Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.bahnbrechenden Rainern zufiel, sind aber doch auch weit herumgekommen in der Welt. Sie sprechen zwar nicht englisch, aber dänisch und schwedisch. In Scandinavien hat es ihnen vor allen andern Ländern am besten gefallen, in Dänemark und Schweden behaupten sie die menschenfreundlichsten Leute gefunden zu haben; aber in Belgien unter den Wallonen sey ihnen viel Unangenehmes begegnet und sie hätten Manches zu erleiden gehabt von dem Eigennutz und der Geldgier selbigen Volkes. Andern Tages endeten die Festlichkeiten mit einer Heerschau der Zeller Schützen, welche auf dem Platze vor dem Braüwirthshause aufmarschirt waren. Darauf fuhr der Erzherzog mit seinem kleinen Gefolge davon und Zell kehrte wieder zur alltäglichen Ordnung zurück. Ein Spaziergang in den ebenen Fluren dieses Dorfes ist zumal an einem Sonn- oder Feiertage eine angenehme Unterhaltung. Die Einwohner der zerstreuten Höfe sitzen dann auf ihren Sommerbänken vor den Thüren und plaudern - aus dem Stübchen tönt oft Zitherklang - im nächsten Hause wird gesungen, vom Berg herab erschallt das Jauchzen fröhlicher Buben. Da die Zillerthaler gar nicht schüchtern, sondern eher etwas dreist sind, so ist gut mit ihnen reden; man geräth leicht ins Gespräch, das sich in heiterm Scherze fortspinnt und endet. Als ich eines Tages nach einer solchen Wanderung wieder dem Flecken zuging, saß vor einem kleinen Hause ein Mädchen, das mich grüßend ansprach. Während wir redeten, kamen mehrere Buben des Weges, welche sich mit Freundlichkeit meinen Tabakbeutel ausbaten um ihre Pfeifen zu stopfen. Endlich erschien noch ein Mädchen, ein schönes Wesen, und nun meinten die Jungen, wäre etwa ein Gesang zu versuchen. Man unterließ nicht zu fragen, wie viel ich dafür hergeben würde, und so machte ich mich anheischig, eine Halbe Wein zu setzen. Nachdem diese Vorfrage erledigt war, sangen sie also, die beiden Mädchen und ein junger Bergknappe, nicht ohne Kunstfertigkeit. Zuerst stimmten sie das schöne Lied an: Es wohnt ein Müller an jenem Teich - dessen Fortsetzung ich mir aber aus Schamhaftigkeit verbat. Dann fielen bahnbrechenden Rainern zufiel, sind aber doch auch weit herumgekommen in der Welt. Sie sprechen zwar nicht englisch, aber dänisch und schwedisch. In Scandinavien hat es ihnen vor allen andern Ländern am besten gefallen, in Dänemark und Schweden behaupten sie die menschenfreundlichsten Leute gefunden zu haben; aber in Belgien unter den Wallonen sey ihnen viel Unangenehmes begegnet und sie hätten Manches zu erleiden gehabt von dem Eigennutz und der Geldgier selbigen Volkes. Andern Tages endeten die Festlichkeiten mit einer Heerschau der Zeller Schützen, welche auf dem Platze vor dem Braüwirthshause aufmarschirt waren. Darauf fuhr der Erzherzog mit seinem kleinen Gefolge davon und Zell kehrte wieder zur alltäglichen Ordnung zurück. Ein Spaziergang in den ebenen Fluren dieses Dorfes ist zumal an einem Sonn- oder Feiertage eine angenehme Unterhaltung. Die Einwohner der zerstreuten Höfe sitzen dann auf ihren Sommerbänken vor den Thüren und plaudern – aus dem Stübchen tönt oft Zitherklang – im nächsten Hause wird gesungen, vom Berg herab erschallt das Jauchzen fröhlicher Buben. Da die Zillerthaler gar nicht schüchtern, sondern eher etwas dreist sind, so ist gut mit ihnen reden; man geräth leicht ins Gespräch, das sich in heiterm Scherze fortspinnt und endet. Als ich eines Tages nach einer solchen Wanderung wieder dem Flecken zuging, saß vor einem kleinen Hause ein Mädchen, das mich grüßend ansprach. Während wir redeten, kamen mehrere Buben des Weges, welche sich mit Freundlichkeit meinen Tabakbeutel ausbaten um ihre Pfeifen zu stopfen. Endlich erschien noch ein Mädchen, ein schönes Wesen, und nun meinten die Jungen, wäre etwa ein Gesang zu versuchen. Man unterließ nicht zu fragen, wie viel ich dafür hergeben würde, und so machte ich mich anheischig, eine Halbe Wein zu setzen. Nachdem diese Vorfrage erledigt war, sangen sie also, die beiden Mädchen und ein junger Bergknappe, nicht ohne Kunstfertigkeit. Zuerst stimmten sie das schöne Lied an: Es wohnt ein Müller an jenem Teich – dessen Fortsetzung ich mir aber aus Schamhaftigkeit verbat. Dann fielen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0563" n="559"/> bahnbrechenden Rainern zufiel, sind aber doch auch weit herumgekommen in der Welt. Sie sprechen zwar nicht englisch, aber dänisch und schwedisch. In Scandinavien hat es ihnen vor allen andern Ländern am besten gefallen, in Dänemark und Schweden behaupten sie die menschenfreundlichsten Leute gefunden zu haben; aber in Belgien unter den Wallonen sey ihnen viel Unangenehmes begegnet und sie hätten Manches zu erleiden gehabt von dem Eigennutz und der Geldgier selbigen Volkes.