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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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Die Lieder waren meist von der Art, wie sie die Rainer und die Leo durch halb Europa gesungen haben. Das Almenlied, das der Schulmeister von Finkenberg gedichtet, mit seiner schönen Weise, erfreute sich wieder der günstigsten Aufnahme, etwa fünf oder sechs Gesänge mochten gesungen seyn, als Maidele erklärte, sie werde nicht mehr fortsingen; man wisse schon, daß sie das Singen nicht leiden könne. Resele redete ihr zu, doch noch ein bischen auszuhalten; sie wollten ein lustiges singen. Die lustigen mag ich schon gar nicht, versetzte Maidele, ein trauriges muß es seyn. Resele, die schwermüthige, sang lieber die lustigen; Maidele, die lustige, hatte ihre Freude an den traurigen.

Als der Gesang zu Ende war, fielen etliche Burschen darauf, den Badertanz vorzuführen. Dieß ist eine mimische Darstellung eines Patienten, dem von einem Bader und seinem Gesellen verschiedene chirurgische Dienste geleistet werden. Zuerst nehmen sie ihm mit einem großen Küchenmesser den Bart ab, dann lassen sie ihm mit einem Beil zur Ader und so fort. Sämmtliche Operationen gehen in rhythmischen Bewegungen vor sich und richten sich im Tacte nach den Schnaderhaggen, welche die Umstehenden singen. Die improvisirte Komik der Gebärden, die albernen Gesichter des Behandelten und der beiden Andern, die lächerlichen Instrumente, welche diese zu ihrem Gewerbe verwenden, machen den Badertanz für ein bäuerliches Publicum zu einem sehr gerne gesehenen Schauspiel.

Nach dem Badertanz kam wieder ein anderes Kunststück, nämlich das Kaminkehrerlied. Dabei sitzen zwei Sänger auf niedern Schämeln einander gegenüber, jeder mit einem kurzen Besen in der Hand, singen einen Gesang, der sich auf Dichten und Trachten eines Kaminkehrers bezieht, und schlagen nach dem Tacte mit den Besen auf den Boden oder werfen sie in die Höhe, um sie rhythmisch wieder aufzufangen. Das Ding, wenn es gut eingeübt ist, ist anmuthig zu sehen und zu hören.

Somit war's denn schon ziemlich spät. Der Gerichtsdiener von Zell, der den ganzen Tag über, wenig bemerkt,

Die Lieder waren meist von der Art, wie sie die Rainer und die Leo durch halb Europa gesungen haben. Das Almenlied, das der Schulmeister von Finkenberg gedichtet, mit seiner schönen Weise, erfreute sich wieder der günstigsten Aufnahme, etwa fünf oder sechs Gesänge mochten gesungen seyn, als Maidele erklärte, sie werde nicht mehr fortsingen; man wisse schon, daß sie das Singen nicht leiden könne. Resele redete ihr zu, doch noch ein bischen auszuhalten; sie wollten ein lustiges singen. Die lustigen mag ich schon gar nicht, versetzte Maidele, ein trauriges muß es seyn. Resele, die schwermüthige, sang lieber die lustigen; Maidele, die lustige, hatte ihre Freude an den traurigen.

Als der Gesang zu Ende war, fielen etliche Burschen darauf, den Badertanz vorzuführen. Dieß ist eine mimische Darstellung eines Patienten, dem von einem Bader und seinem Gesellen verschiedene chirurgische Dienste geleistet werden. Zuerst nehmen sie ihm mit einem großen Küchenmesser den Bart ab, dann lassen sie ihm mit einem Beil zur Ader und so fort. Sämmtliche Operationen gehen in rhythmischen Bewegungen vor sich und richten sich im Tacte nach den Schnaderhaggen, welche die Umstehenden singen. Die improvisirte Komik der Gebärden, die albernen Gesichter des Behandelten und der beiden Andern, die lächerlichen Instrumente, welche diese zu ihrem Gewerbe verwenden, machen den Badertanz für ein bäuerliches Publicum zu einem sehr gerne gesehenen Schauspiel.

Nach dem Badertanz kam wieder ein anderes Kunststück, nämlich das Kaminkehrerlied. Dabei sitzen zwei Sänger auf niedern Schämeln einander gegenüber, jeder mit einem kurzen Besen in der Hand, singen einen Gesang, der sich auf Dichten und Trachten eines Kaminkehrers bezieht, und schlagen nach dem Tacte mit den Besen auf den Boden oder werfen sie in die Höhe, um sie rhythmisch wieder aufzufangen. Das Ding, wenn es gut eingeübt ist, ist anmuthig zu sehen und zu hören.

Somit war’s denn schon ziemlich spät. Der Gerichtsdiener von Zell, der den ganzen Tag über, wenig bemerkt,

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[530/0534] Die Lieder waren meist von der Art, wie sie die Rainer und die Leo durch halb Europa gesungen haben. Das Almenlied, das der Schulmeister von Finkenberg gedichtet, mit seiner schönen Weise, erfreute sich wieder der günstigsten Aufnahme, etwa fünf oder sechs Gesänge mochten gesungen seyn, als Maidele erklärte, sie werde nicht mehr fortsingen; man wisse schon, daß sie das Singen nicht leiden könne. Resele redete ihr zu, doch noch ein bischen auszuhalten; sie wollten ein lustiges singen. Die lustigen mag ich schon gar nicht, versetzte Maidele, ein trauriges muß es seyn. Resele, die schwermüthige, sang lieber die lustigen; Maidele, die lustige, hatte ihre Freude an den traurigen. Als der Gesang zu Ende war, fielen etliche Burschen darauf, den Badertanz vorzuführen. Dieß ist eine mimische Darstellung eines Patienten, dem von einem Bader und seinem Gesellen verschiedene chirurgische Dienste geleistet werden. Zuerst nehmen sie ihm mit einem großen Küchenmesser den Bart ab, dann lassen sie ihm mit einem Beil zur Ader und so fort. Sämmtliche Operationen gehen in rhythmischen Bewegungen vor sich und richten sich im Tacte nach den Schnaderhaggen, welche die Umstehenden singen. Die improvisirte Komik der Gebärden, die albernen Gesichter des Behandelten und der beiden Andern, die lächerlichen Instrumente, welche diese zu ihrem Gewerbe verwenden, machen den Badertanz für ein bäuerliches Publicum zu einem sehr gerne gesehenen Schauspiel. Nach dem Badertanz kam wieder ein anderes Kunststück, nämlich das Kaminkehrerlied. Dabei sitzen zwei Sänger auf niedern Schämeln einander gegenüber, jeder mit einem kurzen Besen in der Hand, singen einen Gesang, der sich auf Dichten und Trachten eines Kaminkehrers bezieht, und schlagen nach dem Tacte mit den Besen auf den Boden oder werfen sie in die Höhe, um sie rhythmisch wieder aufzufangen. Das Ding, wenn es gut eingeübt ist, ist anmuthig zu sehen und zu hören. Somit war’s denn schon ziemlich spät. Der Gerichtsdiener von Zell, der den ganzen Tag über, wenig bemerkt,

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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 530. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/534>, abgerufen am 23.11.2024.