Ecke und murmelten auch zuweilen nicht ohne Andacht bal, bel, bil, bol, bul. Unter meinen sprachlichen Aufzeichnungen finde ich, dass die Bororo mir er- zählten, "er lehrt die Jungen lesen"; der Satz lautet in wörtlicher Uebersetzung, dem Sachverhalt genau entsprechend, "er lehrt die Jungen auf das Papier sehen". Caldas hoffte jedoch, bald weiter zu kommen; die Jungen seien eine ungezogene Gesellschaft, die zunächst Gehorsam lernen müssten. Er habe sie bisher mit einem Lineal auf die Finger geschlagen, wenn sie nicht aufpassten. Nun besitze er aber ein verbessertes System von "palmatorios", die er uns auch in zwei Exemplaren vorwies. Sie sahen aus wie Holzlöffel, nur mit kreisförmig plattem Endstück, und dieses -- hierin steckte die Verbesserung -- war mit Löchern siebartig durchsetzt. Die Luft pfeife durch die Löcher und dadurch werde der Schmerz erhöht. Nun, ich hoffe, die neuen Palmatorios haben sich bewährt und die Jungen sind mittlerweile mindestens bis zum xal, xel, xil, xol, xul vorgedrungen. In unserer Zeit war das ganze Ergebnis immer nur dal, del, dil, dol, dul.
Die feindlichen Brüder. Am 9. April führte Arateba in der Betrunken- heit wieder eins seiner Spektakelstücke auf. Er reisst einer Witwe, die ihm nicht zu Willen sein will, zornentbrannt das Haus ein. Mit dieser Arbeit wird er auch leicht fertig, obgleich er bei jedem Ruck hintenüber zu schlagen droht. Sein Bruder und zwei einsichtige Freunde nehmen ihn auf die Schultern und bringen ihn nach seiner Hütte. Dort hat er eine Viertelstunde das heulende Elend, rafft sich aber, nachdem man ihn mit kaltem Wasser übergossen, wieder auf und er- scheint vor der Kommandantur. Wie im Käfig ein brüllender Löwe schreitet er auf und nieder, und fordert den Bruder, den er vor allem Volk mit Schmähreden überschüttet, zum Kampf heraus. Der Bruder springt auf ihn los und hüpft gebückt vor ihm eine Weile hin und her; dann umfassen sie sich mit wütenden Griffen. Arateba wird viermal auf den Boden geworfen. Da mischt sich Maria, ihre Schwester, entschlossen hinein und umschlingt ihn so kräftig, dass er sich nicht zu rühren vermag. Man führt die Brüder in verschiedenen Richtungen ab. Aus Arateba's Hütte schallt wüstes Zanken, wieder erscheint der schwankende Säufer -- er hat das reine Verbrechergesicht und obendrein den Kopf glatt ge- schoren -- und dringt in die Hütte, wo man den Bruder versteckt hielt. Klatschende Schläge, tobende Stimmen, allgemeine Rauferei. Der aufgeregte Haufe, in dessen Mitte Mogoyukuri's Gestalt hervorragt, kommt nach draussen, mehrere ringen miteinander, Arateba liegt wieder auf der Erde, die Weiber stürzen sich nun mit Macht in das Getümmel, Maria überwältigt den Betrunkenen, er wird weggeschleppt, Alles lacht, man geh[t] [ - 3 Zeichen fehlen] Ranchao zurück und Mehrere sagen nicht mit Unrecht: "piga*)pega", "der [Schn]aps ist eine schlechte Sache".
Disziplin. Wie wäre es, wo solche Auftritte an der Tagesordnung waren, anders möglich gewesen, als dass auch eine schädliche Rückwirkung auf die Sol-
*) = portugiesisch pinga, Tropfen. Vulgäre Bezeichnung des Branntweins.
Ecke und murmelten auch zuweilen nicht ohne Andacht bal, bel, bil, bol, bul. Unter meinen sprachlichen Aufzeichnungen finde ich, dass die Bororó mir er- zählten, »er lehrt die Jungen lesen«; der Satz lautet in wörtlicher Uebersetzung, dem Sachverhalt genau entsprechend, »er lehrt die Jungen auf das Papier sehen«. Caldas hoffte jedoch, bald weiter zu kommen; die Jungen seien eine ungezogene Gesellschaft, die zunächst Gehorsam lernen müssten. Er habe sie bisher mit einem Lineal auf die Finger geschlagen, wenn sie nicht aufpassten. Nun besitze er aber ein verbessertes System von „palmatorios“, die er uns auch in zwei Exemplaren vorwies. Sie sahen aus wie Holzlöffel, nur mit kreisförmig plattem Endstück, und dieses — hierin steckte die Verbesserung — war mit Löchern siebartig durchsetzt. Die Luft pfeife durch die Löcher und dadurch werde der Schmerz erhöht. Nun, ich hoffe, die neuen Palmatorios haben sich bewährt und die Jungen sind mittlerweile mindestens bis zum xal, xel, xil, xol, xul vorgedrungen. In unserer Zeit war das ganze Ergebnis immer nur dal, del, dil, dol, dul.
