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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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falls sie ihnen nicht eher schon von den gutherzigen Aelplern geschenkt worden wären. Auch jetzt noch wissen diese sich nicht ganz in die Sache zu schicken und haben fortwährend ihre geheimen Zweifel an der Vernünftigkeit der Leute "die die Steine aufklauben und das Geld verwerfen." So hat sich denn im Zusammenspiele des Verdachts über den gesunden Menschenverstand der Petrefactenfänger, der nichts desto weniger aufblühenden Ahnung einer innern, mystischen, dem Auge der Eingeborenen unsichtbaren Kostbarkeit dieses scheinbaren Trödels, ferner der Voraussetzung großer Reichthümer auf Seite der wißbegierigen Pilger ein seltsamer Handelsbetrieb gebildet, der allerdings zu ungeschlacht ist, als daß er so sich lange halten könnte. Die einheimischen Sammler gehen nämlich in die Berge von Campill und St. Cassian, wo die Versteinerungen oder Curretsch, wie sie in der Thalsprache heißen, in unzählbarer Menge zu finden sind, füllen einen Zuber davon und bringen ihn mühsam nach Hause. Nun ist's begreiflich, daß sie das kostbare Kleinod, das der Liebhaber einem Edelsteine gleich schätzt, von den alltäglichsten Erscheinungen nicht unterscheiden können, und da sie gleichwohl schon erfahren, daß nicht eines ist wie das andere, und überdieß auch schon gehört haben, daß mancher listige Reisende an den eingehandelten Schätzen in der Welt draußen das Hundertfache gewonnen, da ihnen alles dieß vor Augen steht und den Kopf verwirrt, so sind sie mit ihrem Thesaurus in großer Verlegenheit. Es ist immer die bange Furcht vorhanden, der fremde Kenner möchte ihnen die schönsten Stücke mit arglistiger Ruhe und Gleichgültigkeit herausnehmen, sie mit etlichen Groschen zufrieden stellen, und dann nichts überbleiben, als ausgesuchte, werthlose Waare. Um dieß zu verhindern und um sich also mit den guten Exemplaren auch die werthlosen bezahlen zu lassen, sind sie nun auf den Ausweg verfallen, ganze Zuber in Bausch und Bogen zum Verkaufe auszubieten, und dafür verlangen sie fünfzig bis achtzig Gulden Conventions-Münze.

Diese kunstlose Praxis hätte aber die einfachen Steinklauber von St. Leonhard leicht in sehr schlimmen Leumund bringen können, da sie dieselbe auch an Herrn A. Petzholdt,

falls sie ihnen nicht eher schon von den gutherzigen Aelplern geschenkt worden wären. Auch jetzt noch wissen diese sich nicht ganz in die Sache zu schicken und haben fortwährend ihre geheimen Zweifel an der Vernünftigkeit der Leute „die die Steine aufklauben und das Geld verwerfen.“ So hat sich denn im Zusammenspiele des Verdachts über den gesunden Menschenverstand der Petrefactenfänger, der nichts desto weniger aufblühenden Ahnung einer innern, mystischen, dem Auge der Eingeborenen unsichtbaren Kostbarkeit dieses scheinbaren Trödels, ferner der Voraussetzung großer Reichthümer auf Seite der wißbegierigen Pilger ein seltsamer Handelsbetrieb gebildet, der allerdings zu ungeschlacht ist, als daß er so sich lange halten könnte. Die einheimischen Sammler gehen nämlich in die Berge von Campill und St. Cassian, wo die Versteinerungen oder Curretsch, wie sie in der Thalsprache heißen, in unzählbarer Menge zu finden sind, füllen einen Zuber davon und bringen ihn mühsam nach Hause. Nun ist’s begreiflich, daß sie das kostbare Kleinod, das der Liebhaber einem Edelsteine gleich schätzt, von den alltäglichsten Erscheinungen nicht unterscheiden können, und da sie gleichwohl schon erfahren, daß nicht eines ist wie das andere, und überdieß auch schon gehört haben, daß mancher listige Reisende an den eingehandelten Schätzen in der Welt draußen das Hundertfache gewonnen, da ihnen alles dieß vor Augen steht und den Kopf verwirrt, so sind sie mit ihrem Thesaurus in großer Verlegenheit. Es ist immer die bange Furcht vorhanden, der fremde Kenner möchte ihnen die schönsten Stücke mit arglistiger Ruhe und Gleichgültigkeit herausnehmen, sie mit etlichen Groschen zufrieden stellen, und dann nichts überbleiben, als ausgesuchte, werthlose Waare. Um dieß zu verhindern und um sich also mit den guten Exemplaren auch die werthlosen bezahlen zu lassen, sind sie nun auf den Ausweg verfallen, ganze Zuber in Bausch und Bogen zum Verkaufe auszubieten, und dafür verlangen sie fünfzig bis achtzig Gulden Conventions-Münze.

