zivilisiertes Aeussere, das neben einem grossen Messer das Ziel seines Ehrgeizes gewesen war, in Gestalt eines Hemdes und einer Kopfbekleidung. Wir schmückten ihn mit Tumayaua, der schon längst in schwarzweiss karriertem Hemd und weisser Leinenhose darunter umherspazierte, gleichzeitig feierlich aus und photographierten die Beiden, wie figurae Abbildung 8 zeigen. Wilhelm hatte einige Prämien für die verdienstvollen Reisegenossen aufbewahrt, eine prächtige Düsseldorfer Fast- nachtsmütze, von ihm selbst in der Eigenschaft eines Prinzen Karneval auf hohem Triumphwagen getragen, grün, gelb, weiss und rot mit blinkenden Schellen, des- gleichen den mit Brillanten besetzten Halsorden Sr. Närrischen Hoheit -- diese beiden Stücke wurden Tumayaua zu Teil -- und eine echte Karnevalsmütze der noch lustigeren Schwesterstadt am Rhein, die wir dem Kollegen Droschkenkutscher in Ermangelung eines Doktorhutes über die Ton- sur stülpten. Tumayaua erhielt ausserdem einen von Wilhelm in Rio de Janeiro gekauften schwarzen Gehrock, Import aus Paris et le dernier mot de la perfection. Die Abbildung giebt uns einen schwachen Begriff davon, wie schauderhaft die zwei vor Stolz aufgeblasenen Narren in den Kleidern erschienen; beide gewiss nicht die schönsten Typen, sahen sie nun aber plötzlich geradezu hässlich krumm und schief aus, und daran war mehr als die Schäbigkeit des Anzugs der Umstand schuld, dass alle Um- risslinien aufgehoben und charakterlos geworden waren. Tumayaua war in Hemd und Hose noch ungeschickt wie am ersten Tage, er zerriss sie im Walde und schonte sie andrerseits wieder in übertriebener Vorsicht, indem er sie bei Ge- legenheiten auszog, wo selbst Kinder es nicht nötig haben.
Im ersten Bakairidorf hatte sich die Bevölkerung um eine junge Seele vermehrt.
[Abbildung]
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Abb. 8.
Indianer als Europäer maskiert.
Pauhaga war Vater geworden und hielt mit seiner Frau die Wochenstube ab. Ich werde auf die uns komisch anmutende Szene bei Besprechung der Couvade zurückkommen. Der Mais stand in üppigem Grün, es wurden uns auch vor- zügliche, etwas trockene Maisbeijus geboten. Meine Tabakpflanzung auf dem Dorfplatz war mächtig in die Höhe geschossen und durch einen Pallisadenzaun ringsum eingehegt worden.
Aber was erblickten unsere erstaunten Augen hinter Paleko's Haus? Einen Neubau, bereits weit vorgeschritten, seltsamer Art. Oder eigentlich sehr ver- trauten Aussehens. Die Bakairi hatten unsern Rancho in der Independencia zum Vorbild genommen und statt ihres Bienenkorbes ein Haus mit dreieckigem Giebel
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zivilisiertes Aeussere, das neben einem grossen Messer das Ziel seines Ehrgeizes gewesen war, in Gestalt eines Hemdes und einer Kopfbekleidung. Wir schmückten ihn mit Tumayaua, der schon längst in schwarzweiss karriertem Hemd und weisser Leinenhose darunter umherspazierte, gleichzeitig feierlich aus und photographierten die Beiden, wie figurae Abbildung 8 zeigen. Wilhelm hatte einige Prämien für die verdienstvollen Reisegenossen aufbewahrt, eine prächtige Düsseldorfer Fast- nachtsmütze, von ihm selbst in der Eigenschaft eines Prinzen Karneval auf hohem Triumphwagen getragen, grün, gelb, weiss und rot mit blinkenden Schellen, des- gleichen den mit Brillanten besetzten Halsorden Sr. Närrischen Hoheit — diese beiden Stücke wurden Tumayaua zu Teil — und eine echte Karnevalsmütze der noch lustigeren Schwesterstadt am Rhein, die wir dem Kollegen Droschkenkutscher in Ermangelung eines Doktorhutes über die Ton- sur stülpten. Tumayaua erhielt ausserdem einen von Wilhelm in Rio de Janeiro gekauften schwarzen Gehrock, Import aus Paris et le dernier mot de la perfection. Die Abbildung giebt uns einen schwachen Begriff davon, wie schauderhaft die zwei vor Stolz aufgeblasenen Narren in den Kleidern erschienen; beide gewiss nicht die schönsten Typen, sahen sie nun aber plötzlich geradezu hässlich krumm und schief aus, und daran war mehr als die Schäbigkeit des Anzugs der Umstand schuld, dass alle Um- risslinien aufgehoben und charakterlos geworden waren. Tumayaua war in Hemd und Hose noch ungeschickt wie am ersten Tage, er zerriss sie im Walde und schonte sie andrerseits wieder in übertriebener Vorsicht, indem er sie bei Ge- legenheiten auszog, wo selbst Kinder es nicht nötig haben.
