Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.Was das Wasser selbst betrifft, so sprudeln hier zwei Quellen. Die eine davon führt Eisen, die andere Schwefel. Erstere entspringt westwärts eine halbe Stunde ober dem Bade, die andre auf der östlichen Seite in schauerlicher Wildniß. Beide werden durch hölzerne Röhren ins Badehaus geleitet, dort getrunken und in mannichfachen Leiden zu Bädern benützt. Am andern Morgen stiegen wir auf die Seiser-Alpe. Die Seiser Alpe ist eine ungeheure Wiesenebene, die mit dem Schlern zusammenhängt und gegen Castelruth, gegen Gröden und gegen das Fassathal sich ausstreckt, zehn Stunden im Umfange hat und in dieser Art einzig dasteht in Tirol. Sie hat einen berühmten Namen; zumal in Bozen und auf dem Ritten hörten wir viel Schönes von dieser Alm erzählen, die bei dem Gang auf den Schlern gewöhnlich mit besucht wird. Ihre Höhe ist wechselnd, doch nirgends unter fünfthalbtausend Fuß. Von Ratzes aus führt ein gepflasterter Saumweg hinauf, angenehm zu gehen, bald durch offene Wiesen, in denen Bauernhöfe stehen, bald durch finstern Wald. In einer Stunde mag man auf der Höhe seyn. Ehe wir noch das Blachfeld selbst betraten, zeigte sich ein kleiner Tannenschopf am Wege. Bei diesem hielt ein wälscher Knabe aus Fassa Markt, welcher zu Bozen Aprikosen und Birnen eingekauft und dann die schwere Last auf dem Rücken herauf getragen hatte, um an den Mähdern auf der Seiseralm und zufälligen Wanderern sein Gewinnstchen zu machen. Er schien sich zum Nutzen seines Handels die deutsche Sprache schon vorlängst eigen gemacht zu haben und wußte ganz gut damit umzugehen. Wir ehrten seine Betriebsamkeit dadurch, daß wir uns alle Taschen mit seiner Waare füllten, worüber er große Freude und Dankbarkeit zu erkennen gab. Und nun traten wir auf die Alm, auf die liebliche Alm, die nach allen Seiten leicht hinan stieg, und im Frühthau glänzte stundenweit - eine schöne wellenförmige Fläche, überall Was das Wasser selbst betrifft, so sprudeln hier zwei Quellen. Die eine davon führt Eisen, die andere Schwefel. Erstere entspringt westwärts eine halbe Stunde ober dem Bade, die andre auf der östlichen Seite in schauerlicher Wildniß. Beide werden durch hölzerne Röhren ins Badehaus geleitet, dort getrunken und in mannichfachen Leiden zu Bädern benützt. Am andern Morgen stiegen wir auf die Seiser-Alpe. Die Seiser Alpe ist eine ungeheure Wiesenebene, die mit dem Schlern zusammenhängt und gegen Castelruth, gegen Gröden und gegen das Fassathal sich ausstreckt, zehn Stunden im Umfange hat und in dieser Art einzig dasteht in Tirol. Sie hat einen berühmten Namen; zumal in Bozen und auf dem Ritten hörten wir viel Schönes von dieser Alm erzählen, die bei dem Gang auf den Schlern gewöhnlich mit besucht wird. Ihre Höhe ist wechselnd, doch nirgends unter fünfthalbtausend Fuß. Von Ratzes aus führt ein gepflasterter Saumweg hinauf, angenehm zu gehen, bald durch offene Wiesen, in denen Bauernhöfe stehen, bald durch finstern Wald. In einer Stunde mag man auf der Höhe seyn. Ehe wir noch das Blachfeld selbst betraten, zeigte sich ein kleiner Tannenschopf am Wege. Bei diesem hielt ein wälscher Knabe aus Fassa Markt, welcher zu Bozen Aprikosen und Birnen eingekauft und dann die schwere Last auf dem Rücken herauf getragen hatte, um an den Mähdern auf der Seiseralm und zufälligen Wanderern sein Gewinnstchen zu machen. Er schien sich zum Nutzen seines Handels die deutsche Sprache schon vorlängst eigen gemacht zu haben und wußte ganz gut damit umzugehen. Wir ehrten seine Betriebsamkeit dadurch, daß wir uns alle Taschen mit seiner Waare füllten, worüber er große Freude und Dankbarkeit zu erkennen gab. Und nun traten wir auf die Alm, auf die liebliche Alm, die nach allen Seiten leicht hinan stieg, und im Frühthau glänzte stundenweit – eine schöne wellenförmige Fläche, überall <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0417" n="413"/> <p>Was das Wasser selbst betrifft, so sprudeln hier zwei Quellen. Die eine davon führt Eisen, die andere Schwefel. Erstere entspringt westwärts eine halbe Stunde ober dem Bade, die andre auf der östlichen Seite in schauerlicher Wildniß. Beide werden durch hölzerne Röhren ins Badehaus geleitet, dort getrunken und in mannichfachen Leiden zu Bädern benützt.