die nach Auftheilung der open fields in inclosures nicht mehr möglich war, die Stallfütterung einzuführen, wie schon Thaer a. a. O. hervor- hebt. Die letztere Schwierigkeit verursachte es denn auch wohl, daß man doch nur langsam vorwärts ging, so lange es sich um freiwillige Auftheilungen handelte, bis man endlich begann, ganz im Charakter der englischen Verwaltung überhaupt, das Princip der Gemeinheits- theilungsgesetze durch Parlamentsbeschlüsse für jede einzelne Vertheilung zu ersetzen, die inclosure bills, die nach der Natur des englischen Par- laments nichts anderes sind, als in der Form der Gesetze erlassene Verordnungen der im Parlamente gegebenen Regierungsgewalt, denen sich die Einzelnen zu unterwerfen hatten. Wann diese inclosure bills entstanden sind und welchen Inhalt sie haben, habe ich nicht finden können. Leider hat Thaer nichts darüber. Allein auch diese Parlaments- verordnungen hatten große Uebelstände. Während Thaer, dem wir die erste -- bisher einzige -- gründliche Darstellung aller dieser Verhältnisse verdanken, die Schwierigkeiten der freien Theilungen vollkommen klar macht, mit tiefem Blick in die ganze englische Agrarverfassung, die niemand besser verstand, als er (S. 333--338), sagt er über die in- closure bills mit gutem Recht, daß denselben "die Kostspieligkeit die- selben zu erwirken, dann die zweifelhafte Art, wie die verschiedenen An- sprüche von den Parlamentscommissarien werden geschätzt und befriedigt werden, häufig im Wege stehen" (S. 338), weßhalb sie nur bei großen Theilungen praktisch waren. (Die Kosten bei einer Theilung von 800 Acres in Somersetshire betrugen nach dem Report S. 57. 1040 Pf. mit Einschluß der Einfriedigungen, der Wege u. s. w. 2485 Pf., wobei freilich das Endergebniß war, daß die Werthvermehrung per Acre auf 30 Pf., also die des Ganzen auf 24,000 Pf. geschätzt ward.) Dabei gab es keine festen Grundsätze darüber, wie die verschiedenen Ansprüche der Gemeinde abgefunden werden sollen, und fast alles kam auf die Darlegung der betreffenden Interessen und der verwickelten Rechts- verhältnisse an. Da nämlich seit 24. Ch. II. 12 die Lords sich als Eigen- thümer der open fields und das Recht der Commune nur als Dienst- barkeit ansahen, so ward es Grundsatz, bei Ausfertigung jeder in- closure bill die Einwilligung des Lord stets als erste Bedingung zu fordern, dessen Ansprüche sehr willkürlich geschätzt wurden (Thaer, S. 343). Ebenso schwierig war die Abfindung oder eine Regulirung der tithes. Und so kann man mit gutem Recht sagen, daß nur der emi- nent praktische Sinn der Engländer überhaupt die Sache weiter brachte, ohne zur rechten Entscheidung zu gelangen. Die trüben agrarischen Verhältnisse am Ende des vorigen Jahrhunderts, zum Theil wohl auch der Reflex der französischen Bewegung und das Vorbild Schottlands
die nach Auftheilung der open fields in inclosures nicht mehr möglich war, die Stallfütterung einzuführen, wie ſchon Thaer a. a. O. hervor- hebt. Die letztere Schwierigkeit verurſachte es denn auch wohl, daß man doch nur langſam vorwärts ging, ſo lange es ſich um freiwillige Auftheilungen handelte, bis man endlich begann, ganz im Charakter der engliſchen Verwaltung überhaupt, das Princip der Gemeinheits- theilungsgeſetze durch Parlamentsbeſchlüſſe für jede einzelne Vertheilung zu erſetzen, die inclosure bills, die nach der Natur des engliſchen Par- laments nichts anderes ſind, als in der Form der Geſetze erlaſſene Verordnungen der im Parlamente gegebenen Regierungsgewalt, denen ſich die Einzelnen zu unterwerfen hatten. Wann dieſe inclosure bills entſtanden ſind und welchen Inhalt ſie haben, habe ich nicht finden können. Leider hat Thaer nichts darüber. Allein auch dieſe Parlaments- verordnungen hatten große Uebelſtände. Während Thaer, dem wir die erſte — bisher einzige — gründliche Darſtellung aller dieſer Verhältniſſe verdanken, die Schwierigkeiten der freien Theilungen vollkommen klar macht, mit tiefem Blick in die ganze engliſche Agrarverfaſſung, die niemand beſſer verſtand, als er (S. 333—338), ſagt er über die in- closure bills mit gutem Recht, daß denſelben „die Koſtſpieligkeit die- ſelben zu erwirken, dann die zweifelhafte Art, wie die verſchiedenen An- ſprüche von den Parlamentscommiſſarien werden geſchätzt und befriedigt werden, häufig im Wege ſtehen“ (S. 338), weßhalb ſie nur bei großen Theilungen praktiſch waren. (Die Koſten bei einer Theilung von 800 Acres in Somerſetſhire betrugen nach dem Report S. 57. 