</p> <p>Andern Tages endeten die Festlichkeiten mit einer Heerschau der Zeller Schützen, welche auf dem Platze vor dem Braüwirthshause aufmarschirt waren. Darauf fuhr der Erzherzog mit seinem kleinen Gefolge davon und Zell kehrte wieder zur alltäglichen Ordnung zurück.</p> <p>Ein Spaziergang in den ebenen Fluren dieses Dorfes ist zumal an einem Sonn- oder Feiertage eine angenehme Unterhaltung. Die Einwohner der zerstreuten Höfe sitzen dann auf ihren Sommerbänken vor den Thüren und plaudern – aus dem Stübchen tönt oft Zitherklang – im nächsten Hause wird gesungen, vom Berg herab erschallt das Jauchzen fröhlicher Buben. Da die Zillerthaler gar nicht schüchtern, sondern eher etwas dreist sind, so ist gut mit ihnen reden; man geräth leicht ins Gespräch, das sich in heiterm Scherze fortspinnt und endet. Als ich eines Tages nach einer solchen Wanderung wieder dem Flecken zuging, saß vor einem kleinen Hause ein Mädchen, das mich grüßend ansprach. Während wir redeten, kamen mehrere Buben des Weges, welche sich mit Freundlichkeit meinen Tabakbeutel ausbaten um ihre Pfeifen zu stopfen. Endlich erschien noch ein Mädchen, ein schönes Wesen, und nun meinten die Jungen, wäre etwa ein Gesang zu versuchen. Man unterließ nicht zu fragen, wie viel ich dafür hergeben würde, und so machte ich mich anheischig, eine Halbe Wein zu setzen. Nachdem diese Vorfrage erledigt war, sangen sie also, die beiden Mädchen und ein junger Bergknappe, nicht ohne Kunstfertigkeit. Zuerst stimmten sie das schöne Lied an: Es wohnt ein Müller an jenem Teich – dessen Fortsetzung ich mir aber aus Schamhaftigkeit verbat. Dann fielen </p> </div> </body> </text> </TEI> [559/0563]
bahnbrechenden Rainern zufiel, sind aber doch auch weit herumgekommen in der Welt. Sie sprechen zwar nicht englisch, aber dänisch und schwedisch. In Scandinavien hat es ihnen vor allen andern Ländern am besten gefallen, in Dänemark und Schweden behaupten sie die menschenfreundlichsten Leute gefunden zu haben; aber in Belgien unter den Wallonen sey ihnen viel Unangenehmes begegnet und sie hätten Manches zu erleiden gehabt von dem Eigennutz und der Geldgier selbigen Volkes.
Andern Tages endeten die Festlichkeiten mit einer Heerschau der Zeller Schützen, welche auf dem Platze vor dem Braüwirthshause aufmarschirt waren. Darauf fuhr der Erzherzog mit seinem kleinen Gefolge davon und Zell kehrte wieder zur alltäglichen Ordnung zurück.
Ein Spaziergang in den ebenen Fluren dieses Dorfes ist zumal an einem Sonn- oder Feiertage eine angenehme Unterhaltung. Die Einwohner der zerstreuten Höfe sitzen dann auf ihren Sommerbänken vor den Thüren und plaudern – aus dem Stübchen tönt oft Zitherklang – im nächsten Hause wird gesungen, vom Berg herab erschallt das Jauchzen fröhlicher Buben. Da die Zillerthaler gar nicht schüchtern, sondern eher etwas dreist sind, so ist gut mit ihnen reden; man geräth leicht ins Gespräch, das sich in heiterm Scherze fortspinnt und endet. Als ich eines Tages nach einer solchen Wanderung wieder dem Flecken zuging, saß vor einem kleinen Hause ein Mädchen, das mich grüßend ansprach. Während wir redeten, kamen mehrere Buben des Weges, welche sich mit Freundlichkeit meinen Tabakbeutel ausbaten um ihre Pfeifen zu stopfen. Endlich erschien noch ein Mädchen, ein schönes Wesen, und nun meinten die Jungen, wäre etwa ein Gesang zu versuchen. Man unterließ nicht zu fragen, wie viel ich dafür hergeben würde, und so machte ich mich anheischig, eine Halbe Wein zu setzen. Nachdem diese Vorfrage erledigt war, sangen sie also, die beiden Mädchen und ein junger Bergknappe, nicht ohne Kunstfertigkeit. Zuerst stimmten sie das schöne Lied an: Es wohnt ein Müller an jenem Teich – dessen Fortsetzung ich mir aber aus Schamhaftigkeit verbat. Dann fielen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-11-05T13:27:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-11-05T13:27:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-11-05T13:27:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |