ständigkeit zu erkennen, muß man von dem Wesen der Persönlichkeit, und innerhalb desselben von Begriff und Inhalt der That ausgehen; denn das Gut ist das persönliche Ergebniß der wirthschaftlichen Arbeit, wie der Begriff das der geistigen; jenes ist die wirthschaftlich lebendige, dieses die geistige selbständig gewordene That der Menschen. Die ganze geistige Welt aber hat niemals nach Begriff und Wesen der That gesucht. Daher hat von jeher für die "reine" Nationalökonomie die wahre Basis gefehlt; sie hat in Ermanglung derselben niemals selbständig werden können, und es gilt daher, daß nie und nirgends die Nationalökonomie aus sich selbst heraus entstanden ist. Die wahre Geschichte der National- ökonomie wird erst dann gefunden werden, wenn man davon ausgeht, daß das, was wir die Nationalökonomie in all ihren Formen, und selbst bei den Deutschen nennen, erst da erscheint, wo die wirthschaftlichen Lebensverhältnisse der Völker zum Gegenstande der Ver- waltung ihrer Staaten werden. Und selbst nachdem sie in dieser Weise auftritt, wird sie Jahrhunderte hindurch nirgends Gegenstand einer selbständigen Untersuchung und Darstellung, sondern sie wird nur unter- sucht und herbeigezogen, so weit sie als Beweis oder Ziel für die volkswirthschaftliche Thätigkeit des Staats nothwendig er- scheint. Alles, was darüber hinausgeht, bleibt gänzlich unerörtert; alles was von der Nationalökonomie in Frage kommt, wird unbewußt nur von dem Gesichtspunkte betrachtet, von welchem aus es als Gegenstand oder Motiv für die Gesetzgebung zu gelten vermag. Daher verschmilzt das, was unsere Zeit die Nationalökonomie nennt, Jahrhunderte lang so eng mit den praktischen Gebieten der Staatswissenschaften, daß weder der Name noch die Thatsache derselben selbständig erscheinen, und bekannt- lich haben noch jetzt weder die Franzosen noch die Engländer weder ein Wort noch einen Begriff für die Nationalökonomie, noch jetzt ist sie ihnen nicht ein selbständiger Theil der Staatswissenschaft, sondern die Gesammtheit der im öffentlichen Leben und in der Staatsverwaltung zur Geltung kommenden wirthschaftlichen Gesetze und Begriffe; sie können weder das Wort "Gut," noch das Wort "Volkswirthschaft" recht über- setzen; der Standpunkt ihrer Auffassung ist die Economie politique, political Economy; so lange das deutsche Volk sich über die Sphäre der Schülerstellung bei diesen Völkern nicht erheben kann, wird es auch bei uns nicht besser werden.
II. Aus diesem Grunde aber hat sich zunächst ergeben, daß man auch den Umfang der Verwaltungslehre gründlich falsch verstanden, und ihn mit dem der Anwendung wirthschaftlicher Begriffe und Gesetze identificirt hat. Dadurch ist eine Gestaltlosigkeit in die ganze Auffassung hinein gerathen, die für eine wissenschaftliche Behandlung
ſtändigkeit zu erkennen, muß man von dem Weſen der Perſönlichkeit, und innerhalb deſſelben von Begriff und Inhalt der That ausgehen; denn das Gut iſt das perſönliche Ergebniß der wirthſchaftlichen Arbeit, wie der Begriff das der geiſtigen; jenes iſt die wirthſchaftlich lebendige, dieſes die geiſtige ſelbſtändig gewordene That der Menſchen. Die ganze geiſtige Welt aber hat niemals nach Begriff und Weſen der That geſucht. Daher hat von jeher für die „reine“ Nationalökonomie die wahre Baſis gefehlt; ſie hat in Ermanglung derſelben niemals ſelbſtändig werden können, und es gilt daher, daß nie und nirgends die Nationalökonomie aus ſich ſelbſt heraus entſtanden iſt. Die wahre Geſchichte der National- ökonomie wird erſt dann gefunden werden, wenn man davon ausgeht, daß das, was wir die Nationalökonomie in all ihren Formen, und ſelbſt bei den Deutſchen nennen, erſt da erſcheint, wo die wirthſchaftlichen Lebensverhältniſſe der Völker zum Gegenſtande der Ver- waltung ihrer Staaten werden. Und ſelbſt nachdem ſie in dieſer Weiſe auftritt, wird ſie Jahrhunderte hindurch nirgends Gegenſtand einer ſelbſtändigen Unterſuchung und Darſtellung, ſondern ſie wird nur unter- ſucht und herbeigezogen, ſo weit ſie als Beweis oder Ziel für die volkswirthſchaftliche Thätigkeit des Staats nothwendig er- ſcheint. Alles, was darüber hinausgeht, bleibt gänzlich unerörtert; alles was von der Nationalökonomie in Frage kommt, wird unbewußt nur von dem Geſichtspunkte betrachtet, von welchem aus es als Gegenſtand oder Motiv für die Geſetzgebung zu gelten vermag. Daher verſchmilzt das, was unſere Zeit die Nationalökonomie nennt, Jahrhunderte lang ſo eng mit den praktiſchen Gebieten der Staatswiſſenſchaften, daß weder der Name noch die Thatſache derſelben ſelbſtändig erſcheinen, und bekannt- lich haben noch jetzt weder die Franzoſen noch die Engländer weder ein Wort noch einen Begriff für die Nationalökonomie, noch jetzt iſt ſie ihnen nicht ein ſelbſtändiger Theil der Staatswiſſenſchaft, ſondern die Geſammtheit der im öffentlichen Leben und in der Staatsverwaltung zur Geltung kommenden wirthſchaftlichen Geſetze und Begriffe; ſie können weder das Wort „Gut,“ noch das Wort „Volkswirthſchaft“ recht über- ſetzen; der Standpunkt ihrer Auffaſſung iſt die Économie politique, political Economy; ſo lange das deutſche Volk ſich über die Sphäre der Schülerſtellung bei dieſen Völkern nicht erheben kann, wird es auch bei uns nicht beſſer werden.
