ihn sogar, principiell wenigstens, anerkennen müssen; man wollte sich nur nicht von der allgemeinen Grammatik in die besondere hineinreden lassen, und noch weniger die allgemeine als die wichtigere oder gar als die allein wichtige angesehen wissen: da sie doch vielmehr nur ein Organon der historischen Sprachwis- senschaft sein sollte. Potts Verdienste um eine vernünftige Auf- fassung der Sprache warten nicht auf des Verfassers Anerken- nung. Käme es darauf an, daß wir diese besonders aussprä- chen, wir würden uns wahrlich nicht begnügen, ihn denjenigen Sprachforscher zu nennen, der unter allen die meisten Sprachen kennt; wir würden Besseres von ihm zu sagen wissen; denn er strebt nach höherem Ruhme. Die gemeinsame Grundlage Bek- kers aber und der Historiker, auch Potts, zeigt sich in ihrem gemeinsamen Widerspruche gegen unsere Ansicht, welche den logischen Boden, auf dem beide stehen, gänzlich verläßt.
Darum muß es uns bedeutsamer erscheinen, daß ein Sprach- philosoph auf philosophischem Boden sich der Beckerschen An- sicht entgegenstellt. Dies ist Heyse. Der volle und reine Ausdruck seines Systems ist leider noch nicht veröffentlicht. Jedoch schadet es vielleicht nicht viel, daß es so lange auf sich warten läßt; denn der größte Theil des Publicums scheint noch wenig vorbereitet, seine Ideen zu würdigen. Das hat sich in der Aufnahme seines Wörterbuches und seiner Grammatik der deutschen Sprache gezeigt. Wiewohl diese Werke nicht der stren- gen Wissenschaft angehören, so hätten sie doch mehr Beachtung verdient, als ihnen gewidmet worden ist. Namentlich würde Jacob Grimm, wenn er Heyses Wörterbuch einer näheren Prüfung unterzogen hätte oder bei seiner jede andere ausschlie- ßenden Richtung die eigenthümlichen Leistungen dieses Sprach- forschers überhaupt gehörig zu würdigen vermöchte, jene durch- aus selbstständige, gründliche Arbeit schwerlich in eine Reihe mit fabrikmäßig angefertigten Auszügen und Compilationen ge- stellt und mit diesen in Bausch und Bogen als nutz- und werth- los verurtheilt haben. Ich kenne Grimms hohe Bedeutung und habe daher seine Schrift: über den Ursprung der Sprache, die in der That nur in sofern von Interesse ist, als sie die Unzu- länglichkeit des historischen Standpunktes zur Lösung solcher
ihn sogar, principiell wenigstens, anerkennen müssen; man wollte sich nur nicht von der allgemeinen Grammatik in die besondere hineinreden lassen, und noch weniger die allgemeine als die wichtigere oder gar als die allein wichtige angesehen wissen: da sie doch vielmehr nur ein Organon der historischen Sprachwis- senschaft sein sollte. Potts Verdienste um eine vernünftige Auf- fassung der Sprache warten nicht auf des Verfassers Anerken- nung. Käme es darauf an, daß wir diese besonders aussprä- chen, wir würden uns wahrlich nicht begnügen, ihn denjenigen Sprachforscher zu nennen, der unter allen die meisten Sprachen kennt; wir würden Besseres von ihm zu sagen wissen; denn er strebt nach höherem Ruhme. Die gemeinsame Grundlage Bek- kers aber und der Historiker, auch Potts, zeigt sich in ihrem gemeinsamen Widerspruche gegen unsere Ansicht, welche den logischen Boden, auf dem beide stehen, gänzlich verläßt.
