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Steinthal, Heymann: Grammatik, Logik und Psychologie. Ihre Principien und ihr Verhältniss zu einander. Berlin, 1855.

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Form; insofern sie aber auf der Beziehung des Allgemeinen
und Besondern beruhen, bilden sie seine logische Form. Bei
der grammatischen Form nun bringt Becker (§. 47.) die
Denkformen des Gegensatzes*), der Causalität, Möglichkeit
und Nothwendigkeit zur Sprache und die Anschauungsformen
des Raumes und der Zeit. Rücksichtlich der logischen Form
wird bemerkt (§. 46. S. 163): "Durch die Unterordnung der
Factoren wird das prädicative Verhältniß (der Satz) zu einer
Einheit des Gedankens, und das attributive und objective
Satzverhältniß zu einer Einheit des Begriffes verbunden:
weil aber jedes attributive und objective Satzverhältniß selbst
ein Factor des prädicativen Satzverhältnisses ist; so wird
durch die Unterordnung der Factoren jedes Glied eines Satz-
verhältnisses in die Einheit des Gedankens aufgenommen."
Es ist also die logische Form, vermöge welcher in dem Satze:
der wahre Mensch liebt die Tugend das attributive Verhältniß:
der wahre Mensch und das objective: liebt die Tugend zur Ein-
heit des Begriffs, und dann wiederum beide im prädicativen
Verhältnisse zur Einheit des Gedankens verbunden sind. Daß
aber im vorliegenden Satze eine Bejahung liegt, eine Wirk-
lichkeit, nicht Möglichkeit oder Nothwendigkeit, daß Mensch
und Tugend ein Sein, liebt eine Thätigkeit, wahr eine Qualität
ist: das macht die grammatische Form aus. Man sieht also,
daß nothwendig logische und grammatische Form immer neben
einander im Satze vorhanden sind und nur hervortreten, je nach-
dem wir das Verhältniß zwischen Thätigkeit und Sein oder
Allgemeinem und Besonderm zum Gesichtspunkte wählen. Hier-
gegen wäre nichts einzuwenden und wir fahren mit Becker fort
(§. 100.):

"Wie die Sprache zwei Wörter in einer Zusammensetzung
oder auch in einem Satzverhältnisse dergestalt mit einander ver-
bindet, daß sie nur einen Begriff ausdrücken; so verbindet sie
auch vielfältig zwei Sätze in einem zusammengesetzten Satze,
der nun als der Ausdruck nur eines Gedankens aufgefaßt wird."
Ferner aber ist natürlich auch "die Zusammensetzung der Sätze
dadurch bedingt, daß die Sätze mit einander in gewissem Ver-

*) Der Gegensatz beruht nur auf dem Verhältnisse von Allgemeinem und
Besonderm, würde also zur logischen Form gehören. Doch diese Einwendung
will wenig sagen; ist doch sogar Sein und Thätigkeit, worauf die gramma-
tische Form beruhen soll, von Besonderm und Allgemeinem nicht verschieden.

Form; insofern sie aber auf der Beziehung des Allgemeinen
und Besondern beruhen, bilden sie seine logische Form. Bei
der grammatischen Form nun bringt Becker (§. 47.) die
Denkformen des Gegensatzes*), der Causalität, Möglichkeit
und Nothwendigkeit zur Sprache und die Anschauungsformen
des Raumes und der Zeit. Rücksichtlich der logischen Form
wird bemerkt (§. 46. S. 163): „Durch die Unterordnung der
Factoren wird das prädicative Verhältniß (der Satz) zu einer
Einheit des Gedankens, und das attributive und objective
Satzverhältniß zu einer Einheit des Begriffes verbunden:
weil aber jedes attributive und objective Satzverhältniß selbst
ein Factor des prädicativen Satzverhältnisses ist; so wird
durch die Unterordnung der Factoren jedes Glied eines Satz-
verhältnisses in die Einheit des Gedankens aufgenommen.“
Es ist also die logische Form, vermöge welcher in dem Satze:
der wahre Mensch liebt die Tugend das attributive Verhältniß:
der wahre Mensch und das objective: liebt die Tugend zur Ein-
heit des Begriffs, und dann wiederum beide im prädicativen
Verhältnisse zur Einheit des Gedankens verbunden sind. Daß
aber im vorliegenden Satze eine Bejahung liegt, eine Wirk-
lichkeit, nicht Möglichkeit oder Nothwendigkeit, daß Mensch
und Tugend ein Sein, liebt eine Thätigkeit, wahr eine Qualität
ist: das macht die grammatische Form aus. Man sieht also,
daß nothwendig logische und grammatische Form immer neben
einander im Satze vorhanden sind und nur hervortreten, je nach-
dem wir das Verhältniß zwischen Thätigkeit und Sein oder
Allgemeinem und Besonderm zum Gesichtspunkte wählen. Hier-
gegen wäre nichts einzuwenden und wir fahren mit Becker fort
(§. 100.):

