Dach und Hauswand mitbrachten. Sie hatten die Tragkörbe zu je vier Stück an Hölzer gebunden und lenkten sie an Stricken wie die Pelota (vgl. S. 139). Die Tragkörbe wurden auf dem Rücken in einer Bastschlinge getragen, die vorn über die Stirn oder den Vorderkopf lief.
Kanus hatten die Bororo nicht. Sie nannten die Fahrzeuge der Brasilier ika -- dasselbe Wort, das sie für Aeste und Zweige (nicht Baumstämme: ipo) gebrauchten, wie sie deren für die Beförderung der Last zu kleinen Flössen zusammenzubinden gewohnt waren.
Hunde, von denen wir uns nach dem Beispiel unserer Vorfahren vor- zustellen pflegen, dass sie dem primitiven Jäger unentbehrlich seien, fehlten den Bororo nicht nur in ihrer Heimath, sie wurden auch jetzt kaum je gebraucht, wo sie ihnen leicht in grosser Zahl zur Verfügung gestanden hätten.
Auf die Vertheilung der Jagdbeute vermag ich erst später einzugehen.
Waffen. Bogen und Pfeile bezeichneten die höchste Entwickelung der Technik und waren mit einer ausserordentlichen Sauberkeit und Genauigkeit gearbeitet. Hier konnte man auf das deutlichste sehen, dass nur das Interesse da zu sein braucht, damit es auch an den Leistungen nicht fehle. Der Bogen war mit Ausnahme der Keule auch die einzige Kriegswaffe. Von den Bororo dos Campos wird berichtet, dass sie "selten" Lanzen gehabt hätten, mit Spitzen von Eisen, Knochen oder Stein. Die Keule des S. Lourenco war 1 1/3 m lang, ein ziemlich plattes Stück Palmholz, das 3--4 cm breit war und in ein Blatt von nur 5--6 cm Breite auslief.
Den gewöhnlichen Bogen baiga zeigt uns Figur 5 der Abbildung 137. Er hat eine Länge bis zu 1,9 m und ist in einer Breite von 1/3 m mit einem Palmfaserstrick umwunden, eine Reservesehne, die gewöhnlich die Fortsetzung der eingespannten Sehne bildet, vgl. Tafel 28. Prächtigen Federschmuck haben die bei festlichen Gelegenheiten von Häuptlingen getragenen und als feierliches Geschenk geltenden Bogen, deren Ausschmückung Fig. 1 verdeutlicht. Das Holz ist über und über mit bunten, entweder roten und gelben oder blauen und gelben Ararafederchen und weissen Dunen dazwischen beklebt, und das aufwärts gehaltene Ende krönt ein Büschel von gleichfarbigen Federn. Das bunte Büschel ziert zuweilen auch den gewöhnlichen Jagdbogen. Der glückliche Erleger eines Jaguars endlich wird durch den Bogen von Fig. 2 ausgezeichnet; an diesem sind ein Dutzend gelber Bändchen von Oaussu-Palmblatt (Attalea spectabilis) angebracht. Die Bogen haben einen ziemlich flachen Rücken, während die der Sehne zugewendete Fläche mehr konvex ist, umgekehrt wie bei den Paressibogen.
Die Pfeile haben einen Schaft entweder aus Kambayuvarohr oder aus dem eleganten schwarzen Seriba-Palmstroh (Avicennia). Den bleistiftdünnen Seriba- schäften ist ein Endstück aus Rohr angesetzt an dem die Schwanzfedern be- festigt sind; sie sind sorgsam mit durchlöcherten Bulimusmuscheln gehobelt und den wie Sandpapier rauhen Lischablättern feiner geglättet.
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Dach und Hauswand mitbrachten. Sie hatten die Tragkörbe zu je vier Stück an Hölzer gebunden und lenkten sie an Stricken wie die Pelota (vgl. S. 139). Die Tragkörbe wurden auf dem Rücken in einer Bastschlinge getragen, die vorn über die Stirn oder den Vorderkopf lief.
Kanus hatten die Bororó nicht. Sie nannten die Fahrzeuge der Brasilier ika — dasselbe Wort, das sie für Aeste und Zweige (nicht Baumstämme: ipó) gebrauchten, wie sie deren für die Beförderung der Last zu kleinen Flössen zusammenzubinden gewohnt waren.
Hunde, von denen wir uns nach dem Beispiel unserer Vorfahren vor- zustellen pflegen, dass sie dem primitiven Jäger unentbehrlich seien, fehlten den Bororó nicht nur in ihrer Heimath, sie wurden auch jetzt kaum je gebraucht, wo sie ihnen leicht in grosser Zahl zur Verfügung gestanden hätten.
Auf die Vertheilung der Jagdbeute vermag ich erst später einzugehen.
Waffen. Bogen und Pfeile bezeichneten die höchste Entwickelung der Technik und waren mit einer ausserordentlichen Sauberkeit und Genauigkeit gearbeitet. Hier konnte man auf das deutlichste sehen, dass nur das Interesse da zu sein braucht, damit es auch an den Leistungen nicht fehle. Der Bogen war mit Ausnahme der Keule auch die einzige Kriegswaffe. Von den Bororó dos Campos wird berichtet, dass sie »selten« Lanzen gehabt hätten, mit Spitzen von Eisen, Knochen oder Stein. Die Keule des S. Lourenço war 1⅓ m lang, ein ziemlich plattes Stück Palmholz, das 3—4 cm breit war und in ein Blatt von nur 5—6 cm Breite auslief.