Die feindlichen Brüder. Am 9. April führte Arateba in der Betrunken- heit wieder eins seiner Spektakelstücke auf. Er reisst einer Witwe, die ihm nicht zu Willen sein will, zornentbrannt das Haus ein. Mit dieser Arbeit wird er auch leicht fertig, obgleich er bei jedem Ruck hintenüber zu schlagen droht. Sein Bruder und zwei einsichtige Freunde nehmen ihn auf die Schultern und bringen ihn nach seiner Hütte. Dort hat er eine Viertelstunde das heulende Elend, rafft sich aber, nachdem man ihn mit kaltem Wasser übergossen, wieder auf und er- scheint vor der Kommandantur. Wie im Käfig ein brüllender Löwe schreitet er auf und nieder, und fordert den Bruder, den er vor allem Volk mit Schmähreden überschüttet, zum Kampf heraus. Der Bruder springt auf ihn los und hüpft gebückt vor ihm eine Weile hin und her; dann umfassen sie sich mit wütenden Griffen. Arateba wird viermal auf den Boden geworfen. Da mischt sich Maria, ihre Schwester, entschlossen hinein und umschlingt ihn so kräftig, dass er sich nicht zu rühren vermag. Man führt die Brüder in verschiedenen Richtungen ab. Aus Arateba’s Hütte schallt wüstes Zanken, wieder erscheint der schwankende Säufer — er hat das reine Verbrechergesicht und obendrein den Kopf glatt ge- schoren — und dringt in die Hütte, wo man den Bruder versteckt hielt. Klatschende Schläge, tobende Stimmen, allgemeine Rauferei. Der aufgeregte Haufe, in dessen Mitte Mogoyukuri’s Gestalt hervorragt, kommt nach draussen, mehrere ringen miteinander, Arateba liegt wieder auf der Erde, die Weiber stürzen sich nun mit Macht in das Getümmel, Maria überwältigt den Betrunkenen, er wird weggeschleppt, Alles lacht, man geh[t] [ – 3 Zeichen fehlen] Ranchão zurück und Mehrere sagen nicht mit Unrecht: „piga*)pega“, »der [Schn]aps ist eine schlechte Sache«.
Disziplin. Wie wäre es, wo solche Auftritte an der Tagesordnung waren, anders möglich gewesen, als dass auch eine schädliche Rückwirkung auf die Sol-
*) = portugiesisch pinga, Tropfen. Vulgäre Bezeichnung des Branntweins.
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[464/0530]
Ecke und murmelten auch zuweilen nicht ohne Andacht bal, bel, bil, bol, bul.
Unter meinen sprachlichen Aufzeichnungen finde ich, dass die Bororó mir er-
zählten, »er lehrt die Jungen lesen«; der Satz lautet in wörtlicher Uebersetzung,
dem Sachverhalt genau entsprechend, »er lehrt die Jungen auf das Papier
sehen«. Caldas hoffte jedoch, bald weiter zu kommen; die Jungen seien eine
ungezogene Gesellschaft, die zunächst Gehorsam lernen müssten. Er habe sie
bisher mit einem Lineal auf die Finger geschlagen, wenn sie nicht aufpassten.
Nun besitze er aber ein verbessertes System von „palmatorios“, die er uns auch
in zwei Exemplaren vorwies. Sie sahen aus wie Holzlöffel, nur mit kreisförmig
plattem Endstück, und dieses — hierin steckte die Verbesserung — war mit
Löchern siebartig durchsetzt. Die Luft pfeife durch die Löcher und dadurch
werde der Schmerz erhöht. Nun, ich hoffe, die neuen Palmatorios haben sich
bewährt und die Jungen sind mittlerweile mindestens bis zum xal, xel, xil, xol, xul
vorgedrungen. In unserer Zeit war das ganze Ergebnis immer nur dal, del, dil,
dol, dul.
Die feindlichen Brüder. Am 9. April führte Arateba in der Betrunken-
heit wieder eins seiner Spektakelstücke auf. Er reisst einer Witwe, die ihm nicht
zu Willen sein will, zornentbrannt das Haus ein. Mit dieser Arbeit wird er auch
leicht fertig, obgleich er bei jedem Ruck hintenüber zu schlagen droht. Sein
Bruder und zwei einsichtige Freunde nehmen ihn auf die Schultern und bringen
ihn nach seiner Hütte. Dort hat er eine Viertelstunde das heulende Elend, rafft
sich aber, nachdem man ihn mit kaltem Wasser übergossen, wieder auf und er-
scheint vor der Kommandantur. Wie im Käfig ein brüllender Löwe schreitet er
auf und nieder, und fordert den Bruder, den er vor allem Volk mit Schmähreden
überschüttet, zum Kampf heraus. Der Bruder springt auf ihn los und hüpft
gebückt vor ihm eine Weile hin und her; dann umfassen sie sich mit wütenden
Griffen. Arateba wird viermal auf den Boden geworfen. Da mischt sich Maria,
ihre Schwester, entschlossen hinein und umschlingt ihn so kräftig, dass er sich
nicht zu rühren vermag. Man führt die Brüder in verschiedenen Richtungen ab.
Aus Arateba’s Hütte schallt wüstes Zanken, wieder erscheint der schwankende
Säufer — er hat das reine Verbrechergesicht und obendrein den Kopf glatt ge-
schoren — und dringt in die Hütte, wo man den Bruder versteckt hielt. Klatschende
Schläge, tobende Stimmen, allgemeine Rauferei. Der aufgeregte Haufe, in dessen
Mitte Mogoyukuri’s Gestalt hervorragt, kommt nach draussen, mehrere ringen
miteinander, Arateba liegt wieder auf der Erde, die Weiber stürzen sich nun mit
Macht in das Getümmel, Maria überwältigt den Betrunkenen, er wird weggeschleppt,
Alles lacht, man geht ___ Ranchão zurück und Mehrere sagen nicht mit Unrecht:
„piga *) pega“, »der Schnaps ist eine schlechte Sache«.
Disziplin. Wie wäre es, wo solche Auftritte an der Tagesordnung waren,
anders möglich gewesen, als dass auch eine schädliche Rückwirkung auf die Sol-
*) = portugiesisch pinga, Tropfen. Vulgäre Bezeichnung des Branntweins.
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Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894, S. 464. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinen_naturvoelker_1894/530>, abgerufen am 25.11.2024.
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