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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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Auch die ehrenwerthen Männer des Bregenzer Waldes, "dieses Volk von alten Sitten, in welchem, nach Johannes von Müllers Worten, Liebe der Freiheit lebt," auch sie sind nicht zu hochmüthig und nicht zu bieder, um nicht zuweilen recht schlau zu seyn, und man kann z. B. noch die Geschichte hören, wie zur bayerischen Zeit die Aeltesten des innern Waldes einen Beamten, an dessen Gunst ihnen bei einem wichtigen Vorhaben gelegen war, dadurch für sich einnahmen, daß sie in hohem Spiele ihn viele hundert Gulden gewinnen ließen.

Zum Beleg montavonischer Rachgier wird noch immer eine Begebenheit aus den neunziger Jahren angeführt, wo die Montavoner den Kreishauptmann Indermauer und seine zwei Begleiter, die sich von der Nähe der Franzosen bedroht nach Tirol retten wollten, zu St. Peter bei Bludenz überfielen und sofort als Verräther grausam ermordeten. Seit Jahrzehnten hat sich indessen nichts mehr ereignet, was den alten Vorwurf hätte unterstützen können. Eher war ihre Geduld zu bewundern, als vor mehreren Jahren der Landrichter zu Schruns, der später in tiefen Wahnsinn fiel, während des Uebergangs zu dieser Krankheit sich auffallende Mißhandlungen seiner Untergebenen zu Schulden kommen ließ, welche der behaupteten Rachelust reiche Veranlassung hätten bieten können. Gleichwohl erwarteten die Montavoner in Ergebenheit den Befehl von Bregenz, daß der wahnsinnige Landrichter als solcher zu behandeln und in Verwahr zu nehmen sey.

Die Volksbildung in Vorarlberg ist, wie zum Theil schon aus dem Gesagten hervorgeht, ziemlich vorgerückt. Die Schulen sind wohl bestellt und man läßt die Kinder überall gerne zum Unterricht; auch lernen diese mehr, als man von der kurzen Schulzeit, die nur den Winter ausfüllt, erwarten sollte. Zur Zeit Kaiser Josephs zeigte sich allerdings noch der hartnäckigste Widerstand gegen die Ausdehnung des Schulwesens; aber seitdem hat der vorarlbergische Verstand zur Genüge eingesehen, daß in neuern Zeiten gute Schulbildung zum Fortkommen in der Welt ein wesentlicher Behelf sey. Einige Neigung zur Lectüre zeigt sich auch unter dem Bauernvolke.

Auch die ehrenwerthen Männer des Bregenzer Waldes, „dieses Volk von alten Sitten, in welchem, nach Johannes von Müllers Worten, Liebe der Freiheit lebt,“ auch sie sind nicht zu hochmüthig und nicht zu bieder, um nicht zuweilen recht schlau zu seyn, und man kann z. B. noch die Geschichte hören, wie zur bayerischen Zeit die Aeltesten des innern Waldes einen Beamten, an dessen Gunst ihnen bei einem wichtigen Vorhaben gelegen war, dadurch für sich einnahmen, daß sie in hohem Spiele ihn viele hundert Gulden gewinnen ließen.

Zum Beleg montavonischer Rachgier wird noch immer eine Begebenheit aus den neunziger Jahren angeführt, wo die Montavoner den Kreishauptmann Indermauer und seine zwei Begleiter, die sich von der Nähe der Franzosen bedroht nach Tirol retten wollten, zu St. Peter bei Bludenz überfielen und sofort als Verräther grausam ermordeten. Seit Jahrzehnten hat sich indessen nichts mehr ereignet, was den alten Vorwurf hätte unterstützen können. Eher war ihre Geduld zu bewundern, als vor mehreren Jahren der Landrichter zu Schruns, der später in tiefen Wahnsinn fiel, während des Uebergangs zu dieser Krankheit sich auffallende Mißhandlungen seiner Untergebenen zu Schulden kommen ließ, welche der behaupteten Rachelust reiche Veranlassung hätten bieten können. Gleichwohl erwarteten die Montavoner in Ergebenheit den Befehl von Bregenz, daß der wahnsinnige Landrichter als solcher zu behandeln und in Verwahr zu nehmen sey.

Die Volksbildung in Vorarlberg ist, wie zum Theil schon aus dem Gesagten hervorgeht, ziemlich vorgerückt. Die Schulen sind wohl bestellt und man läßt die Kinder überall gerne zum Unterricht; auch lernen diese mehr, als man von der kurzen Schulzeit, die nur den Winter ausfüllt, erwarten sollte. Zur Zeit Kaiser Josephs zeigte sich allerdings noch der hartnäckigste Widerstand gegen die Ausdehnung des Schulwesens; aber seitdem hat der vorarlbergische Verstand zur Genüge eingesehen, daß in neuern Zeiten gute Schulbildung zum Fortkommen in der Welt ein wesentlicher Behelf sey. Einige Neigung zur Lectüre zeigt sich auch unter dem Bauernvolke.

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[185/0190] Auch die ehrenwerthen Männer des Bregenzer Waldes, „dieses Volk von alten Sitten, in welchem, nach Johannes von Müllers Worten, Liebe der Freiheit lebt,“ auch sie sind nicht zu hochmüthig und nicht zu bieder, um nicht zuweilen recht schlau zu seyn, und man kann z. B. noch die Geschichte hören, wie zur bayerischen Zeit die Aeltesten des innern Waldes einen Beamten, an dessen Gunst ihnen bei einem wichtigen Vorhaben gelegen war, dadurch für sich einnahmen, daß sie in hohem Spiele ihn viele hundert Gulden gewinnen ließen. Zum Beleg montavonischer Rachgier wird noch immer eine Begebenheit aus den neunziger Jahren angeführt, wo die Montavoner den Kreishauptmann Indermauer und seine zwei Begleiter, die sich von der Nähe der Franzosen bedroht nach Tirol retten wollten, zu St. Peter bei Bludenz überfielen und sofort als Verräther grausam ermordeten. Seit Jahrzehnten hat sich indessen nichts mehr ereignet, was den alten Vorwurf hätte unterstützen können. Eher war ihre Geduld zu bewundern, als vor mehreren Jahren der Landrichter zu Schruns, der später in tiefen Wahnsinn fiel, während des Uebergangs zu dieser Krankheit sich auffallende Mißhandlungen seiner Untergebenen zu Schulden kommen ließ, welche der behaupteten Rachelust reiche Veranlassung hätten bieten können. Gleichwohl erwarteten die Montavoner in Ergebenheit den Befehl von Bregenz, daß der wahnsinnige Landrichter als solcher zu behandeln und in Verwahr zu nehmen sey. Die Volksbildung in Vorarlberg ist, wie zum Theil schon aus dem Gesagten hervorgeht, ziemlich vorgerückt. Die Schulen sind wohl bestellt und man läßt die Kinder überall gerne zum Unterricht; auch lernen diese mehr, als man von der kurzen Schulzeit, die nur den Winter ausfüllt, erwarten sollte. Zur Zeit Kaiser Josephs zeigte sich allerdings noch der hartnäckigste Widerstand gegen die Ausdehnung des Schulwesens; aber seitdem hat der vorarlbergische Verstand zur Genüge eingesehen, daß in neuern Zeiten gute Schulbildung zum Fortkommen in der Welt ein wesentlicher Behelf sey. Einige Neigung zur Lectüre zeigt sich auch unter dem Bauernvolke.

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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/190>, abgerufen am 27.11.2024.