II. Aus dieſem Grunde aber hat ſich zunächſt ergeben, daß man auch den Umfang der Verwaltungslehre gründlich falſch verſtanden, und ihn mit dem der Anwendung wirthſchaftlicher Begriffe und Geſetze identificirt hat. Dadurch iſt eine Geſtaltloſigkeit in die ganze Auffaſſung hinein gerathen, die für eine wiſſenſchaftliche Behandlung
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ſtändigkeit zu erkennen, muß man von dem Weſen der Perſönlichkeit,
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denn das Gut iſt das perſönliche Ergebniß der wirthſchaftlichen Arbeit,
wie der Begriff das der geiſtigen; jenes iſt die wirthſchaftlich lebendige,
dieſes die geiſtige ſelbſtändig gewordene That der Menſchen. Die ganze
geiſtige Welt aber hat niemals nach Begriff und Weſen der That geſucht.
Daher hat von jeher für die „reine“ Nationalökonomie die wahre Baſis
gefehlt; ſie hat in Ermanglung derſelben niemals ſelbſtändig werden
können, und es gilt daher, daß nie und nirgends die Nationalökonomie
aus ſich ſelbſt heraus entſtanden iſt. Die wahre Geſchichte der National-
ökonomie wird erſt dann gefunden werden, wenn man davon ausgeht,
daß das, was wir die Nationalökonomie in all ihren Formen, und ſelbſt
bei den Deutſchen nennen, erſt da erſcheint, wo die wirthſchaftlichen
Lebensverhältniſſe der Völker zum Gegenſtande der Ver-
waltung ihrer Staaten werden. Und ſelbſt nachdem ſie in dieſer
Weiſe auftritt, wird ſie Jahrhunderte hindurch nirgends Gegenſtand einer
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ſucht und herbeigezogen, ſo weit ſie als Beweis oder Ziel für die
volkswirthſchaftliche Thätigkeit des Staats nothwendig er-
ſcheint. Alles, was darüber hinausgeht, bleibt gänzlich unerörtert; alles
was von der Nationalökonomie in Frage kommt, wird unbewußt nur
von dem Geſichtspunkte betrachtet, von welchem aus es als Gegenſtand
oder Motiv für die Geſetzgebung zu gelten vermag. Daher verſchmilzt das,
was unſere Zeit die Nationalökonomie nennt, Jahrhunderte lang ſo eng
mit den praktiſchen Gebieten der Staatswiſſenſchaften, daß weder der
Name noch die Thatſache derſelben ſelbſtändig erſcheinen, und bekannt-
lich haben noch jetzt weder die Franzoſen noch die Engländer weder
ein Wort noch einen Begriff für die Nationalökonomie, noch jetzt iſt ſie
ihnen nicht ein ſelbſtändiger Theil der Staatswiſſenſchaft, ſondern die
Geſammtheit der im öffentlichen Leben und in der Staatsverwaltung
zur Geltung kommenden wirthſchaftlichen Geſetze und Begriffe; ſie können
weder das Wort „Gut,“ noch das Wort „Volkswirthſchaft“ recht über-
ſetzen; der Standpunkt ihrer Auffaſſung iſt die Économie politique,
political Economy; ſo lange das deutſche Volk ſich über die Sphäre
der Schülerſtellung bei dieſen Völkern nicht erheben kann, wird es auch
bei uns nicht beſſer werden.
II. Aus dieſem Grunde aber hat ſich zunächſt ergeben, daß man
auch den Umfang der Verwaltungslehre gründlich falſch verſtanden,
und ihn mit dem der Anwendung wirthſchaftlicher Begriffe und
Geſetze identificirt hat. Dadurch iſt eine Geſtaltloſigkeit in die ganze
Auffaſſung hinein gerathen, die für eine wiſſenſchaftliche Behandlung
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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre07_1868/31>, abgerufen am 24.11.2024.
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