Den gewöhnlichen Bogen baíga zeigt uns Figur 5 der Abbildung 137. Er hat eine Länge bis zu 1,9 m und ist in einer Breite von ⅓ m mit einem Palmfaserstrick umwunden, eine Reservesehne, die gewöhnlich die Fortsetzung der eingespannten Sehne bildet, vgl. Tafel 28. Prächtigen Federschmuck haben die bei festlichen Gelegenheiten von Häuptlingen getragenen und als feierliches Geschenk geltenden Bogen, deren Ausschmückung Fig. 1 verdeutlicht. Das Holz ist über und über mit bunten, entweder roten und gelben oder blauen und gelben Ararafederchen und weissen Dunen dazwischen beklebt, und das aufwärts gehaltene Ende krönt ein Büschel von gleichfarbigen Federn. Das bunte Büschel ziert zuweilen auch den gewöhnlichen Jagdbogen. Der glückliche Erleger eines Jaguars endlich wird durch den Bogen von Fig. 2 ausgezeichnet; an diesem sind ein Dutzend gelber Bändchen von Oaussú-Palmblatt (Attalea spectabilis) angebracht. Die Bogen haben einen ziemlich flachen Rücken, während die der Sehne zugewendete Fläche mehr konvex ist, umgekehrt wie bei den Paressíbogen.
Die Pfeile haben einen Schaft entweder aus Kambayuvarohr oder aus dem eleganten schwarzen Seriba-Palmstroh (Avicennia). Den bleistiftdünnen Seriba- schäften ist ein Endstück aus Rohr angesetzt an dem die Schwanzfedern be- festigt sind; sie sind sorgsam mit durchlöcherten Bulimusmuscheln gehobelt und den wie Sandpapier rauhen Lischablättern feiner geglättet.
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Dach und Hauswand mitbrachten. Sie hatten die Tragkörbe zu je vier Stück
an Hölzer gebunden und lenkten sie an Stricken wie die Pelota (vgl. S. 139).
Die Tragkörbe wurden auf dem Rücken in einer Bastschlinge getragen, die vorn
über die Stirn oder den Vorderkopf lief.
Kanus hatten die Bororó nicht. Sie nannten die Fahrzeuge der Brasilier
ika — dasselbe Wort, das sie für Aeste und Zweige (nicht Baumstämme: ipó)
gebrauchten, wie sie deren für die Beförderung der Last zu kleinen Flössen
zusammenzubinden gewohnt waren.
Hunde, von denen wir uns nach dem Beispiel unserer Vorfahren vor-
zustellen pflegen, dass sie dem primitiven Jäger unentbehrlich seien, fehlten den
Bororó nicht nur in ihrer Heimath, sie wurden auch jetzt kaum je gebraucht,
wo sie ihnen leicht in grosser Zahl zur Verfügung gestanden hätten.
Auf die Vertheilung der Jagdbeute vermag ich erst später einzugehen.
Waffen. Bogen und Pfeile bezeichneten die höchste Entwickelung der
Technik und waren mit einer ausserordentlichen Sauberkeit und Genauigkeit
gearbeitet. Hier konnte man auf das deutlichste sehen, dass nur das Interesse
da zu sein braucht, damit es auch an den Leistungen nicht fehle. Der Bogen
war mit Ausnahme der Keule auch die einzige Kriegswaffe. Von den Bororó
dos Campos wird berichtet, dass sie »selten« Lanzen gehabt hätten, mit Spitzen
von Eisen, Knochen oder Stein. Die Keule des S. Lourenço war 1⅓ m lang,
ein ziemlich plattes Stück Palmholz, das 3—4 cm breit war und in ein Blatt
von nur 5—6 cm Breite auslief.
Den gewöhnlichen Bogen baíga zeigt uns Figur 5 der Abbildung 137. Er
hat eine Länge bis zu 1,9 m und ist in einer Breite von ⅓ m mit einem
Palmfaserstrick umwunden, eine Reservesehne, die gewöhnlich die Fortsetzung
der eingespannten Sehne bildet, vgl. Tafel 28. Prächtigen Federschmuck haben
die bei festlichen Gelegenheiten von Häuptlingen getragenen und als feierliches
Geschenk geltenden Bogen, deren Ausschmückung Fig. 1 verdeutlicht. Das
Holz ist über und über mit bunten, entweder roten und gelben oder blauen
und gelben Ararafederchen und weissen Dunen dazwischen beklebt, und das
aufwärts gehaltene Ende krönt ein Büschel von gleichfarbigen Federn. Das
bunte Büschel ziert zuweilen auch den gewöhnlichen Jagdbogen. Der glückliche
Erleger eines Jaguars endlich wird durch den Bogen von Fig. 2 ausgezeichnet;
an diesem sind ein Dutzend gelber Bändchen von Oaussú-Palmblatt (Attalea
spectabilis) angebracht. Die Bogen haben einen ziemlich flachen Rücken, während
die der Sehne zugewendete Fläche mehr konvex ist, umgekehrt wie bei den
Paressíbogen.
Die Pfeile haben einen Schaft entweder aus Kambayuvarohr oder aus dem
eleganten schwarzen Seriba-Palmstroh (Avicennia). Den bleistiftdünnen Seriba-
schäften ist ein Endstück aus Rohr angesetzt an dem die Schwanzfedern be-
festigt sind; sie sind sorgsam mit durchlöcherten Bulimusmuscheln gehobelt und
den wie Sandpapier rauhen Lischablättern feiner geglättet.
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Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894, S. 483. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinen_naturvoelker_1894/555>, abgerufen am 25.11.2024.
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