Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite

sagen, und schenken im kühlen Refectorium guten Wein aus, den sie mit anmuthigen Gesprächen würzen. In der Kirche sieht man St. Gerolds Ruhestätte, geschmückt mit einem schönen alten Grabstein; sein Haupt ist auf dem Altare zur Verehrung ausgestellt, seine Lebensgeschichte in Bildern auf die Wand gemalt.

Am Ende des Thales thut sich die Aussicht in das Wallgau auf. Rechts liegt das Dorf Thüringen, wo der Engländer Douglas eine gigantische Spinnerei errichtet hat; zur linken Hand führt ein Fußsteig schnell über die Halde hinunter nach dem Dorfe Ludesch das am Lutzbach liegt. Der Weg streift an den öden Mauern des Blumenegger Schlosses hin, welches sammt der Herrschaft einst den Werdenbergen, später der Abtei zu Weingarten bei Ravensburg gehörte. - Die Sonne war untergegangen, die Gipfel des Rhätico ragten weiß aus dem goldenen Abendroth, das sich auch rückwärts auf den nackten Bergspitzen des Walserthales spiegelte, die Dämmerung lag im Thal, und die Ruinen von Blumenegg mit ihren hohlen Fenstern standen ernst und düster über dem Pfade. So raschelten wir den langen Abhang hinab und setzten uns in Ludesch zur Nachtruhe.

sagen, und schenken im kühlen Refectorium guten Wein aus, den sie mit anmuthigen Gesprächen würzen. In der Kirche sieht man St. Gerolds Ruhestätte, geschmückt mit einem schönen alten Grabstein; sein Haupt ist auf dem Altare zur Verehrung ausgestellt, seine Lebensgeschichte in Bildern auf die Wand gemalt.

Am Ende des Thales thut sich die Aussicht in das Wallgau auf. Rechts liegt das Dorf Thüringen, wo der Engländer Douglas eine gigantische Spinnerei errichtet hat; zur linken Hand führt ein Fußsteig schnell über die Halde hinunter nach dem Dorfe Ludesch das am Lutzbach liegt. Der Weg streift an den öden Mauern des Blumenegger Schlosses hin, welches sammt der Herrschaft einst den Werdenbergen, später der Abtei zu Weingarten bei Ravensburg gehörte. – Die Sonne war untergegangen, die Gipfel des Rhätico ragten weiß aus dem goldenen Abendroth, das sich auch rückwärts auf den nackten Bergspitzen des Walserthales spiegelte, die Dämmerung lag im Thal, und die Ruinen von Blumenegg mit ihren hohlen Fenstern standen ernst und düster über dem Pfade. So raschelten wir den langen Abhang hinab und setzten uns in Ludesch zur Nachtruhe.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0108" n="103"/>
sagen, und schenken im kühlen Refectorium guten Wein aus, den sie mit anmuthigen Gesprächen würzen. In der Kirche sieht man St. Gerolds Ruhestätte, geschmückt mit einem schönen alten Grabstein; sein Haupt ist auf dem Altare zur Verehrung ausgestellt, seine Lebensgeschichte in Bildern auf die Wand gemalt.</p>
        <p>Am Ende des Thales thut sich die Aussicht in das Wallgau auf. Rechts liegt das Dorf Thüringen, wo der Engländer Douglas eine gigantische Spinnerei errichtet hat; zur linken Hand führt ein Fußsteig schnell über die Halde hinunter nach dem Dorfe Ludesch das am Lutzbach liegt. Der Weg streift an den öden Mauern des Blumenegger Schlosses hin, welches sammt der Herrschaft einst den Werdenbergen, später der Abtei zu Weingarten bei Ravensburg gehörte. &#x2013; Die Sonne war untergegangen, die Gipfel des Rhätico ragten weiß aus dem goldenen Abendroth, das sich auch rückwärts auf den nackten Bergspitzen des Walserthales spiegelte, die Dämmerung lag im Thal, und die Ruinen von Blumenegg mit ihren hohlen Fenstern standen ernst und düster über dem Pfade. So raschelten wir den langen Abhang hinab und setzten uns in Ludesch zur Nachtruhe.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[103/0108] sagen, und schenken im kühlen Refectorium guten Wein aus, den sie mit anmuthigen Gesprächen würzen. In der Kirche sieht man St. Gerolds Ruhestätte, geschmückt mit einem schönen alten Grabstein; sein Haupt ist auf dem Altare zur Verehrung ausgestellt, seine Lebensgeschichte in Bildern auf die Wand gemalt. Am Ende des Thales thut sich die Aussicht in das Wallgau auf. Rechts liegt das Dorf Thüringen, wo der Engländer Douglas eine gigantische Spinnerei errichtet hat; zur linken Hand führt ein Fußsteig schnell über die Halde hinunter nach dem Dorfe Ludesch das am Lutzbach liegt. Der Weg streift an den öden Mauern des Blumenegger Schlosses hin, welches sammt der Herrschaft einst den Werdenbergen, später der Abtei zu Weingarten bei Ravensburg gehörte. – Die Sonne war untergegangen, die Gipfel des Rhätico ragten weiß aus dem goldenen Abendroth, das sich auch rückwärts auf den nackten Bergspitzen des Walserthales spiegelte, die Dämmerung lag im Thal, und die Ruinen von Blumenegg mit ihren hohlen Fenstern standen ernst und düster über dem Pfade. So raschelten wir den langen Abhang hinab und setzten uns in Ludesch zur Nachtruhe.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-05T13:27:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-05T13:27:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-05T13:27:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Geviertstriche werden als Halbgeviertstriche wiedergegeben.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/108
Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/108>, abgerufen am 27.11.2024.