„Wie die Sprache zwei Wörter in einer Zusammensetzung
oder auch in einem Satzverhältnisse dergestalt mit einander ver-
bindet, daß sie nur einen Begriff ausdrücken; so verbindet sie
auch vielfältig zwei Sätze in einem zusammengesetzten Satze,
der nun als der Ausdruck nur eines Gedankens aufgefaßt wird.“
Ferner aber ist natürlich auch „die Zusammensetzung der Sätze
dadurch bedingt, daß die Sätze mit einander in gewissem Ver-

*) Der Gegensatz beruht nur auf dem Verhältnisse von Allgemeinem und
Besonderm, würde also zur logischen Form gehören. Doch diese Einwendung
will wenig sagen; ist doch sogar Sein und Thätigkeit, worauf die gramma-
tische Form beruhen soll, von Besonderm und Allgemeinem nicht verschieden.
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[180/0218] Form; insofern sie aber auf der Beziehung des Allgemeinen und Besondern beruhen, bilden sie seine logische Form. Bei der grammatischen Form nun bringt Becker (§. 47.) die Denkformen des Gegensatzes *), der Causalität, Möglichkeit und Nothwendigkeit zur Sprache und die Anschauungsformen des Raumes und der Zeit. Rücksichtlich der logischen Form wird bemerkt (§. 46. S. 163): „Durch die Unterordnung der Factoren wird das prädicative Verhältniß (der Satz) zu einer Einheit des Gedankens, und das attributive und objective Satzverhältniß zu einer Einheit des Begriffes verbunden: weil aber jedes attributive und objective Satzverhältniß selbst ein Factor des prädicativen Satzverhältnisses ist; so wird durch die Unterordnung der Factoren jedes Glied eines Satz- verhältnisses in die Einheit des Gedankens aufgenommen.“ Es ist also die logische Form, vermöge welcher in dem Satze: der wahre Mensch liebt die Tugend das attributive Verhältniß: der wahre Mensch und das objective: liebt die Tugend zur Ein- heit des Begriffs, und dann wiederum beide im prädicativen Verhältnisse zur Einheit des Gedankens verbunden sind. Daß aber im vorliegenden Satze eine Bejahung liegt, eine Wirk- lichkeit, nicht Möglichkeit oder Nothwendigkeit, daß Mensch und Tugend ein Sein, liebt eine Thätigkeit, wahr eine Qualität ist: das macht die grammatische Form aus. Man sieht also, daß nothwendig logische und grammatische Form immer neben einander im Satze vorhanden sind und nur hervortreten, je nach- dem wir das Verhältniß zwischen Thätigkeit und Sein oder Allgemeinem und Besonderm zum Gesichtspunkte wählen. Hier- gegen wäre nichts einzuwenden und wir fahren mit Becker fort (§. 100.): „Wie die Sprache zwei Wörter in einer Zusammensetzung oder auch in einem Satzverhältnisse dergestalt mit einander ver- bindet, daß sie nur einen Begriff ausdrücken; so verbindet sie auch vielfältig zwei Sätze in einem zusammengesetzten Satze, der nun als der Ausdruck nur eines Gedankens aufgefaßt wird.“ Ferner aber ist natürlich auch „die Zusammensetzung der Sätze dadurch bedingt, daß die Sätze mit einander in gewissem Ver- *) Der Gegensatz beruht nur auf dem Verhältnisse von Allgemeinem und Besonderm, würde also zur logischen Form gehören. Doch diese Einwendung will wenig sagen; ist doch sogar Sein und Thätigkeit, worauf die gramma- tische Form beruhen soll, von Besonderm und Allgemeinem nicht verschieden.

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Zitationshilfe: Steinthal, Heymann: Grammatik, Logik und Psychologie. Ihre Principien und ihr Verhältniss zu einander. Berlin, 1855, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinthal_grammatik_1855/218>, abgerufen am 22.11.2024.