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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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auf dem Rasen saßen, meine Fragen anmuthig erwiederten und unaufgefordert sich erhoben, um mir den Weg zu den warmen Quellen zu zeigen, die ich wenigstens sehen wollte. Sie stießen kurz vor dem Dorfe jenseits des Baches in zwei Armen von der Halde herab. Sie sind nur wenig lau, noch nicht untersucht, und scheinen in der Gegend keines besondern Rufes zu genießen; wenigstens hörte ich nichts von ihrer Heilkraft. Sicher wohnt ihnen eine solche bei und es wäre vielleicht nicht übel, wenn sich da ein "Badel" erheben würde. Die Duxer sind indessen zusehends zu gesund dafür und den Zufluß aus der Ferne dürfte die Abgelegenheit des Thales wohl immer sehr beschränkt halten. Später habe ich irgendwo gelesen, daß die Quellen wenigstens in ältern Zeiten mit Erfolg angewendet wurden.

Ehe ich nun die erste Hütte erreichte, kam ich noch an einem Wiesgärtchen vorbei, in dem etliche halberwachsene Jugend Kurzweil trieb. Als die Königin des Festes erschien ein schönes, wohlgekleidetes Mädchen von etwa achtzehn Frühlingen, der man es ansah, daß sie nicht in dem Thal geboren war. Ich schaute dem Spiele einige Augenblicke zu, worauf die Jungfrau das Thürchen öffnete und heraustretend in feinen Worten mich willkommen hieß zu Dux. Dabei gewahrte ich, daß sie einen städtischen Rock anhatte und ein sauberes Halsgekröse, und an den Füßchen trug sie schön lackirte Schuhe, was mir vorkam, wie ein schalkhafter Spott über die ascetische Bedürfnißlosigkeit der Duxer. Ich will's gleich voraussagen, was ich später erfahren habe, nämlich daß das Mädchen eines reichen Müllers Tochter aus dem Zillerthale war, die ihrer Bildung wegen schon manchen Winter in der Hauptstadt verbracht hatte, nun aber als vornehmer Sommerfrischgast bei armen Verwandten in dem hölzernen Dörfchen wohnte, das neben uns lag. Deßwegen wird sich auch Niemand wundern, daß wir trotz der Ferner, die von oben recht arg herunterglotzten, trotz des Heerdengeläutes und des Bergjauchzens, das jetzt bei kommendem Abend in die Stille froh hereinklang, daß wir trotz alle dem fast eine sehr gebildete Conversation pflogen, beide nicht ohne tiefes Gefühl

auf dem Rasen saßen, meine Fragen anmuthig erwiederten und unaufgefordert sich erhoben, um mir den Weg zu den warmen Quellen zu zeigen, die ich wenigstens sehen wollte. Sie stießen kurz vor dem Dorfe jenseits des Baches in zwei Armen von der Halde herab. Sie sind nur wenig lau, noch nicht untersucht, und scheinen in der Gegend keines besondern Rufes zu genießen; wenigstens hörte ich nichts von ihrer Heilkraft. Sicher wohnt ihnen eine solche bei und es wäre vielleicht nicht übel, wenn sich da ein „Badel“ erheben würde. Die Duxer sind indessen zusehends zu gesund dafür und den Zufluß aus der Ferne dürfte die Abgelegenheit des Thales wohl immer sehr beschränkt halten. Später habe ich irgendwo gelesen, daß die Quellen wenigstens in ältern Zeiten mit Erfolg angewendet wurden.

Ehe ich nun die erste Hütte erreichte, kam ich noch an einem Wiesgärtchen vorbei, in dem etliche halberwachsene Jugend Kurzweil trieb. Als die Königin des Festes erschien ein schönes, wohlgekleidetes Mädchen von etwa achtzehn Frühlingen, der man es ansah, daß sie nicht in dem Thal geboren war. Ich schaute dem Spiele einige Augenblicke zu, worauf die Jungfrau das Thürchen öffnete und heraustretend in feinen Worten mich willkommen hieß zu Dux. Dabei gewahrte ich, daß sie einen städtischen Rock anhatte und ein sauberes Halsgekröse, und an den Füßchen trug sie schön lackirte Schuhe, was mir vorkam, wie ein schalkhafter Spott über die ascetische Bedürfnißlosigkeit der Duxer. Ich will’s gleich voraussagen, was ich später erfahren habe, nämlich daß das Mädchen eines reichen Müllers Tochter aus dem Zillerthale war, die ihrer Bildung wegen schon manchen Winter in der Hauptstadt verbracht hatte, nun aber als vornehmer Sommerfrischgast bei armen Verwandten in dem hölzernen Dörfchen wohnte, das neben uns lag. Deßwegen wird sich auch Niemand wundern, daß wir trotz der Ferner, die von oben recht arg herunterglotzten, trotz des Heerdengeläutes und des Bergjauchzens, das jetzt bei kommendem Abend in die Stille froh hereinklang, daß wir trotz alle dem fast eine sehr gebildete Conversation pflogen, beide nicht ohne tiefes Gefühl

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[509/0513] auf dem Rasen saßen, meine Fragen anmuthig erwiederten und unaufgefordert sich erhoben, um mir den Weg zu den warmen Quellen zu zeigen, die ich wenigstens sehen wollte. Sie stießen kurz vor dem Dorfe jenseits des Baches in zwei Armen von der Halde herab. Sie sind nur wenig lau, noch nicht untersucht, und scheinen in der Gegend keines besondern Rufes zu genießen; wenigstens hörte ich nichts von ihrer Heilkraft. Sicher wohnt ihnen eine solche bei und es wäre vielleicht nicht übel, wenn sich da ein „Badel“ erheben würde. Die Duxer sind indessen zusehends zu gesund dafür und den Zufluß aus der Ferne dürfte die Abgelegenheit des Thales wohl immer sehr beschränkt halten. Später habe ich irgendwo gelesen, daß die Quellen wenigstens in ältern Zeiten mit Erfolg angewendet wurden. Ehe ich nun die erste Hütte erreichte, kam ich noch an einem Wiesgärtchen vorbei, in dem etliche halberwachsene Jugend Kurzweil trieb. Als die Königin des Festes erschien ein schönes, wohlgekleidetes Mädchen von etwa achtzehn Frühlingen, der man es ansah, daß sie nicht in dem Thal geboren war. Ich schaute dem Spiele einige Augenblicke zu, worauf die Jungfrau das Thürchen öffnete und heraustretend in feinen Worten mich willkommen hieß zu Dux. Dabei gewahrte ich, daß sie einen städtischen Rock anhatte und ein sauberes Halsgekröse, und an den Füßchen trug sie schön lackirte Schuhe, was mir vorkam, wie ein schalkhafter Spott über die ascetische Bedürfnißlosigkeit der Duxer. Ich will’s gleich voraussagen, was ich später erfahren habe, nämlich daß das Mädchen eines reichen Müllers Tochter aus dem Zillerthale war, die ihrer Bildung wegen schon manchen Winter in der Hauptstadt verbracht hatte, nun aber als vornehmer Sommerfrischgast bei armen Verwandten in dem hölzernen Dörfchen wohnte, das neben uns lag. Deßwegen wird sich auch Niemand wundern, daß wir trotz der Ferner, die von oben recht arg herunterglotzten, trotz des Heerdengeläutes und des Bergjauchzens, das jetzt bei kommendem Abend in die Stille froh hereinklang, daß wir trotz alle dem fast eine sehr gebildete Conversation pflogen, beide nicht ohne tiefes Gefühl

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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 509. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/513>, abgerufen am 23.11.2024.