Angehörigkeit an das wirthschaftliche Verwaltungsrecht wohl von nieman- dem ernstlich bezweifelt werden wird. Daß das Recht der Grund- und Hypothekenbücher in Beziehung auf die Führung derselben eine öffent- liche Ordnung, in Beziehung auf die bürgerlichen Rechtsverhältnisse da- gegen, die es schafft, ein hochwichtiger Theil desjenigen ist, was wir das bürgerliche Verwaltungsrecht genannt haben, liegt auf der Hand. Neben diesem Grundbuchswesen tritt nun das zweite Element des Real- credits auf in den Realcreditinstituten aller Art, in denen wieder das Vereinswesen als das eigentlich schöpferische Element erscheint, und die großen Grundformen jener Realcreditinstitute, die Bodencredit- anstalten aller Art, hervorruft, während hier die Staatsverwaltung meistens gar nicht, zuweilen nur helfend in zweiter Linie auftritt.
Die dritte Form des Credits ist nun diejenige, welche wir den eigentlichen Credit oder den Geschäftscredit nennen möchten. Das Wesen dieses Geschäftscredits besteht darin, daß durch denselben das in den Händen des Einen befindliche Werthcapital für einen Andern ver- wendet wird. Es ist nun Sache der Nationalökonomie, im Einzelnen nachzuweisen, wie dieser Credit zur bewegenden Kraft in dem gesamm- ten volkswirthschaftlichen Leben unsrer staatsbürgerlichen Gesellschaft wird. Die Verwaltungslehre hat diese entschiedene Wahrheit von der- selben als eine jener Thatsachen anzunehmen, welche die Grundlage der ganzen volkswirthschaftlichen Entwicklung bilden. Ist dem aber so, so folgt, daß dieser Credit nicht mehr für die Verwaltung gleichgültig bleiben kann. Freilich nun ist es nicht Aufgabe der letztern, selbst Credit zu geben. Allein der Geschäftscredit, das gesammte volkswirth- schaftliche Leben umfassend, wird eben dadurch eine der entscheidenden Thatsachen des Gesammtinteresses, und das Verwaltungsrecht des Ge- schäftscredits besteht darnach in der öffentlich rechtlichen Ordnung der- jenigen Verhältnisse desselben, welche zwar als die nothwendige Vor- aussetzung seiner Entwicklung anerkannt werden müssen, dennoch aber von dem Einzelnen nicht hergestellt werden können. Und deßhalb pflegt man wohl die auf das öffentliche Leben des Geschäftscredits bezüglichen Bestimmungen der Verwaltung die öffentliche Organisation des Cre- ditwesens im Besondern zu nennen.
Diese nun hat drei Haupttheile. Der erste dieser Theile besteht in dem, durch das oben angeführte Wesen des Credits gesetzten bürger- lichen Verwaltungsrecht des Geschäftscredits, der zweite in dem, was das Gesammtleben für den Zahlungscredit fordert, das dritte in dem, was den Unternehmungscredit bedingt. Diese drei Be- griffe sind nun allerdings durch die Nationalökonomie gegeben und be- gründet; allein da die letztere sie bisher noch nicht verarbeitet hat, und
Angehörigkeit an das wirthſchaftliche Verwaltungsrecht wohl von nieman- dem ernſtlich bezweifelt werden wird. Daß das Recht der Grund- und Hypothekenbücher in Beziehung auf die Führung derſelben eine öffent- liche Ordnung, in Beziehung auf die bürgerlichen Rechtsverhältniſſe da- gegen, die es ſchafft, ein hochwichtiger Theil desjenigen iſt, was wir das bürgerliche Verwaltungsrecht genannt haben, liegt auf der Hand. Neben dieſem Grundbuchsweſen tritt nun das zweite Element des Real- credits auf in den Realcreditinſtituten aller Art, in denen wieder das Vereinsweſen als das eigentlich ſchöpferiſche Element erſcheint, und die großen Grundformen jener Realcreditinſtitute, die Bodencredit- anſtalten aller Art, hervorruft, während hier die Staatsverwaltung meiſtens gar nicht, zuweilen nur helfend in zweiter Linie auftritt.
