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Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894.

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Andeutungen richtig verstanden haben, nicht fehlen soll. Verdächtig ist es, dass
sie die Maske nur mit dem Tupiwort yakuikato benannten. Wir haben bei ihnen
auch wie bei den dritten Bakairi einige nach Art der Mandiokafilter geflochtene
Gesichtsmasken angetroffen; leider aber waren diese Binsengitter, da das Fest
bereits einige Zeit vor unserem Eintreffen stattgefunden hatte, nachlässig in die
Ecke geworfen, zerknittert und zertreten, sodass
wir die traurigen Ueberreste nicht mehr gebrauchen
konnten.

Wir haben von den Nahuqua vier Masken
heimgebracht. Drei sind mit Bohnenaugen, mit
rot und schwarz bemalten Gesichtsteilen und mit
dem schwarzen Mereschu-Muster auf weissem Grund
in dem unteren Zweidrittel der Platte verziert.
Sie sind schlecht gearbeitet; wir hatten die Indianer
gebeten, uns, wenn wir auf der Rückfahrt vor-
sprächen, schöne yakuikato zu liefern. Da erhielten
wir denn die drei charakterlosen Holzmasken, deren
schönste die Abbildung 99 zeigt, und von denen
wir fast befürchten, dass sie wenig Nahuqua-Eigenart
enthalten. Wirklich originell war eine kleine Maske,

[Abbildung]
[Abbildung] Abb. 99.

Nahuqua-Maske.
( nat. Gr.)

Abb. 100, die wir unterwegs von einem Guikuru-Nahuqua bekamen. Auch sie
war in der Eile, wenn nicht geschnitzt, so doch hergerichtet; man hatte den
naturfarbenen Holzgrund ohne Anwendung von weissem Lehm bemalt. Sogar
die Augen waren nur schwarze Tupfen. In dieser Aus-
stattung wäre sie gewiss niemals zum Fest gebraucht
worden; da man wusste, dass wir Masken haben wollten,
lieferte man ad hoc gemachten Schund. Die Maske
zeigt je eine schwarze Raute in den getüpfelten Seiten-
feldern. Der alte Bakairi Paleko, dem ich sie vor-
legte, sagte zuerst "Fledermaus", dann aber "yakui-
ikati-Gesicht".

Mehinaku. Die Mehinaku nannten ihre Masken
munotsi oder monotsi. Doch sprachen sowohl die Kustenau
als die Waura und Yaulapiti, auch von koahalu-Masken
mit dem Auetö-Wort für die Geflechtmasken. (Die

[Abbildung]
[Abbildung] Abb. 100.

Guikuru-Maske.
( nat. Gr.)

Yaulapiti sagten statt munotsi für Holzmasken wieder yakuikatu.) Bei den Mehinaku
fanden sich ausschliesslich schwere Holzmasken, die mit einem Schwirrholz in der
Festhütte aufgehängt, einen stattlichen Anblick gewährten. Alles, was ich von der
ihnen zukommenden Bedeutung zu sagen weiss, ist dass sie zu einem Kaiman-Tanz
gehören. Neben dem Eingang der Festhütte, erinnere ich auch, befanden sich
zwei in Erde modellierte Leguane oder Anolis, die in Brasilien gewöhnlich mit
dem Tupiwort Sinimbu bezeichneten Schuppenechsen.


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Andeutungen richtig verstanden haben, nicht fehlen soll. Verdächtig ist es, dass
sie die Maske nur mit dem Tupíwort yakuikáto benannten. Wir haben bei ihnen
auch wie bei den dritten Bakaïrí einige nach Art der Mandiokafilter geflochtene
Gesichtsmasken angetroffen; leider aber waren diese Binsengitter, da das Fest
bereits einige Zeit vor unserem Eintreffen stattgefunden hatte, nachlässig in die
Ecke geworfen, zerknittert und zertreten, sodass
wir die traurigen Ueberreste nicht mehr gebrauchen
konnten.

Wir haben von den Nahuquá vier Masken
heimgebracht. Drei sind mit Bohnenaugen, mit
rot und schwarz bemalten Gesichtsteilen und mit
dem schwarzen Mereschu-Muster auf weissem Grund
in dem unteren Zweidrittel der Platte verziert.
Sie sind schlecht gearbeitet; wir hatten die Indianer
gebeten, uns, wenn wir auf der Rückfahrt vor-
sprächen, schöne yakuikáto zu liefern. Da erhielten
wir denn die drei charakterlosen Holzmasken, deren
schönste die Abbildung 99 zeigt, und von denen
wir fast befürchten, dass sie wenig Nahuquá-Eigenart
enthalten. Wirklich originell war eine kleine Maske,

[Abbildung]
[Abbildung] Abb. 99.

Nahuquá-Maske.
(⅐ nat. Gr.)

