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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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jeder der neuen Hausväter jährlich zehn Gulden Schutz- und Schirmgeld sammt zwei gemästeten Gänsen entrichten solle. Diese Judenschaft führt übrigens eine gute Schule und einen Rabbiner, der wöchentlich in der Synagoge eine deutsche Predigt hält. Auch besteht hier ein wohlthätiger Verein, um die Kinder armer Eltern zu brauchbaren Handwerkern zu bilden und sie so dem entwürdigenden Schacher zu entziehen, der mit allen seinen schlimmen Folgen den frühern Landständen oft Anlaß zu erheblichen Beschwerden gegeben hatte. Die Jüdinnen von Hohenems stehen ihrer Leibesgestalt wegen in gutem Rufe und sind, wie schon angemerkt, liebe Gäste zu Bad Reute im Walde, wo sie gerne ihre Sommerfrische zubringen. "Daheim arbeiten sie nichts als für ihren Putz," sagt Bergmann und mag es auch verantworten. Außer den 92 Familien zu Hohenems sind in Tirol und Vorarlberg nur noch acht jüdische Haushaltungen, nämlich sieben zu Innsbruck und eine zu Bozen. Diese Zahlen dürfen nicht überschritten werden.

Was das Geschlecht der Ritter und Reichsgrafen von Hohenems betrifft, so werden sie zuerst im zehnten Jahrhundert genannt und ihr Schloß stand wohl schon zu den Zeiten Karls des Großen. Auf die Burg zu Hohenems setzte Kaiser Heinrich VI Wilhelmen, den einzigen Sohn des Königs Tancred von Sicilien, in Haft, nachdem er ihn vorher hatte blenden lassen; da mußte er in seinem Schmerze vergehen, wenn nicht eine mildere Sage Recht hat, die ihn aus dem Gefängniß über Frankreich nach Italien entkommen und später im St. Jacobsthale ob Chiavenna als Einsiedler sterben läßt. Auf dieser Burg lebte auch im dreizehnten Jahrhundert Rudolf von Ems, der Dichter, ein höchst gebildeter und sogar gelehrter Mann, der gegen die damalige Sitte lesen und schreiben konnte und außer der wälschen Sprache auch der lateinischen mächtig war. Mehrere seiner Dichtungen sind in neuerer Zeit wieder ans Licht getreten, zuletzt Barlaam und Josaphat, eine im Mittelalter sehr beliebte poetische Erzählung.

Die spätern von Ems fielen mit den Oesterreichern bei Sempach und am Stoß und waren in damaliger Zeit geachtete Herren. Einen neuen Anlauf zu Ruhm und

jeder der neuen Hausväter jährlich zehn Gulden Schutz- und Schirmgeld sammt zwei gemästeten Gänsen entrichten solle. Diese Judenschaft führt übrigens eine gute Schule und einen Rabbiner, der wöchentlich in der Synagoge eine deutsche Predigt hält. Auch besteht hier ein wohlthätiger Verein, um die Kinder armer Eltern zu brauchbaren Handwerkern zu bilden und sie so dem entwürdigenden Schacher zu entziehen, der mit allen seinen schlimmen Folgen den frühern Landständen oft Anlaß zu erheblichen Beschwerden gegeben hatte. Die Jüdinnen von Hohenems stehen ihrer Leibesgestalt wegen in gutem Rufe und sind, wie schon angemerkt, liebe Gäste zu Bad Reute im Walde, wo sie gerne ihre Sommerfrische zubringen. „Daheim arbeiten sie nichts als für ihren Putz," sagt Bergmann und mag es auch verantworten. Außer den 92 Familien zu Hohenems sind in Tirol und Vorarlberg nur noch acht jüdische Haushaltungen, nämlich sieben zu Innsbruck und eine zu Bozen. Diese Zahlen dürfen nicht überschritten werden.

Was das Geschlecht der Ritter und Reichsgrafen von Hohenems betrifft, so werden sie zuerst im zehnten Jahrhundert genannt und ihr Schloß stand wohl schon zu den Zeiten Karls des Großen. Auf die Burg zu Hohenems setzte Kaiser Heinrich VI Wilhelmen, den einzigen Sohn des Königs Tancred von Sicilien, in Haft, nachdem er ihn vorher hatte blenden lassen; da mußte er in seinem Schmerze vergehen, wenn nicht eine mildere Sage Recht hat, die ihn aus dem Gefängniß über Frankreich nach Italien entkommen und später im St. Jacobsthale ob Chiavenna als Einsiedler sterben läßt. Auf dieser Burg lebte auch im dreizehnten Jahrhundert Rudolf von Ems, der Dichter, ein höchst gebildeter und sogar gelehrter Mann, der gegen die damalige Sitte lesen und schreiben konnte und außer der wälschen Sprache auch der lateinischen mächtig war. Mehrere seiner Dichtungen sind in neuerer Zeit wieder ans Licht getreten, zuletzt Barlaam und Josaphat, eine im Mittelalter sehr beliebte poetische Erzählung.

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[174/0179] jeder der neuen Hausväter jährlich zehn Gulden Schutz- und Schirmgeld sammt zwei gemästeten Gänsen entrichten solle. Diese Judenschaft führt übrigens eine gute Schule und einen Rabbiner, der wöchentlich in der Synagoge eine deutsche Predigt hält. Auch besteht hier ein wohlthätiger Verein, um die Kinder armer Eltern zu brauchbaren Handwerkern zu bilden und sie so dem entwürdigenden Schacher zu entziehen, der mit allen seinen schlimmen Folgen den frühern Landständen oft Anlaß zu erheblichen Beschwerden gegeben hatte. Die Jüdinnen von Hohenems stehen ihrer Leibesgestalt wegen in gutem Rufe und sind, wie schon angemerkt, liebe Gäste zu Bad Reute im Walde, wo sie gerne ihre Sommerfrische zubringen. „Daheim arbeiten sie nichts als für ihren Putz," sagt Bergmann und mag es auch verantworten. Außer den 92 Familien zu Hohenems sind in Tirol und Vorarlberg nur noch acht jüdische Haushaltungen, nämlich sieben zu Innsbruck und eine zu Bozen. Diese Zahlen dürfen nicht überschritten werden. Was das Geschlecht der Ritter und Reichsgrafen von Hohenems betrifft, so werden sie zuerst im zehnten Jahrhundert genannt und ihr Schloß stand wohl schon zu den Zeiten Karls des Großen. Auf die Burg zu Hohenems setzte Kaiser Heinrich VI Wilhelmen, den einzigen Sohn des Königs Tancred von Sicilien, in Haft, nachdem er ihn vorher hatte blenden lassen; da mußte er in seinem Schmerze vergehen, wenn nicht eine mildere Sage Recht hat, die ihn aus dem Gefängniß über Frankreich nach Italien entkommen und später im St. Jacobsthale ob Chiavenna als Einsiedler sterben läßt. Auf dieser Burg lebte auch im dreizehnten Jahrhundert Rudolf von Ems, der Dichter, ein höchst gebildeter und sogar gelehrter Mann, der gegen die damalige Sitte lesen und schreiben konnte und außer der wälschen Sprache auch der lateinischen mächtig war. Mehrere seiner Dichtungen sind in neuerer Zeit wieder ans Licht getreten, zuletzt Barlaam und Josaphat, eine im Mittelalter sehr beliebte poetische Erzählung. Die spätern von Ems fielen mit den Oesterreichern bei Sempach und am Stoß und waren in damaliger Zeit geachtete Herren. Einen neuen Anlauf zu Ruhm und

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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/179>, abgerufen am 23.11.2024.