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Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894.

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strichen gleich, er ist überall düster, schweigsam, in sich gekehrt und auf eine
gewisse würdevolle Haltung bedacht."

Für die Bakairi treffen diese Prädikate in keiner Weise zu, sie waren
heiter, redselig und zutraulich, wie ich sie in ihrem Verkehr untereinander be-
obachtete, und wie sie sich mir allein gegenüber gaben. Ich werde die Beispiele
dafür nicht schuldig bleiben, ich habe in diesem Dorfe fast ebenso viel gelacht
und lachen gehört als unter den Kokospalmen von Samoa und Tonga. Es ist
richtig, das Temperament ist weniger beweglich und die ganze Lebensauffassung
weniger sonnig als bei den Kindern der Südsee, die Mädchen tanzen nicht im
Mondschein und die Männer singen nicht auf der Kanufahrt; leichter wird Scheu
und Misstrauen geweckt, aber von alledem ist es ein weiter Weg zu der Schwer-
mut und Verschlossenheit, die dem Indianer, als ob es zwischen Berings- und
Magalhaesstrasse nur eine einzige Familie gäbe, ebenso wie das schwarze Ross-
haar und die mongolischen Augen, dem Anschein nach ein für alle Mal zuge-
sprochen werden sollen.

Das "Dorf" war sehr klein, es bestand aus zwei grossen runden Häusern,
in deren jedem mehrere Familien wohnten, und einem kleinen, leeren, etwas
baufälligen oblongen Hause, in dem ich meine Residenz aufschlug. Zwischen
den Häusern erstreckte sich die "tasera", ein freier Platz, wo einige Gerüste
standen, um das weisse, auf Matten ausgebreitete Mandiokamehl zu trocknen, wo
in der Mitte ein langer dünner Sitzbalken lag und nach dem Rande zu etliche
Baumwollstauden, Orleanssträucher (Bixa Orellana) und Ricinuspflanzen wuchsen.
Ringsum waren zahlreiche Obstbäume angepflanzt, Bakayuvapalmen (Acrocomia),
Mangaven (Hancornia speciosa), Fruta de lobo (Solanum lycocarpum), und eine
Art Allee von stattlichen Piki-Bäumen (Caryocar butyrosum). Nach Osten führte
ein Weg zum "Hafen" über den nahebei befindlichen Bach hinüber, nach Nord-
osten ein breiter Pfad durch hohes Sape-Gras, mit dem die Häuser gedeckt
werden, zu der unterhalb gelegenen Stromschnelle, nach Süden ein Pfad zu der
Mandioka-Pflanzung, und überall trat hoher Wald dicht an die besiedelte und
bepflanzte Lichtung heran.

Die Gemeinde zählte 9 Männer, 7 Frauen, 5 Kinder. Die Namen der
Männer waren: Tumayaua, der Häuptling, unser Führer, dem in erster Linie
die Sorge um die Pflanzung oblag (Tafel 6), Paleko, sein Vater, ein reizender
alter Herr, mit dem ich enge Freundschaft schloss und der an seinem Lebens-
abend Körbe und Reusen flocht, Alakuai, der pfiffige Zimmermann und Kanu-
bauer, Awia, der Maler, Yapü, der Dicke, Kalawaku, der Bescheidene
und die jungen Männer Kulekule, Luchu (Tafel 6) und Pauhaga. Es
unter ihnen einigen Tagen noch ein paar Besucher aus dem zweiten Dorf hinzu,
kamen nach Einer, dessen Eltern früh gestorben waren, der deshalb -- keinen
Namen hatte.

Namen der Frauen waren nicht zu erfahren: "pekoto ura" lautete regel-
mässig die Antwort "ich bin eine Frau". So musste ich hier meine eigenen Be-

strichen gleich, er ist überall düster, schweigsam, in sich gekehrt und auf eine
gewisse würdevolle Haltung bedacht.«

Für die Bakaïrí treffen diese Prädikate in keiner Weise zu, sie waren
heiter, redselig und zutraulich, wie ich sie in ihrem Verkehr untereinander be-
obachtete, und wie sie sich mir allein gegenüber gaben. Ich werde die Beispiele
dafür nicht schuldig bleiben, ich habe in diesem Dorfe fast ebenso viel gelacht
und lachen gehört als unter den Kokospalmen von Samoa und Tonga. Es ist
richtig, das Temperament ist weniger beweglich und die ganze Lebensauffassung
weniger sonnig als bei den Kindern der Südsee, die Mädchen tanzen nicht im
Mondschein und die Männer singen nicht auf der Kanufahrt; leichter wird Scheu
und Misstrauen geweckt, aber von alledem ist es ein weiter Weg zu der Schwer-
mut und Verschlossenheit, die dem Indianer, als ob es zwischen Berings- und
Magalhãesstrasse nur eine einzige Familie gäbe, ebenso wie das schwarze Ross-
haar und die mongolischen Augen, dem Anschein nach ein für alle Mal zuge-
sprochen werden sollen.

