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Steinthal, Heymann: Grammatik, Logik und Psychologie. Ihre Principien und ihr Verhältniss zu einander. Berlin, 1855.

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und ein Specifisches in Einheit liegen. Ohne diesen Verknüpfungs-
punkt gefunden zu haben, geht man immer um die Sachen herum,
zwischen die Sachen hindurch, ohne ihr Wesen zu berühren.
Eine solche Bewegung geschieht mit subjectiver Willkür nach
leeren logischen Formen. Die objectiven Beziehungen bleiben
unbeachtet; dagegen werden zufällig einzelne Seiten der Dinge
aus ihrem wirklichen Zusammenhange gelöst und in subjective,
logische, der Sache selbst aber fremdartige Beziehungen versetzt
und damit verfälscht, insofern und wenn sie einen Inhalt haben.
Meist aber werden sie alles Inhalts baar sein. Wir werden im
Folgenden zeigen, daß Beckers Grammatik, insofern sie einen
Inhalt hat, einen falschen hat, meist aber inhaltslos, leeres For-
melspiel ist. Sein Vorschreiten ist theils Schein, nämlich Tau-
tologie, theils ein Hindurchschreiten durch die Reihen der Dinge,
welche er in die logische Form des Gegensatzes einander ge-
genübergestellt hat. Nicht logisch, -- mit der Aeußerlichkeit,
den Formeln der Logik schreitet er vor. Dem wirklichen In-
halte nach ist sein Princip nicht die Form des Gegensatzes, son-
dern nur willkürliches inhaltsloses Entgegenstellen zweier belie-
biger Elemente. So haben wir schon gesehen, wie er Muskel
und Nerv aus dem organischen Zusammenhange mit den Kno-
chen, den blutführenden Adern, kurz aus dem lebendigen Leibe
herausreißt, um sie in einen polaren Gegensatz zu bringen, auf
welchen er den Organismus gründet.

a) Beckers Mangel an Dialektik.
§ 30. Dialektik nach Trendelenburg.

Schon oben haben wir gelegentlich an Humboldt die Dia-
lektik gerühmt und ihren Mangel bei Becker getadelt. Der
ganze Zusammenhang zwar, in welchem dieser Vorwurf von uns
gegen Becker ausgesprochen ist, verhütet wohl schon an sich,
daß man ihn, bei dem Verrufe, in welchem die Dialektik als
Sophistik steht, zum Ruhme Beckers wendet. Es wird aber des-
senungeachtet gut sein, die Bedeutung und Nothwendigkeit der
Dialektik weiter darzulegen, und damit zugleich zu zeigen, welch
ein wesentlicher Mangel es an Becker ist, daß er von ihr keine
Spur hat. Wir wollen hierbei wieder von Trendelenburg aus-
gehen. Becker selbst hat sich auf ihn berufen, uns an ihn ver-
wiesen. Wie so oft die unberechtigt herbeigerufene Hülfe die
Vernichtung, der sie vorbeugen soll, beschleunigt, so soll uns

und ein Specifisches in Einheit liegen. Ohne diesen Verknüpfungs-
punkt gefunden zu haben, geht man immer um die Sachen herum,
zwischen die Sachen hindurch, ohne ihr Wesen zu berühren.
Eine solche Bewegung geschieht mit subjectiver Willkür nach
leeren logischen Formen. Die objectiven Beziehungen bleiben
unbeachtet; dagegen werden zufällig einzelne Seiten der Dinge
aus ihrem wirklichen Zusammenhange gelöst und in subjective,
logische, der Sache selbst aber fremdartige Beziehungen versetzt
und damit verfälscht, insofern und wenn sie einen Inhalt haben.
Meist aber werden sie alles Inhalts baar sein. Wir werden im
Folgenden zeigen, daß Beckers Grammatik, insofern sie einen
Inhalt hat, einen falschen hat, meist aber inhaltslos, leeres For-
melspiel ist. Sein Vorschreiten ist theils Schein, nämlich Tau-
tologie, theils ein Hindurchschreiten durch die Reihen der Dinge,
welche er in die logische Form des Gegensatzes einander ge-
genübergestellt hat. Nicht logisch, — mit der Aeußerlichkeit,
den Formeln der Logik schreitet er vor. Dem wirklichen In-
halte nach ist sein Princip nicht die Form des Gegensatzes, son-
dern nur willkürliches inhaltsloses Entgegenstellen zweier belie-
biger Elemente. So haben wir schon gesehen, wie er Muskel
und Nerv aus dem organischen Zusammenhange mit den Kno-
chen, den blutführenden Adern, kurz aus dem lebendigen Leibe
herausreißt, um sie in einen polaren Gegensatz zu bringen, auf
welchen er den Organismus gründet.

a) Beckers Mangel an Dialektik.
§ 30. Dialektik nach Trendelenburg.