Diese kunstlose Praxis hätte aber die einfachen Steinklauber von St. Leonhard leicht in sehr schlimmen Leumund bringen können, da sie dieselbe auch an Herrn A. Petzholdt,

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[453/0457] falls sie ihnen nicht eher schon von den gutherzigen Aelplern geschenkt worden wären. Auch jetzt noch wissen diese sich nicht ganz in die Sache zu schicken und haben fortwährend ihre geheimen Zweifel an der Vernünftigkeit der Leute „die die Steine aufklauben und das Geld verwerfen.“ So hat sich denn im Zusammenspiele des Verdachts über den gesunden Menschenverstand der Petrefactenfänger, der nichts desto weniger aufblühenden Ahnung einer innern, mystischen, dem Auge der Eingeborenen unsichtbaren Kostbarkeit dieses scheinbaren Trödels, ferner der Voraussetzung großer Reichthümer auf Seite der wißbegierigen Pilger ein seltsamer Handelsbetrieb gebildet, der allerdings zu ungeschlacht ist, als daß er so sich lange halten könnte. Die einheimischen Sammler gehen nämlich in die Berge von Campill und St. Cassian, wo die Versteinerungen oder Curretsch, wie sie in der Thalsprache heißen, in unzählbarer Menge zu finden sind, füllen einen Zuber davon und bringen ihn mühsam nach Hause. Nun ist’s begreiflich, daß sie das kostbare Kleinod, das der Liebhaber einem Edelsteine gleich schätzt, von den alltäglichsten Erscheinungen nicht unterscheiden können, und da sie gleichwohl schon erfahren, daß nicht eines ist wie das andere, und überdieß auch schon gehört haben, daß mancher listige Reisende an den eingehandelten Schätzen in der Welt draußen das Hundertfache gewonnen, da ihnen alles dieß vor Augen steht und den Kopf verwirrt, so sind sie mit ihrem Thesaurus in großer Verlegenheit. Es ist immer die bange Furcht vorhanden, der fremde Kenner möchte ihnen die schönsten Stücke mit arglistiger Ruhe und Gleichgültigkeit herausnehmen, sie mit etlichen Groschen zufrieden stellen, und dann nichts überbleiben, als ausgesuchte, werthlose Waare. Um dieß zu verhindern und um sich also mit den guten Exemplaren auch die werthlosen bezahlen zu lassen, sind sie nun auf den Ausweg verfallen, ganze Zuber in Bausch und Bogen zum Verkaufe auszubieten, und dafür verlangen sie fünfzig bis achtzig Gulden Conventions-Münze. Diese kunstlose Praxis hätte aber die einfachen Steinklauber von St. Leonhard leicht in sehr schlimmen Leumund bringen können, da sie dieselbe auch an Herrn A. Petzholdt,

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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 453. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/457>, abgerufen am 23.11.2024.