1040 Pf. mit Einſchluß der Einfriedigungen, der Wege u. ſ. w. 2485 Pf., wobei freilich das Endergebniß war, daß die Werthvermehrung per Acre auf 30 Pf., alſo die des Ganzen auf 24,000 Pf. geſchätzt ward.) Dabei gab es keine feſten Grundſätze darüber, wie die verſchiedenen Anſprüche der Gemeinde abgefunden werden ſollen, und faſt alles kam auf die Darlegung der betreffenden Intereſſen und der verwickelten Rechts- verhältniſſe an. Da nämlich ſeit 24. Ch. II. 12 die Lords ſich als Eigen- thümer der open fields und das Recht der Commune nur als Dienſt- barkeit anſahen, ſo ward es Grundſatz, bei Ausfertigung jeder in- closure bill die Einwilligung des Lord ſtets als erſte Bedingung zu fordern, deſſen Anſprüche ſehr willkürlich geſchätzt wurden (Thaer, S. 343). Ebenſo ſchwierig war die Abfindung oder eine Regulirung der tithes. Und ſo kann man mit gutem Recht ſagen, daß nur der emi- nent praktiſche Sinn der Engländer überhaupt die Sache weiter brachte, ohne zur rechten Entſcheidung zu gelangen. Die trüben agrariſchen Verhältniſſe am Ende des vorigen Jahrhunderts, zum Theil wohl auch der Reflex der franzöſiſchen Bewegung und das Vorbild Schottlands
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><p><pbfacs="#f0286"n="268"/>
die nach Auftheilung der <hirendition="#aq">open fields</hi> in <hirendition="#aq">inclosures</hi> nicht mehr möglich<lb/>
war, die Stallfütterung einzuführen, wie ſchon Thaer a. a. O. hervor-<lb/>
hebt. Die letztere Schwierigkeit verurſachte es denn auch wohl, daß<lb/>
man doch nur langſam vorwärts ging, ſo lange es ſich um freiwillige<lb/>
Auftheilungen handelte, bis man endlich begann, ganz im Charakter<lb/>
der engliſchen Verwaltung überhaupt, das Princip der Gemeinheits-<lb/>
theilungs<hirendition="#g">geſetze</hi> durch Parlamentsbeſchlüſſe für jede einzelne Vertheilung<lb/>
zu erſetzen, die <hirendition="#aq">inclosure bills,</hi> die nach der Natur des engliſchen Par-<lb/>
laments nichts anderes ſind, als in der Form der Geſetze erlaſſene<lb/>
Verordnungen der im Parlamente gegebenen Regierungsgewalt, denen<lb/>ſich die Einzelnen zu unterwerfen hatten. <hirendition="#g">Wann</hi> dieſe <hirendition="#aq">inclosure bills</hi><lb/>
entſtanden ſind und welchen Inhalt ſie haben, habe ich nicht finden<lb/>
können. Leider hat Thaer nichts darüber. Allein auch dieſe Parlaments-<lb/>
verordnungen hatten große Uebelſtände. Während <hirendition="#g">Thaer</hi>, dem wir<lb/>
die erſte — bisher einzige — gründliche Darſtellung aller dieſer Verhältniſſe<lb/>
verdanken, die Schwierigkeiten der freien Theilungen vollkommen klar<lb/>
macht, mit tiefem Blick in die ganze engliſche Agrarverfaſſung, die<lb/>
niemand beſſer verſtand, als er (S. 333—338), ſagt er über die <hirendition="#aq">in-<lb/>
closure bills</hi> mit gutem Recht, daß denſelben „die Koſtſpieligkeit die-<lb/>ſelben zu erwirken, dann die zweifelhafte Art, wie die verſchiedenen An-<lb/>ſprüche von den Parlamentscommiſſarien werden geſchätzt und befriedigt<lb/>
werden, häufig im Wege ſtehen“ (S. 338), weßhalb ſie nur bei großen<lb/>
Theilungen praktiſch waren. (Die Koſten bei einer Theilung von 800<lb/>
Acres in Somerſetſhire betrugen nach dem Report S. 57. 1040 Pf.<lb/>
mit Einſchluß der Einfriedigungen, der Wege u. ſ. w. 2485 Pf., wobei<lb/>
freilich das Endergebniß war, daß die Werthvermehrung per Acre auf<lb/>
30 Pf., alſo die des Ganzen auf 24,000 Pf. geſchätzt ward.) Dabei<lb/>
gab es keine feſten Grundſätze darüber, wie die verſchiedenen Anſprüche<lb/>
der Gemeinde abgefunden werden ſollen, und faſt alles kam auf die<lb/>
