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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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abläuft und dabei doch nicht ermüdend wird, da die Abwechselung der niedlichsten Kleinigkeiten, des üppigen Wachsthums der Büsche, des prächtigen Schattens der Bäume mit den großen Aussichten in die düstere Schlucht hinab oder auf hohe Bergfirsten und die Zinnen des Rhätico, die im Mittag aufsteigen, immer aufs neue wieder anzieht. Nicht zu vergessen sind dabei jene engen lebensvollen Gemälde, die da entgegentreten wo an den gießenden Bächen, die vom Felsen herunterfallen und ins Laubdunkel abwärts stürzen, sich die sprudelnden Mühlwerke angebaut haben, überragt von rothem Gestein, umgeben von kleinen Hausgärten, von Mauern und Zäunen, von Brücken und gefährlichen Stegen, geräuschvoll durch das Plaudern der Brunnen, das Kreischen der Sägen, das Schnurren der Mühlgänge, den Fall der Wasser, durch Kindergeschrei, Hundegebell und Hühnergackern.

Eine Stunde etwa vor dem Ausgang des Thales erhebt das Klösterlein St. Gerold sein graues Dach aus der Mitte hoher Ahornbäume, friedlich stillen Anblicks in der großen Berglandschaft. Die Abendsonne fiel auf seine Zinnen und glänzte in seinen Fenstern, und so nahm es sich gerade aus wie eine Illustration zu jener bekanntesten aller deutschen Balladen. Es hat da in den Tagen Kaiser Otto's I ein frommer Einsiedler gelebt, Gerold mit Namen, der nach der Legende aus dem Hause der Herzoge von Sachsen und ein Verwandter des Kaisers gewesen seyn soll. Andere lassen ihn nicht so weit herkommen, sondern nur aus dem rheinthalischen Geschlecht der Herren von Sax, obgleich man zur Bekräftigung der Legende da und dort den sächsischen Rautenschild angebracht sieht. Damals hieß die Gegend wo jetzt das Kloster steht, Frasuna, und dieß Gebiet das Graf Otto von Jagdberg dem Einsiedler geschenkt hatte, vergabte dieser vor seinem Tod an die Abtei zu Einsiedeln, welche es auch als reichsfreie Herrschaft bis zum Untergang des deutschen Reichs besaß. Jetzt sind die Gebäude und die Seelsorge wieder dem Stift zurückgegeben, und dasselbe läßt hier drei Benedictiner wohnen. Die Herren "wirthen" selbst, wie die Schwaben

abläuft und dabei doch nicht ermüdend wird, da die Abwechselung der niedlichsten Kleinigkeiten, des üppigen Wachsthums der Büsche, des prächtigen Schattens der Bäume mit den großen Aussichten in die düstere Schlucht hinab oder auf hohe Bergfirsten und die Zinnen des Rhätico, die im Mittag aufsteigen, immer aufs neue wieder anzieht. Nicht zu vergessen sind dabei jene engen lebensvollen Gemälde, die da entgegentreten wo an den gießenden Bächen, die vom Felsen herunterfallen und ins Laubdunkel abwärts stürzen, sich die sprudelnden Mühlwerke angebaut haben, überragt von rothem Gestein, umgeben von kleinen Hausgärten, von Mauern und Zäunen, von Brücken und gefährlichen Stegen, geräuschvoll durch das Plaudern der Brunnen, das Kreischen der Sägen, das Schnurren der Mühlgänge, den Fall der Wasser, durch Kindergeschrei, Hundegebell und Hühnergackern.

Eine Stunde etwa vor dem Ausgang des Thales erhebt das Klösterlein St. Gerold sein graues Dach aus der Mitte hoher Ahornbäume, friedlich stillen Anblicks in der großen Berglandschaft. Die Abendsonne fiel auf seine Zinnen und glänzte in seinen Fenstern, und so nahm es sich gerade aus wie eine Illustration zu jener bekanntesten aller deutschen Balladen. Es hat da in den Tagen Kaiser Otto’s I ein frommer Einsiedler gelebt, Gerold mit Namen, der nach der Legende aus dem Hause der Herzoge von Sachsen und ein Verwandter des Kaisers gewesen seyn soll. Andere lassen ihn nicht so weit herkommen, sondern nur aus dem rheinthalischen Geschlecht der Herren von Sax, obgleich man zur Bekräftigung der Legende da und dort den sächsischen Rautenschild angebracht sieht. Damals hieß die Gegend wo jetzt das Kloster steht, Frasuna, und dieß Gebiet das Graf Otto von Jagdberg dem Einsiedler geschenkt hatte, vergabte dieser vor seinem Tod an die Abtei zu Einsiedeln, welche es auch als reichsfreie Herrschaft bis zum Untergang des deutschen Reichs besaß. Jetzt sind die Gebäude und die Seelsorge wieder dem Stift zurückgegeben, und dasselbe läßt hier drei Benedictiner wohnen. Die Herren „wirthen" selbst, wie die Schwaben

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[102/0107] abläuft und dabei doch nicht ermüdend wird, da die Abwechselung der niedlichsten Kleinigkeiten, des üppigen Wachsthums der Büsche, des prächtigen Schattens der Bäume mit den großen Aussichten in die düstere Schlucht hinab oder auf hohe Bergfirsten und die Zinnen des Rhätico, die im Mittag aufsteigen, immer aufs neue wieder anzieht. Nicht zu vergessen sind dabei jene engen lebensvollen Gemälde, die da entgegentreten wo an den gießenden Bächen, die vom Felsen herunterfallen und ins Laubdunkel abwärts stürzen, sich die sprudelnden Mühlwerke angebaut haben, überragt von rothem Gestein, umgeben von kleinen Hausgärten, von Mauern und Zäunen, von Brücken und gefährlichen Stegen, geräuschvoll durch das Plaudern der Brunnen, das Kreischen der Sägen, das Schnurren der Mühlgänge, den Fall der Wasser, durch Kindergeschrei, Hundegebell und Hühnergackern. Eine Stunde etwa vor dem Ausgang des Thales erhebt das Klösterlein St. Gerold sein graues Dach aus der Mitte hoher Ahornbäume, friedlich stillen Anblicks in der großen Berglandschaft. Die Abendsonne fiel auf seine Zinnen und glänzte in seinen Fenstern, und so nahm es sich gerade aus wie eine Illustration zu jener bekanntesten aller deutschen Balladen. Es hat da in den Tagen Kaiser Otto’s I ein frommer Einsiedler gelebt, Gerold mit Namen, der nach der Legende aus dem Hause der Herzoge von Sachsen und ein Verwandter des Kaisers gewesen seyn soll. Andere lassen ihn nicht so weit herkommen, sondern nur aus dem rheinthalischen Geschlecht der Herren von Sax, obgleich man zur Bekräftigung der Legende da und dort den sächsischen Rautenschild angebracht sieht. Damals hieß die Gegend wo jetzt das Kloster steht, Frasuna, und dieß Gebiet das Graf Otto von Jagdberg dem Einsiedler geschenkt hatte, vergabte dieser vor seinem Tod an die Abtei zu Einsiedeln, welche es auch als reichsfreie Herrschaft bis zum Untergang des deutschen Reichs besaß. Jetzt sind die Gebäude und die Seelsorge wieder dem Stift zurückgegeben, und dasselbe läßt hier drei Benedictiner wohnen. Die Herren „wirthen" selbst, wie die Schwaben

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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/107>, abgerufen am 23.11.2024.