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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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Kreuzer ist für die Woche. Ein Hauptreiz der schönen Ernte-Zeit auf der Seiseralm war ehemals das Sonntagessen. Da mußten nämlich dem Feiertage zu Ehren vertragsmäßig verschiedene leckere Gerichte aufgesetzt und dazu nach Bedarf Wein gegeben werden. Dieß Mahl reichen indessen heutzutage nur noch drei oder vier Bauern in Natur wie vor Altem, mit Fleisch und Krapfen und Zubehör; die übrigen zahlen ihren Leuten lieber zwei Zwanziger in Geld dafür.

Nun bestiegen wir auch die Höhe von Puflatsch, am Rande der Alm, wo sie gegen Castelruth abfällt. Allda ist eine erhabene Aussicht über viele Gebiete des mittäglichen Tirols, freilich nur die Hälfte von jener, die auf der Höhe des Schlerns einzuholen ist. Aber die stolzen Nonsberger Gebirge und der Oertles, die Ferner von Oetzthal und von Stubei geben sich die Hand zu einem prächtigen Reigen um das Etschland, und in seinen Tiefen ist der Gang des Stromes weit hin zu verfolgen bis in die blauen Gegenden von Wälschland.

Von Puflatsch geht's wieder jäh hinab im Runste eines Baches gegen Gröden. Ehe dieß aber erreicht wird, zeigen sich noch weite Feldungen und in diesen liegen am jähen Abhange zerstreut die Häuser von Pufels. Dieß ist auf dieser Seite das erste Dörfchen, wo die kauderwälsche Sprache erklingt, die auf der ganzen Erde Niemand spricht, als die dreitausend schnitzelnden Grödner. Wir hatten uns schon lange im Stillen gefreut, diese Sprache einmal in ihrer Heimath zu belauschen, in ihren eigenen Stuben und an ihrem eigenen Herde, und daher beschlossen wir auch in Pufels eine ausgiebige Rast zu machen und schleunigst noch einige linguistische Studien zu unternehmen, um nicht ganz unvorbereitet in die Hände der fremdzungigen Grödner zu fallen.

Die Häuser sind hier zumeist von Stein, aber mit hölzernen Scheunen vergesellt. Sie waren zu jetziger Jahreszeit auf allen Seiten mit Garben verkleidet, die in eigenen Gestellen an den Wänden hinauf zum Trocknen aufgesetzt waren, und so in der warmen Abendsonne eine goldene

Kreuzer ist für die Woche. Ein Hauptreiz der schönen Ernte-Zeit auf der Seiseralm war ehemals das Sonntagessen. Da mußten nämlich dem Feiertage zu Ehren vertragsmäßig verschiedene leckere Gerichte aufgesetzt und dazu nach Bedarf Wein gegeben werden. Dieß Mahl reichen indessen heutzutage nur noch drei oder vier Bauern in Natur wie vor Altem, mit Fleisch und Krapfen und Zubehör; die übrigen zahlen ihren Leuten lieber zwei Zwanziger in Geld dafür.

Nun bestiegen wir auch die Höhe von Puflatsch, am Rande der Alm, wo sie gegen Castelruth abfällt. Allda ist eine erhabene Aussicht über viele Gebiete des mittäglichen Tirols, freilich nur die Hälfte von jener, die auf der Höhe des Schlerns einzuholen ist. Aber die stolzen Nonsberger Gebirge und der Oertles, die Ferner von Oetzthal und von Stubei geben sich die Hand zu einem prächtigen Reigen um das Etschland, und in seinen Tiefen ist der Gang des Stromes weit hin zu verfolgen bis in die blauen Gegenden von Wälschland.