Das »Dorf« war sehr klein, es bestand aus zwei grossen runden Häusern,
in deren jedem mehrere Familien wohnten, und einem kleinen, leeren, etwas
baufälligen oblongen Hause, in dem ich meine Residenz aufschlug. Zwischen
den Häusern erstreckte sich die »taséra«, ein freier Platz, wo einige Gerüste
standen, um das weisse, auf Matten ausgebreitete Mandiokamehl zu trocknen, wo
in der Mitte ein langer dünner Sitzbalken lag und nach dem Rande zu etliche
Baumwollstauden, Orléanssträucher (Bixa Orellana) und Ricinuspflanzen wuchsen.
Ringsum waren zahlreiche Obstbäume angepflanzt, Bakayuvapalmen (Acrocomia),
Mangaven (Hancornia speciosa), Fruta de lobo (Solanum lycocarpum), und eine
Art Allee von stattlichen Pikí-Bäumen (Caryocar butyrosum). Nach Osten führte
ein Weg zum »Hafen« über den nahebei befindlichen Bach hinüber, nach Nord-
osten ein breiter Pfad durch hohes Sapé-Gras, mit dem die Häuser gedeckt
werden, zu der unterhalb gelegenen Stromschnelle, nach Süden ein Pfad zu der
Mandioka-Pflanzung, und überall trat hoher Wald dicht an die besiedelte und
bepflanzte Lichtung heran.

Die Gemeinde zählte 9 Männer, 7 Frauen, 5 Kinder. Die Namen der
Männer waren: Tumayaua, der Häuptling, unser Führer, dem in erster Linie
die Sorge um die Pflanzung oblag (Tafel 6), Paleko, sein Vater, ein reizender
alter Herr, mit dem ich enge Freundschaft schloss und der an seinem Lebens-
abend Körbe und Reusen flocht, Alakuai, der pfiffige Zimmermann und Kanu-
bauer, Awia, der Maler, Yapü, der Dicke, Kalawaku, der Bescheidene
und die jungen Männer Kulekule, Luchu (Tafel 6) und Pauhaga. Es
unter ihnen einigen Tagen noch ein paar Besucher aus dem zweiten Dorf hinzu,
kamen nach Einer, dessen Eltern früh gestorben waren, der deshalb — keinen
Namen hatte.

Namen der Frauen waren nicht zu erfahren: »pekóto úra« lautete regel-
mässig die Antwort »ich bin eine Frau«. So musste ich hier meine eigenen Be-

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[57/0085] strichen gleich, er ist überall düster, schweigsam, in sich gekehrt und auf eine gewisse würdevolle Haltung bedacht.« Für die Bakaïrí treffen diese Prädikate in keiner Weise zu, sie waren heiter, redselig und zutraulich, wie ich sie in ihrem Verkehr untereinander be- obachtete, und wie sie sich mir allein gegenüber gaben. Ich werde die Beispiele dafür nicht schuldig bleiben, ich habe in diesem Dorfe fast ebenso viel gelacht und lachen gehört als unter den Kokospalmen von Samoa und Tonga. Es ist richtig, das Temperament ist weniger beweglich und die ganze Lebensauffassung weniger sonnig als bei den Kindern der Südsee, die Mädchen tanzen nicht im Mondschein und die Männer singen nicht auf der Kanufahrt; leichter wird Scheu und Misstrauen geweckt, aber von alledem ist es ein weiter Weg zu der Schwer- mut und Verschlossenheit, die dem Indianer, als ob es zwischen Berings- und Magalhãesstrasse nur eine einzige Familie gäbe, ebenso wie das schwarze Ross- haar und die mongolischen Augen, dem Anschein nach ein für alle Mal zuge- sprochen werden sollen. Das »Dorf« war sehr klein, es bestand aus zwei grossen runden Häusern, in deren jedem mehrere Familien wohnten, und einem kleinen, leeren, etwas baufälligen oblongen Hause, in dem ich meine Residenz aufschlug. Zwischen den Häusern erstreckte sich die »taséra«, ein freier Platz, wo einige Gerüste standen, um das weisse, auf Matten ausgebreitete Mandiokamehl zu trocknen, wo in der Mitte ein langer dünner Sitzbalken lag und nach dem Rande zu etliche Baumwollstauden, Orléanssträucher (Bixa Orellana) und Ricinuspflanzen wuchsen. Ringsum waren zahlreiche Obstbäume angepflanzt, Bakayuvapalmen (Acrocomia), Mangaven (Hancornia speciosa), Fruta de lobo (Solanum lycocarpum), und eine Art Allee von stattlichen Pikí-Bäumen (Caryocar butyrosum). Nach Osten führte ein Weg zum »Hafen« über den nahebei befindlichen Bach hinüber, nach Nord- osten ein breiter Pfad durch hohes Sapé-Gras, mit dem die Häuser gedeckt werden, zu der unterhalb gelegenen Stromschnelle, nach Süden ein Pfad zu der Mandioka-Pflanzung, und überall trat hoher Wald dicht an die besiedelte und bepflanzte Lichtung heran. Die Gemeinde zählte 9 Männer, 7 Frauen, 5 Kinder. Die Namen der Männer waren: Tumayaua, der Häuptling, unser Führer, dem in erster Linie die Sorge um die Pflanzung oblag (Tafel 6), Paleko, sein Vater, ein reizender alter Herr, mit dem ich enge Freundschaft schloss und der an seinem Lebens- abend Körbe und Reusen flocht, Alakuai, der pfiffige Zimmermann und Kanu- bauer, Awia, der Maler, Yapü, der Dicke, Kalawaku, der Bescheidene und die jungen Männer Kulekule, Luchu (Tafel 6) und Pauhaga. Es unter ihnen einigen Tagen noch ein paar Besucher aus dem zweiten Dorf hinzu, kamen nach Einer, dessen Eltern früh gestorben waren, der deshalb — keinen Namen hatte. Namen der Frauen waren nicht zu erfahren: »pekóto úra« lautete regel- mässig die Antwort »ich bin eine Frau«. So musste ich hier meine eigenen Be-

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Zitationshilfe: Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinen_naturvoelker_1894/85>, abgerufen am 25.11.2024.