Darum muß es uns bedeutsamer erscheinen, daß ein Sprach- philosoph auf philosophischem Boden sich der Beckerschen An- sicht entgegenstellt. Dies ist Heyse. Der volle und reine Ausdruck seines Systems ist leider noch nicht veröffentlicht. Jedoch schadet es vielleicht nicht viel, daß es so lange auf sich warten läßt; denn der größte Theil des Publicums scheint noch wenig vorbereitet, seine Ideen zu würdigen. Das hat sich in der Aufnahme seines Wörterbuches und seiner Grammatik der deutschen Sprache gezeigt. Wiewohl diese Werke nicht der stren- gen Wissenschaft angehören, so hätten sie doch mehr Beachtung verdient, als ihnen gewidmet worden ist. Namentlich würde Jacob Grimm, wenn er Heyses Wörterbuch einer näheren Prüfung unterzogen hätte oder bei seiner jede andere ausschlie- ßenden Richtung die eigenthümlichen Leistungen dieses Sprach- forschers überhaupt gehörig zu würdigen vermöchte, jene durch- aus selbstständige, gründliche Arbeit schwerlich in eine Reihe mit fabrikmäßig angefertigten Auszügen und Compilationen ge- stellt und mit diesen in Bausch und Bogen als nutz- und werth- los verurtheilt haben. Ich kenne Grimms hohe Bedeutung und habe daher seine Schrift: über den Ursprung der Sprache, die in der That nur in sofern von Interesse ist, als sie die Unzu- länglichkeit des historischen Standpunktes zur Lösung solcher
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[XIII/0019]
ihn sogar, principiell wenigstens, anerkennen müssen; man wollte
sich nur nicht von der allgemeinen Grammatik in die besondere
hineinreden lassen, und noch weniger die allgemeine als die
wichtigere oder gar als die allein wichtige angesehen wissen: da
sie doch vielmehr nur ein Organon der historischen Sprachwis-
senschaft sein sollte. Potts Verdienste um eine vernünftige Auf-
fassung der Sprache warten nicht auf des Verfassers Anerken-
nung. Käme es darauf an, daß wir diese besonders aussprä-
chen, wir würden uns wahrlich nicht begnügen, ihn denjenigen
Sprachforscher zu nennen, der unter allen die meisten Sprachen
kennt; wir würden Besseres von ihm zu sagen wissen; denn er
strebt nach höherem Ruhme. Die gemeinsame Grundlage Bek-
kers aber und der Historiker, auch Potts, zeigt sich in ihrem
gemeinsamen Widerspruche gegen unsere Ansicht, welche den
logischen Boden, auf dem beide stehen, gänzlich verläßt.
Darum muß es uns bedeutsamer erscheinen, daß ein Sprach-
philosoph auf philosophischem Boden sich der Beckerschen An-
sicht entgegenstellt. Dies ist Heyse. Der volle und reine
Ausdruck seines Systems ist leider noch nicht veröffentlicht.
Jedoch schadet es vielleicht nicht viel, daß es so lange auf sich
warten läßt; denn der größte Theil des Publicums scheint noch
wenig vorbereitet, seine Ideen zu würdigen. Das hat sich in
der Aufnahme seines Wörterbuches und seiner Grammatik der
deutschen Sprache gezeigt. Wiewohl diese Werke nicht der stren-
gen Wissenschaft angehören, so hätten sie doch mehr Beachtung
verdient, als ihnen gewidmet worden ist. Namentlich würde
Jacob Grimm, wenn er Heyses Wörterbuch einer näheren
Prüfung unterzogen hätte oder bei seiner jede andere ausschlie-
ßenden Richtung die eigenthümlichen Leistungen dieses Sprach-
forschers überhaupt gehörig zu würdigen vermöchte, jene durch-
aus selbstständige, gründliche Arbeit schwerlich in eine Reihe
mit fabrikmäßig angefertigten Auszügen und Compilationen ge-
stellt und mit diesen in Bausch und Bogen als nutz- und werth-
los verurtheilt haben. Ich kenne Grimms hohe Bedeutung und
habe daher seine Schrift: über den Ursprung der Sprache, die
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Steinthal, Heymann: Grammatik, Logik und Psychologie. Ihre Principien und ihr Verhältniss zu einander. Berlin, 1855, S. XIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinthal_grammatik_1855/19>, abgerufen am 11.12.2024.
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