Im ersten Bakaïrídorf hatte sich die Bevölkerung um eine junge Seele vermehrt.
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Abb. 8.
Indianer als Europäer maskiert.
Pauhaga war Vater geworden und hielt mit seiner Frau die Wochenstube ab. Ich werde auf die uns komisch anmutende Szene bei Besprechung der Couvade zurückkommen. Der Mais stand in üppigem Grün, es wurden uns auch vor- zügliche, etwas trockene Maisbeijús geboten. Meine Tabakpflanzung auf dem Dorfplatz war mächtig in die Höhe geschossen und durch einen Pallisadenzaun ringsum eingehegt worden.
Aber was erblickten unsere erstaunten Augen hinter Paleko’s Haus? Einen Neubau, bereits weit vorgeschritten, seltsamer Art. Oder eigentlich sehr ver- trauten Aussehens. Die Bakaïrí hatten unsern Rancho in der Independencia zum Vorbild genommen und statt ihres Bienenkorbes ein Haus mit dreieckigem Giebel
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zivilisiertes Aeussere, das neben einem grossen Messer das Ziel seines Ehrgeizes
gewesen war, in Gestalt eines Hemdes und einer Kopfbekleidung. Wir schmückten
ihn mit Tumayaua, der schon längst in schwarzweiss karriertem Hemd und weisser
Leinenhose darunter umherspazierte, gleichzeitig feierlich aus und photographierten
die Beiden, wie figurae Abbildung 8 zeigen. Wilhelm hatte einige Prämien für
die verdienstvollen Reisegenossen aufbewahrt, eine prächtige Düsseldorfer Fast-
nachtsmütze, von ihm selbst in der Eigenschaft eines Prinzen Karneval auf hohem
Triumphwagen getragen, grün, gelb, weiss und rot mit blinkenden Schellen, des-
gleichen den mit Brillanten besetzten Halsorden Sr. Närrischen Hoheit — diese beiden
Stücke wurden Tumayaua zu Teil — und eine echte Karnevalsmütze der noch
lustigeren Schwesterstadt am Rhein, die wir dem Kollegen Droschkenkutscher in
Ermangelung eines Doktorhutes über die Ton-
sur stülpten. Tumayaua erhielt ausserdem
einen von Wilhelm in Rio de Janeiro gekauften
schwarzen Gehrock, Import aus Paris et le
dernier mot de la perfection. Die Abbildung
giebt uns einen schwachen Begriff davon, wie
schauderhaft die zwei vor Stolz aufgeblasenen
Narren in den Kleidern erschienen; beide gewiss
nicht die schönsten Typen, sahen sie nun aber
plötzlich geradezu hässlich krumm und schief
aus, und daran war mehr als die Schäbigkeit
des Anzugs der Umstand schuld, dass alle Um-
risslinien aufgehoben und charakterlos geworden
waren. Tumayaua war in Hemd und Hose
noch ungeschickt wie am ersten Tage, er zerriss
sie im Walde und schonte sie andrerseits wieder
in übertriebener Vorsicht, indem er sie bei Ge-
legenheiten auszog, wo selbst Kinder es nicht
nötig haben.
Im ersten Bakaïrídorf hatte sich die
Bevölkerung um eine junge Seele vermehrt.
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[Abbildung Abb. 8.
Indianer als Europäer maskiert.]
Pauhaga war Vater geworden und hielt mit seiner Frau die Wochenstube ab.
Ich werde auf die uns komisch anmutende Szene bei Besprechung der Couvade
zurückkommen. Der Mais stand in üppigem Grün, es wurden uns auch vor-
zügliche, etwas trockene Maisbeijús geboten. Meine Tabakpflanzung auf dem
Dorfplatz war mächtig in die Höhe geschossen und durch einen Pallisadenzaun
ringsum eingehegt worden.
Aber was erblickten unsere erstaunten Augen hinter Paleko’s Haus? Einen
Neubau, bereits weit vorgeschritten, seltsamer Art. Oder eigentlich sehr ver-
trauten Aussehens. Die Bakaïrí hatten unsern Rancho in der Independencia zum
Vorbild genommen und statt ihres Bienenkorbes ein Haus mit dreieckigem Giebel
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Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinen_naturvoelker_1894/169>, abgerufen am 27.11.2024.
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