Die dritte Form des Credits iſt nun diejenige, welche wir den eigentlichen Credit oder den Geſchäftscredit nennen möchten. Das Weſen dieſes Geſchäftscredits beſteht darin, daß durch denſelben das in den Händen des Einen befindliche Werthcapital für einen Andern ver- wendet wird. Es iſt nun Sache der Nationalökonomie, im Einzelnen nachzuweiſen, wie dieſer Credit zur bewegenden Kraft in dem geſamm- ten volkswirthſchaftlichen Leben unſrer ſtaatsbürgerlichen Geſellſchaft wird. Die Verwaltungslehre hat dieſe entſchiedene Wahrheit von der- ſelben als eine jener Thatſachen anzunehmen, welche die Grundlage der ganzen volkswirthſchaftlichen Entwicklung bilden. Iſt dem aber ſo, ſo folgt, daß dieſer Credit nicht mehr für die Verwaltung gleichgültig bleiben kann. Freilich nun iſt es nicht Aufgabe der letztern, ſelbſt Credit zu geben. Allein der Geſchäftscredit, das geſammte volkswirth- ſchaftliche Leben umfaſſend, wird eben dadurch eine der entſcheidenden Thatſachen des Geſammtintereſſes, und das Verwaltungsrecht des Ge- ſchäftscredits beſteht darnach in der öffentlich rechtlichen Ordnung der- jenigen Verhältniſſe deſſelben, welche zwar als die nothwendige Vor- ausſetzung ſeiner Entwicklung anerkannt werden müſſen, dennoch aber von dem Einzelnen nicht hergeſtellt werden können. Und deßhalb pflegt man wohl die auf das öffentliche Leben des Geſchäftscredits bezüglichen Beſtimmungen der Verwaltung die öffentliche Organiſation des Cre- ditweſens im Beſondern zu nennen.
Dieſe nun hat drei Haupttheile. Der erſte dieſer Theile beſteht in dem, durch das oben angeführte Weſen des Credits geſetzten bürger- lichen Verwaltungsrecht des Geſchäftscredits, der zweite in dem, was das Geſammtleben für den Zahlungscredit fordert, das dritte in dem, was den Unternehmungscredit bedingt. Dieſe drei Be- griffe ſind nun allerdings durch die Nationalökonomie gegeben und be- gründet; allein da die letztere ſie bisher noch nicht verarbeitet hat, und
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Angehörigkeit an das wirthſchaftliche Verwaltungsrecht wohl von nieman-
dem ernſtlich bezweifelt werden wird. Daß das Recht der Grund- und
Hypothekenbücher in Beziehung auf die Führung derſelben eine öffent-
liche Ordnung, in Beziehung auf die bürgerlichen Rechtsverhältniſſe da-
gegen, die es ſchafft, ein hochwichtiger Theil desjenigen iſt, was wir
das bürgerliche Verwaltungsrecht genannt haben, liegt auf der Hand.
Neben dieſem Grundbuchsweſen tritt nun das zweite Element des Real-
credits auf in den Realcreditinſtituten aller Art, in denen wieder
das Vereinsweſen als das eigentlich ſchöpferiſche Element erſcheint, und
die großen Grundformen jener Realcreditinſtitute, die Bodencredit-
anſtalten aller Art, hervorruft, während hier die Staatsverwaltung
meiſtens gar nicht, zuweilen nur helfend in zweiter Linie auftritt.
Die dritte Form des Credits iſt nun diejenige, welche wir den
eigentlichen Credit oder den Geſchäftscredit nennen möchten. Das
Weſen dieſes Geſchäftscredits beſteht darin, daß durch denſelben das in
den Händen des Einen befindliche Werthcapital für einen Andern ver-
wendet wird. Es iſt nun Sache der Nationalökonomie, im Einzelnen
nachzuweiſen, wie dieſer Credit zur bewegenden Kraft in dem geſamm-
ten volkswirthſchaftlichen Leben unſrer ſtaatsbürgerlichen Geſellſchaft
wird. Die Verwaltungslehre hat dieſe entſchiedene Wahrheit von der-
ſelben als eine jener Thatſachen anzunehmen, welche die Grundlage der
ganzen volkswirthſchaftlichen Entwicklung bilden. Iſt dem aber ſo, ſo
folgt, daß dieſer Credit nicht mehr für die Verwaltung gleichgültig
bleiben kann. Freilich nun iſt es nicht Aufgabe der letztern, ſelbſt
Credit zu geben. Allein der Geſchäftscredit, das geſammte volkswirth-
ſchaftliche Leben umfaſſend, wird eben dadurch eine der entſcheidenden
Thatſachen des Geſammtintereſſes, und das Verwaltungsrecht des Ge-
ſchäftscredits beſteht darnach in der öffentlich rechtlichen Ordnung der-
jenigen Verhältniſſe deſſelben, welche zwar als die nothwendige Vor-
ausſetzung ſeiner Entwicklung anerkannt werden müſſen, dennoch aber
von dem Einzelnen nicht hergeſtellt werden können. Und deßhalb pflegt
man wohl die auf das öffentliche Leben des Geſchäftscredits bezüglichen
Beſtimmungen der Verwaltung die öffentliche Organiſation des Cre-
ditweſens im Beſondern zu nennen.
Dieſe nun hat drei Haupttheile. Der erſte dieſer Theile beſteht in
dem, durch das oben angeführte Weſen des Credits geſetzten bürger-
lichen Verwaltungsrecht des Geſchäftscredits, der zweite in dem,
was das Geſammtleben für den Zahlungscredit fordert, das dritte
in dem, was den Unternehmungscredit bedingt. Dieſe drei Be-
griffe ſind nun allerdings durch die Nationalökonomie gegeben und be-
gründet; allein da die letztere ſie bisher noch nicht verarbeitet hat, und
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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre07_1868/72>, abgerufen am 23.11.2024.
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