Schon oben haben wir gelegentlich an Humboldt die Dia-
lektik gerühmt und ihren Mangel bei Becker getadelt. Der
ganze Zusammenhang zwar, in welchem dieser Vorwurf von uns
gegen Becker ausgesprochen ist, verhütet wohl schon an sich,
daß man ihn, bei dem Verrufe, in welchem die Dialektik als
Sophistik steht, zum Ruhme Beckers wendet. Es wird aber des-
senungeachtet gut sein, die Bedeutung und Nothwendigkeit der
Dialektik weiter darzulegen, und damit zugleich zu zeigen, welch
ein wesentlicher Mangel es an Becker ist, daß er von ihr keine
Spur hat. Wir wollen hierbei wieder von Trendelenburg aus-
gehen. Becker selbst hat sich auf ihn berufen, uns an ihn ver-
wiesen. Wie so oft die unberechtigt herbeigerufene Hülfe die
Vernichtung, der sie vorbeugen soll, beschleunigt, so soll uns

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[66/0104] und ein Specifisches in Einheit liegen. Ohne diesen Verknüpfungs- punkt gefunden zu haben, geht man immer um die Sachen herum, zwischen die Sachen hindurch, ohne ihr Wesen zu berühren. Eine solche Bewegung geschieht mit subjectiver Willkür nach leeren logischen Formen. Die objectiven Beziehungen bleiben unbeachtet; dagegen werden zufällig einzelne Seiten der Dinge aus ihrem wirklichen Zusammenhange gelöst und in subjective, logische, der Sache selbst aber fremdartige Beziehungen versetzt und damit verfälscht, insofern und wenn sie einen Inhalt haben. Meist aber werden sie alles Inhalts baar sein. Wir werden im Folgenden zeigen, daß Beckers Grammatik, insofern sie einen Inhalt hat, einen falschen hat, meist aber inhaltslos, leeres For- melspiel ist. Sein Vorschreiten ist theils Schein, nämlich Tau- tologie, theils ein Hindurchschreiten durch die Reihen der Dinge, welche er in die logische Form des Gegensatzes einander ge- genübergestellt hat. Nicht logisch, — mit der Aeußerlichkeit, den Formeln der Logik schreitet er vor. Dem wirklichen In- halte nach ist sein Princip nicht die Form des Gegensatzes, son- dern nur willkürliches inhaltsloses Entgegenstellen zweier belie- biger Elemente. So haben wir schon gesehen, wie er Muskel und Nerv aus dem organischen Zusammenhange mit den Kno- chen, den blutführenden Adern, kurz aus dem lebendigen Leibe herausreißt, um sie in einen polaren Gegensatz zu bringen, auf welchen er den Organismus gründet. a) Beckers Mangel an Dialektik. § 30. Dialektik nach Trendelenburg. Schon oben haben wir gelegentlich an Humboldt die Dia- lektik gerühmt und ihren Mangel bei Becker getadelt. Der ganze Zusammenhang zwar, in welchem dieser Vorwurf von uns gegen Becker ausgesprochen ist, verhütet wohl schon an sich, daß man ihn, bei dem Verrufe, in welchem die Dialektik als Sophistik steht, zum Ruhme Beckers wendet. Es wird aber des- senungeachtet gut sein, die Bedeutung und Nothwendigkeit der Dialektik weiter darzulegen, und damit zugleich zu zeigen, welch ein wesentlicher Mangel es an Becker ist, daß er von ihr keine Spur hat. Wir wollen hierbei wieder von Trendelenburg aus- gehen. Becker selbst hat sich auf ihn berufen, uns an ihn ver- wiesen. Wie so oft die unberechtigt herbeigerufene Hülfe die Vernichtung, der sie vorbeugen soll, beschleunigt, so soll uns

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Zitationshilfe: Steinthal, Heymann: Grammatik, Logik und Psychologie. Ihre Principien und ihr Verhältniss zu einander. Berlin, 1855, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinthal_grammatik_1855/104>, abgerufen am 22.11.2024.