Abb. 100, die wir unterwegs von einem Guikurú-Nahuquá bekamen. Auch sie
war in der Eile, wenn nicht geschnitzt, so doch hergerichtet; man hatte den
naturfarbenen Holzgrund ohne Anwendung von weissem Lehm bemalt. Sogar
die Augen waren nur schwarze Tupfen. In dieser Aus-
stattung wäre sie gewiss niemals zum Fest gebraucht
worden; da man wusste, dass wir Masken haben wollten,
lieferte man ad hoc gemachten Schund. Die Maske
zeigt je eine schwarze Raute in den getüpfelten Seiten-
feldern. Der alte Bakaïrí Paleko, dem ich sie vor-
legte, sagte zuerst »Fledermaus«, dann aber »yakui-
ikati-Gesicht«.

Mehinakú. Die Mehinakú nannten ihre Masken
munotsí oder monotsí. Doch sprachen sowohl die Kustenaú
als die Waurá und Yaulapiti, auch von koahálu-Masken
mit dem Auetö́-Wort für die Geflechtmasken. (Die

[Abbildung]
[Abbildung] Abb. 100.

Guikurú-Maske.
(⅐ nat. Gr.)

Yaulapiti sagten statt munotsí für Holzmasken wieder yakuikatú.) Bei den Mehinakú
fanden sich ausschliesslich schwere Holzmasken, die mit einem Schwirrholz in der
Festhütte aufgehängt, einen stattlichen Anblick gewährten. Alles, was ich von der
ihnen zukommenden Bedeutung zu sagen weiss, ist dass sie zu einem Kaiman-Tanz
gehören. Neben dem Eingang der Festhütte, erinnere ich auch, befanden sich
zwei in Erde modellierte Leguane oder Anolis, die in Brasilien gewöhnlich mit
dem Tupíwort Sinimbú bezeichneten Schuppenechsen.


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[307/0371] Andeutungen richtig verstanden haben, nicht fehlen soll. Verdächtig ist es, dass sie die Maske nur mit dem Tupíwort yakuikáto benannten. Wir haben bei ihnen auch wie bei den dritten Bakaïrí einige nach Art der Mandiokafilter geflochtene Gesichtsmasken angetroffen; leider aber waren diese Binsengitter, da das Fest bereits einige Zeit vor unserem Eintreffen stattgefunden hatte, nachlässig in die Ecke geworfen, zerknittert und zertreten, sodass wir die traurigen Ueberreste nicht mehr gebrauchen konnten. Wir haben von den Nahuquá vier Masken heimgebracht. Drei sind mit Bohnenaugen, mit rot und schwarz bemalten Gesichtsteilen und mit dem schwarzen Mereschu-Muster auf weissem Grund in dem unteren Zweidrittel der Platte verziert. Sie sind schlecht gearbeitet; wir hatten die Indianer gebeten, uns, wenn wir auf der Rückfahrt vor- sprächen, schöne yakuikáto zu liefern. Da erhielten wir denn die drei charakterlosen Holzmasken, deren schönste die Abbildung 99 zeigt, und von denen wir fast befürchten, dass sie wenig Nahuquá-Eigenart enthalten. Wirklich originell war eine kleine Maske, [Abbildung] [Abbildung Abb. 99. Nahuquá-Maske. (⅐ nat. Gr.)] Abb. 100, die wir unterwegs von einem Guikurú-Nahuquá bekamen. Auch sie war in der Eile, wenn nicht geschnitzt, so doch hergerichtet; man hatte den naturfarbenen Holzgrund ohne Anwendung von weissem Lehm bemalt. Sogar die Augen waren nur schwarze Tupfen. In dieser Aus- stattung wäre sie gewiss niemals zum Fest gebraucht worden; da man wusste, dass wir Masken haben wollten, lieferte man ad hoc gemachten Schund. Die Maske zeigt je eine schwarze Raute in den getüpfelten Seiten- feldern. Der alte Bakaïrí Paleko, dem ich sie vor- legte, sagte zuerst »Fledermaus«, dann aber »yakui- ikati-Gesicht«. Mehinakú. Die Mehinakú nannten ihre Masken munotsí oder monotsí. Doch sprachen sowohl die Kustenaú als die Waurá und Yaulapiti, auch von koahálu-Masken mit dem Auetö́-Wort für die Geflechtmasken. (Die [Abbildung] [Abbildung Abb. 100. Guikurú-Maske. (⅐ nat. Gr.)] Yaulapiti sagten statt munotsí für Holzmasken wieder yakuikatú.) Bei den Mehinakú fanden sich ausschliesslich schwere Holzmasken, die mit einem Schwirrholz in der Festhütte aufgehängt, einen stattlichen Anblick gewährten. Alles, was ich von der ihnen zukommenden Bedeutung zu sagen weiss, ist dass sie zu einem Kaiman-Tanz gehören. Neben dem Eingang der Festhütte, erinnere ich auch, befanden sich zwei in Erde modellierte Leguane oder Anolis, die in Brasilien gewöhnlich mit dem Tupíwort Sinimbú bezeichneten Schuppenechsen. 20*

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Zitationshilfe: Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinen_naturvoelker_1894/371>, abgerufen am 22.11.2024.