</p> <p>Am andern Morgen stiegen wir auf die Seiser-Alpe. Die Seiser Alpe ist eine ungeheure Wiesenebene, die mit dem Schlern zusammenhängt und gegen Castelruth, gegen Gröden und gegen das Fassathal sich ausstreckt, zehn Stunden im Umfange hat und in dieser Art einzig dasteht in Tirol. Sie hat einen berühmten Namen; zumal in Bozen und auf dem Ritten hörten wir viel Schönes von dieser Alm erzählen, die bei dem Gang auf den Schlern gewöhnlich mit besucht wird. Ihre Höhe ist wechselnd, doch nirgends unter fünfthalbtausend Fuß.</p> <p>Von Ratzes aus führt ein gepflasterter Saumweg hinauf, angenehm zu gehen, bald durch offene Wiesen, in denen Bauernhöfe stehen, bald durch finstern Wald. In einer Stunde mag man auf der Höhe seyn.</p> <p>Ehe wir noch das Blachfeld selbst betraten, zeigte sich ein kleiner Tannenschopf am Wege. Bei diesem hielt ein wälscher Knabe aus Fassa Markt, welcher zu Bozen Aprikosen und Birnen eingekauft und dann die schwere Last auf dem Rücken herauf getragen hatte, um an den Mähdern auf der Seiseralm und zufälligen Wanderern sein Gewinnstchen zu machen. Er schien sich zum Nutzen seines Handels die deutsche Sprache schon vorlängst eigen gemacht zu haben und wußte ganz gut damit umzugehen. Wir ehrten seine Betriebsamkeit dadurch, daß wir uns alle Taschen mit seiner Waare füllten, worüber er große Freude und Dankbarkeit zu erkennen gab.</p> <p>Und nun traten wir auf die Alm, auf die liebliche Alm, die nach allen Seiten leicht hinan stieg, und im Frühthau glänzte stundenweit – eine schöne wellenförmige Fläche, überall </p> </div> </body> </text> </TEI> [413/0417]
Was das Wasser selbst betrifft, so sprudeln hier zwei Quellen. Die eine davon führt Eisen, die andere Schwefel. Erstere entspringt westwärts eine halbe Stunde ober dem Bade, die andre auf der östlichen Seite in schauerlicher Wildniß. Beide werden durch hölzerne Röhren ins Badehaus geleitet, dort getrunken und in mannichfachen Leiden zu Bädern benützt.
Am andern Morgen stiegen wir auf die Seiser-Alpe. Die Seiser Alpe ist eine ungeheure Wiesenebene, die mit dem Schlern zusammenhängt und gegen Castelruth, gegen Gröden und gegen das Fassathal sich ausstreckt, zehn Stunden im Umfange hat und in dieser Art einzig dasteht in Tirol. Sie hat einen berühmten Namen; zumal in Bozen und auf dem Ritten hörten wir viel Schönes von dieser Alm erzählen, die bei dem Gang auf den Schlern gewöhnlich mit besucht wird. Ihre Höhe ist wechselnd, doch nirgends unter fünfthalbtausend Fuß.
Von Ratzes aus führt ein gepflasterter Saumweg hinauf, angenehm zu gehen, bald durch offene Wiesen, in denen Bauernhöfe stehen, bald durch finstern Wald. In einer Stunde mag man auf der Höhe seyn.
Ehe wir noch das Blachfeld selbst betraten, zeigte sich ein kleiner Tannenschopf am Wege. Bei diesem hielt ein wälscher Knabe aus Fassa Markt, welcher zu Bozen Aprikosen und Birnen eingekauft und dann die schwere Last auf dem Rücken herauf getragen hatte, um an den Mähdern auf der Seiseralm und zufälligen Wanderern sein Gewinnstchen zu machen. Er schien sich zum Nutzen seines Handels die deutsche Sprache schon vorlängst eigen gemacht zu haben und wußte ganz gut damit umzugehen. Wir ehrten seine Betriebsamkeit dadurch, daß wir uns alle Taschen mit seiner Waare füllten, worüber er große Freude und Dankbarkeit zu erkennen gab.
Und nun traten wir auf die Alm, auf die liebliche Alm, die nach allen Seiten leicht hinan stieg, und im Frühthau glänzte stundenweit – eine schöne wellenförmige Fläche, überall
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