Darlegung der betreffenden Intereſſen und der verwickelten Rechts-<lb/>
verhältniſſe an. Da nämlich ſeit 24. <hirendition="#aq">Ch. II.</hi> 12 die Lords ſich als Eigen-<lb/>
thümer der <hirendition="#aq">open fields</hi> und das Recht der Commune nur als Dienſt-<lb/>
barkeit anſahen, ſo ward es Grundſatz, bei Ausfertigung jeder <hirendition="#aq">in-<lb/>
closure bill</hi> die Einwilligung des Lord ſtets als erſte Bedingung zu<lb/>
fordern, deſſen Anſprüche ſehr willkürlich geſchätzt wurden (<hirendition="#g">Thaer</hi>,<lb/>
S. 343). Ebenſo ſchwierig war die Abfindung oder eine Regulirung<lb/>
der <hirendition="#aq">tithes.</hi> Und ſo kann man mit gutem Recht ſagen, daß nur der emi-<lb/>
nent praktiſche Sinn der Engländer überhaupt die Sache weiter brachte,<lb/>
ohne zur rechten Entſcheidung zu gelangen. Die trüben agrariſchen<lb/>
Verhältniſſe am Ende des vorigen Jahrhunderts, zum Theil wohl auch<lb/>
der Reflex der franzöſiſchen Bewegung und das Vorbild Schottlands<lb/></p></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[268/0286]
die nach Auftheilung der open fields in inclosures nicht mehr möglich
war, die Stallfütterung einzuführen, wie ſchon Thaer a. a. O. hervor-
hebt. Die letztere Schwierigkeit verurſachte es denn auch wohl, daß
man doch nur langſam vorwärts ging, ſo lange es ſich um freiwillige
Auftheilungen handelte, bis man endlich begann, ganz im Charakter
der engliſchen Verwaltung überhaupt, das Princip der Gemeinheits-
theilungsgeſetze durch Parlamentsbeſchlüſſe für jede einzelne Vertheilung
zu erſetzen, die inclosure bills, die nach der Natur des engliſchen Par-
laments nichts anderes ſind, als in der Form der Geſetze erlaſſene
Verordnungen der im Parlamente gegebenen Regierungsgewalt, denen
ſich die Einzelnen zu unterwerfen hatten. Wann dieſe inclosure bills
entſtanden ſind und welchen Inhalt ſie haben, habe ich nicht finden
können. Leider hat Thaer nichts darüber. Allein auch dieſe Parlaments-
verordnungen hatten große Uebelſtände. Während Thaer, dem wir
die erſte — bisher einzige — gründliche Darſtellung aller dieſer Verhältniſſe
verdanken, die Schwierigkeiten der freien Theilungen vollkommen klar
macht, mit tiefem Blick in die ganze engliſche Agrarverfaſſung, die
niemand beſſer verſtand, als er (S. 333—338), ſagt er über die in-
closure bills mit gutem Recht, daß denſelben „die Koſtſpieligkeit die-
ſelben zu erwirken, dann die zweifelhafte Art, wie die verſchiedenen An-
ſprüche von den Parlamentscommiſſarien werden geſchätzt und befriedigt
werden, häufig im Wege ſtehen“ (S. 338), weßhalb ſie nur bei großen
Theilungen praktiſch waren. (Die Koſten bei einer Theilung von 800
Acres in Somerſetſhire betrugen nach dem Report S. 57. 1040 Pf.
mit Einſchluß der Einfriedigungen, der Wege u. ſ. w. 2485 Pf., wobei
freilich das Endergebniß war, daß die Werthvermehrung per Acre auf
30 Pf., alſo die des Ganzen auf 24,000 Pf. geſchätzt ward.) Dabei
gab es keine feſten Grundſätze darüber, wie die verſchiedenen Anſprüche
der Gemeinde abgefunden werden ſollen, und faſt alles kam auf die
Darlegung der betreffenden Intereſſen und der verwickelten Rechts-
verhältniſſe an. Da nämlich ſeit 24. Ch. II. 12 die Lords ſich als Eigen-
thümer der open fields und das Recht der Commune nur als Dienſt-
barkeit anſahen, ſo ward es Grundſatz, bei Ausfertigung jeder in-
closure bill die Einwilligung des Lord ſtets als erſte Bedingung zu
fordern, deſſen Anſprüche ſehr willkürlich geſchätzt wurden (Thaer,
S. 343). Ebenſo ſchwierig war die Abfindung oder eine Regulirung
der tithes. Und ſo kann man mit gutem Recht ſagen, daß nur der emi-
nent praktiſche Sinn der Engländer überhaupt die Sache weiter brachte,
ohne zur rechten Entſcheidung zu gelangen. Die trüben agrariſchen
Verhältniſſe am Ende des vorigen Jahrhunderts, zum Theil wohl auch
der Reflex der franzöſiſchen Bewegung und das Vorbild Schottlands
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre07_1868/286>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.