Wort "pakoba", das die Lingoa geral für Banane hat, vergeblich gefahndet; sie verstanden es nicht. Den Vorschlag, ob dieses Wort aus dem Portugiesischen abgeleitet sein möge, nehme ich mit Vergnügen zurück; ich lege keinen Wert mehr auf willkürliche Etymologie, allein der Thatsache, dass die Bananennamen sich bei den einzelnen Stämmen nicht nach der sprachlichen Abstammung, sondern nach der zufälligen örtlichen Verteilung richteten, muss ich heute einen noch viel grösseren Wert beimessen als damals. Das ist ganz beispiellos für die übrigen Nutzpflanzen. Kommt nun hinzu, dass keiner der ersten Ent- decker die Banane erwähnt, dass ferner die Aruak der Küste und die Insel- karaiben das spanische Wort "platano" in ihrem "prattane" und "balatanna" so unverkennbar wiedergeben, dass ein Zweifel an der Uebereinstimmung ganz aus- geschlossen ist, würdigen wir es endlich, dass wir in einer verlorenen Ecke Ver- treter sämtlicher grossen Sprachfamilien mit den vortrefflichsten Namen für die Kulturpflanzen finden, nur ohne Bananen, dass gar ein abgesprengtes und mit den Europäern verkehrendes Glied eines dieser Stämme, die zahmen Bakairi, die Banane haben und sie in ihrer sonst durchaus rein erhaltenen Sprache (wie übrigens ebenso die Paressi) einfach "banana" nennen, so glaube ich, dass der Be- weis mit aller Kraft ausgestattet ist, die ein negativer Beweis überhaupt haben kann. Humboldt und Martius haben sich dadurch bestechen lassen, dass sie die Banane überall bei den Indianern antrafen, aber diese Stütze für ihre Ansicht ist jetzt hinfällig geworden, und die Erfahrungen der Linguistik wie das that- sächliche Fehlen der Banane in dem ganzen Gebiet des oberen Schingu geben der Ansicht des Botanikers Alphonse de Candolle unzweifelhaft Recht, dass die Banane in Südamerika erst eingeführt worden ist, wenn auch gewiss sehr bald nach dem Erscheinen der Europäer.
Es lohnt sich zur besseren Würdigung der sprachlichen Beweismittel ein Beispiel zu geben. Betrachten wir die Wörter für Pfeffer bei I. den Nu-Aruak, II. den Karaiben und III. den Tupi.
I. Am Schingu heisst Pfeffer bei den Nu-Aruak ai, bei den Maipure am Orinoko ai, bei den Moxos in Bolivien atscheti, bei den Aruak haatschi, bei den Frauen der Inselkaraiben ati, für das Taino der Insel Haiti verzeichnet Oviedo axi, aji.
II. Am Schingu heisst Pfeffer bei den karaibischen Bakairi pano (mit na- salem a), bei den Nahuqua vome, homi, bei den Inselkaraiben pomi, pomui, bei den karaibischen Orinokostämmen in Venezuela pomei, pomuey, in dem allgemein in Guyana verbreiteten Galibi pomi. Bei den Palmella, einem Karaibenstamm am Madeira, apomo.
III. Von den Tupi haben die Kamayura am Schingu das Wort ökeöng; die Omagua am obern Amazonas ekei, die Guarani in Paraguay kiy, die Lingoa geral kyia, kyinha u. dgl.
Diese lautlichen Entsprechungen, die innerhalb der Stammesgruppen völlig sicher sind, die von Stammesgruppe zu Stammesgruppe auch nicht die leiseste
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Wort „pakóba“, das die Lingoa geral für Banane hat, vergeblich gefahndet; sie verstanden es nicht. Den Vorschlag, ob dieses Wort aus dem Portugiesischen abgeleitet sein möge, nehme ich mit Vergnügen zurück; ich lege keinen Wert mehr auf willkürliche Etymologie, allein der Thatsache, dass die Bananennamen sich bei den einzelnen Stämmen nicht nach der sprachlichen Abstammung, sondern nach der zufälligen örtlichen Verteilung richteten, muss ich heute einen noch viel grösseren Wert beimessen als damals. Das ist ganz beispiellos für die übrigen Nutzpflanzen. Kommt nun hinzu, dass keiner der ersten Ent- decker die Banane erwähnt, dass ferner die Aruak der Küste und die Insel- karaiben das spanische Wort „platano“ in ihrem „práttane“ und „balatanna“ so unverkennbar wiedergeben, dass ein Zweifel an der Uebereinstimmung ganz aus- geschlossen ist, würdigen wir es endlich, dass wir in einer verlorenen Ecke Ver- treter sämtlicher grossen Sprachfamilien mit den vortrefflichsten Namen für die Kulturpflanzen finden, nur ohne Bananen, dass gar ein abgesprengtes und mit den Europäern verkehrendes Glied eines dieser Stämme, die zahmen Bakaïrí, die Banane haben und sie in ihrer sonst durchaus rein erhaltenen Sprache (wie übrigens ebenso die Paressí) einfach „banana“ nennen, so glaube ich, dass der Be- weis mit aller Kraft ausgestattet ist, die ein negativer Beweis überhaupt haben kann. Humboldt und Martius haben sich dadurch bestechen lassen, dass sie die Banane überall bei den Indianern antrafen, aber diese Stütze für ihre Ansicht ist jetzt hinfällig geworden, und die Erfahrungen der Linguistik wie das that- sächliche Fehlen der Banane in dem ganzen Gebiet des oberen Schingú geben der Ansicht des Botanikers Alphonse de Candolle unzweifelhaft Recht, dass die Banane in Südamerika erst eingeführt worden ist, wenn auch gewiss sehr bald nach dem Erscheinen der Europäer.