Von Puflatsch geht’s wieder jäh hinab im Runste eines Baches gegen Gröden. Ehe dieß aber erreicht wird, zeigen sich noch weite Feldungen und in diesen liegen am jähen Abhange zerstreut die Häuser von Pufels. Dieß ist auf dieser Seite das erste Dörfchen, wo die kauderwälsche Sprache erklingt, die auf der ganzen Erde Niemand spricht, als die dreitausend schnitzelnden Grödner. Wir hatten uns schon lange im Stillen gefreut, diese Sprache einmal in ihrer Heimath zu belauschen, in ihren eigenen Stuben und an ihrem eigenen Herde, und daher beschlossen wir auch in Pufels eine ausgiebige Rast zu machen und schleunigst noch einige linguistische Studien zu unternehmen, um nicht ganz unvorbereitet in die Hände der fremdzungigen Grödner zu fallen.

Die Häuser sind hier zumeist von Stein, aber mit hölzernen Scheunen vergesellt. Sie waren zu jetziger Jahreszeit auf allen Seiten mit Garben verkleidet, die in eigenen Gestellen an den Wänden hinauf zum Trocknen aufgesetzt waren, und so in der warmen Abendsonne eine goldene

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Kreuzer ist für die Woche. Ein Hauptreiz der schönen Ernte-Zeit auf der Seiseralm war ehemals das Sonntagessen. Da mußten nämlich dem Feiertage zu Ehren vertragsmäßig verschiedene leckere Gerichte aufgesetzt und dazu nach Bedarf Wein gegeben werden. Dieß Mahl reichen indessen heutzutage nur noch drei oder vier Bauern in Natur wie vor Altem, mit Fleisch und Krapfen und Zubehör; die übrigen zahlen ihren Leuten lieber zwei Zwanziger in Geld dafür.</p>
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[415/0419] Kreuzer ist für die Woche. Ein Hauptreiz der schönen Ernte-Zeit auf der Seiseralm war ehemals das Sonntagessen. Da mußten nämlich dem Feiertage zu Ehren vertragsmäßig verschiedene leckere Gerichte aufgesetzt und dazu nach Bedarf Wein gegeben werden. Dieß Mahl reichen indessen heutzutage nur noch drei oder vier Bauern in Natur wie vor Altem, mit Fleisch und Krapfen und Zubehör; die übrigen zahlen ihren Leuten lieber zwei Zwanziger in Geld dafür. Nun bestiegen wir auch die Höhe von Puflatsch, am Rande der Alm, wo sie gegen Castelruth abfällt. Allda ist eine erhabene Aussicht über viele Gebiete des mittäglichen Tirols, freilich nur die Hälfte von jener, die auf der Höhe des Schlerns einzuholen ist. Aber die stolzen Nonsberger Gebirge und der Oertles, die Ferner von Oetzthal und von Stubei geben sich die Hand zu einem prächtigen Reigen um das Etschland, und in seinen Tiefen ist der Gang des Stromes weit hin zu verfolgen bis in die blauen Gegenden von Wälschland. Von Puflatsch geht’s wieder jäh hinab im Runste eines Baches gegen Gröden. Ehe dieß aber erreicht wird, zeigen sich noch weite Feldungen und in diesen liegen am jähen Abhange zerstreut die Häuser von Pufels. Dieß ist auf dieser Seite das erste Dörfchen, wo die kauderwälsche Sprache erklingt, die auf der ganzen Erde Niemand spricht, als die dreitausend schnitzelnden Grödner. Wir hatten uns schon lange im Stillen gefreut, diese Sprache einmal in ihrer Heimath zu belauschen, in ihren eigenen Stuben und an ihrem eigenen Herde, und daher beschlossen wir auch in Pufels eine ausgiebige Rast zu machen und schleunigst noch einige linguistische Studien zu unternehmen, um nicht ganz unvorbereitet in die Hände der fremdzungigen Grödner zu fallen. Die Häuser sind hier zumeist von Stein, aber mit hölzernen Scheunen vergesellt. Sie waren zu jetziger Jahreszeit auf allen Seiten mit Garben verkleidet, die in eigenen Gestellen an den Wänden hinauf zum Trocknen aufgesetzt waren, und so in der warmen Abendsonne eine goldene

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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 415. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/419>, abgerufen am 23.11.2024.