergmann aus Habichtsau entstanden). Rudolf, Graf von Montfort, der letzte Herr zu Feldkirch, verkaufte das Gebiet 1375 an die Herzoge von Oesterreich. Der äußere Wald wurde von diesen in zwei Hälften erworben; die eine 1451, die andere erst 1523. Höchst merkwürdig sind die Freiheiten, deren sich der innere Bregenzerwald bis in die letzten Decennien des vorigen Jahrhunderts erfreute, zu solchem Maaße, daß dem Landesherrn kaum ein anderes Recht überblieb als jährlich ein bestimmtes

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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/57>, abgerufen am 23.11.2024.