Es lohnt sich zur besseren Würdigung der sprachlichen Beweismittel ein Beispiel zu geben. Betrachten wir die Wörter für Pfeffer bei I. den Nu-Aruak, II. den Karaiben und III. den Tupí.
I. Am Schingú heisst Pfeffer bei den Nu-Aruak ái, bei den Maipure am Orinoko ai, bei den Moxos in Bolivien atscheti, bei den Aruak haatschi, bei den Frauen der Inselkaraiben áti, für das Taino der Insel Haiti verzeichnet Oviedo axi, aji.
II. Am Schingú heisst Pfeffer bei den karaibischen Bakaïrí påno (mit na- salem å), bei den Nahuquá vóme, hómi, bei den Inselkaraiben pomi, pomui, bei den karaibischen Orinokostämmen in Venezuela pomèi, pomuey, in dem allgemein in Guyana verbreiteten Galibí pomi. Bei den Palmella, einem Karaibenstamm am Madeira, apómo.
III. Von den Tupí haben die Kamayurá am Schingú das Wort ökeöng; die Omagua am obern Amazonas ekei, die Guaraní in Paraguay kiy, die Lingoa geral kyiá, kyinha u. dgl.
Diese lautlichen Entsprechungen, die innerhalb der Stammesgruppen völlig sicher sind, die von Stammesgruppe zu Stammesgruppe auch nicht die leiseste
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Wort „pakóba“, das die Lingoa geral für Banane hat, vergeblich gefahndet; sie
verstanden es nicht. Den Vorschlag, ob dieses Wort aus dem Portugiesischen
abgeleitet sein möge, nehme ich mit Vergnügen zurück; ich lege keinen Wert
mehr auf willkürliche Etymologie, allein der Thatsache, dass die Bananennamen
sich bei den einzelnen Stämmen nicht nach der sprachlichen Abstammung,
sondern nach der zufälligen örtlichen Verteilung richteten, muss ich heute
einen noch viel grösseren Wert beimessen als damals. Das ist ganz beispiellos
für die übrigen Nutzpflanzen. Kommt nun hinzu, dass keiner der ersten Ent-
decker die Banane erwähnt, dass ferner die Aruak der Küste und die Insel-
karaiben das spanische Wort „platano“ in ihrem „práttane“ und „balatanna“ so
unverkennbar wiedergeben, dass ein Zweifel an der Uebereinstimmung ganz aus-
geschlossen ist, würdigen wir es endlich, dass wir in einer verlorenen Ecke Ver-
treter sämtlicher grossen Sprachfamilien mit den vortrefflichsten Namen für die
Kulturpflanzen finden, nur ohne Bananen, dass gar ein abgesprengtes und mit den
Europäern verkehrendes Glied eines dieser Stämme, die zahmen Bakaïrí, die
Banane haben und sie in ihrer sonst durchaus rein erhaltenen Sprache (wie
übrigens ebenso die Paressí) einfach „banana“ nennen, so glaube ich, dass der Be-
weis mit aller Kraft ausgestattet ist, die ein negativer Beweis überhaupt haben
kann. Humboldt und Martius haben sich dadurch bestechen lassen, dass sie
die Banane überall bei den Indianern antrafen, aber diese Stütze für ihre Ansicht
ist jetzt hinfällig geworden, und die Erfahrungen der Linguistik wie das that-
sächliche Fehlen der Banane in dem ganzen Gebiet des oberen Schingú geben der
Ansicht des Botanikers Alphonse de Candolle unzweifelhaft Recht, dass die
Banane in Südamerika erst eingeführt worden ist, wenn auch gewiss sehr bald nach
dem Erscheinen der Europäer.
Es lohnt sich zur besseren Würdigung der sprachlichen Beweismittel ein
Beispiel zu geben. Betrachten wir die Wörter für Pfeffer bei I. den Nu-Aruak,
II. den Karaiben und III. den Tupí.
I. Am Schingú heisst Pfeffer bei den Nu-Aruak ái, bei den Maipure am
Orinoko ai, bei den Moxos in Bolivien atscheti, bei den Aruak haatschi, bei den
Frauen der Inselkaraiben áti, für das Taino der Insel Haiti verzeichnet Oviedo
axi, aji.
II. Am Schingú heisst Pfeffer bei den karaibischen Bakaïrí påno (mit na-
salem å), bei den Nahuquá vóme, hómi, bei den Inselkaraiben pomi, pomui, bei
den karaibischen Orinokostämmen in Venezuela pomèi, pomuey, in dem allgemein
in Guyana verbreiteten Galibí pomi. Bei den Palmella, einem Karaibenstamm
am Madeira, apómo.
III. Von den Tupí haben die Kamayurá am Schingú das Wort ökeöng; die
Omagua am obern Amazonas ekei, die Guaraní in Paraguay kiy, die Lingoa geral
kyiá, kyinha u. dgl.
Diese lautlichen Entsprechungen, die innerhalb der Stammesgruppen völlig
sicher sind, die von Stammesgruppe zu Stammesgruppe auch nicht die leiseste
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Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinen_naturvoelker_1894/255>, abgerufen am 25.11.2024.
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