Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868.der meist unvermögenden Bauern abhängt, sondern ein auf der ge- In diesen Punkten ist nun das Verhältniß des Staats zur Grund- Dieß Verhältniß beruht nun auf dem allgemeinen Grundsatz, daß der meiſt unvermögenden Bauern abhängt, ſondern ein auf der ge- In dieſen Punkten iſt nun das Verhältniß des Staats zur Grund- Dieß Verhältniß beruht nun auf dem allgemeinen Grundſatz, daß <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <p><pb facs="#f0238" n="220"/> der meiſt unvermögenden Bauern abhängt, ſondern ein auf der ge-<lb/> ſteigerten Produktivkraft baſirtes <hi rendition="#g">Kreditſyſtem</hi> hergeſtellt wird, das<lb/> unter verſchiedenen Namen (Landeskreditanſtalt, Rentenbank, Grund-<lb/> entlaſtungsfonds) die Entſchädigungsſumme zu einer öffentlichen Schuld<lb/> macht, aber die Verzinſung und Rückzahlung dieſer Schuld auf die ent-<lb/> laſteten Grundſtücke legt. Erſt dadurch wird die Grundentlaſtung zu<lb/> einer Entwährung im obigen Sinne, und erſt dadurch gewinnt ſie jenen<lb/> organiſchen Charakter, der Deutſchlands Entlaſtungsweſen auszeichnet.<lb/> Sie hat gerade durch dieſe Entlaſtungskreditinſtitute nicht den revolu-<lb/> tionären Willen der Betheiligten, ſondern die <hi rendition="#g">Arbeit der Befreiten</hi><lb/> zum Grunde gelegt, und das iſt ihr weſentlichſter Unterſchied von dem<lb/> Entlaſtungsweſen Englands und Frankreichs. — <hi rendition="#g">Fünftens</hi> endlich ſind<lb/> zwar diejenigen Laſten, welche den Charakter von Naturalſteuern haben,<lb/> von der Ablöſung ausgeſchloſſen, wie die Leiſtungen für Kirchen, Schulen,<lb/> Wege u. a. m.; allein alle verſtändigen Regierungen arbeiten kräftig<lb/> dahin, auch an die Stelle dieſer Naturalleiſtungen die rationellen Geld-<lb/> leiſtungen zu ſetzen, in dem mehr oder weniger klaren Gefühl, daß eine<lb/> tüchtige <hi rendition="#g">Selbſtverwaltung</hi> erſt dann möglich iſt, wenn <hi rendition="#g">alle</hi> Natural-<lb/> leiſtungen in Geldleiſtungen umgewandelt ſein werden.</p><lb/> <p>In dieſen Punkten iſt nun das Verhältniß des <hi rendition="#g">Staats</hi> zur Grund-<lb/> entlaſtung gegeben. Die folgenden enthalten das Verhältniß deſſelben<lb/> zum ſtaatsbürgerlichen <hi rendition="#g">Eigenthumsrecht</hi>.</p><lb/> <p>Dieß Verhältniß beruht nun auf dem allgemeinen Grundſatz, daß<lb/><hi rendition="#g">gar keine</hi> aus der Geſchlechterordnung ſtammende Laſt auf dem Grunde<lb/> und Boden fortdauern, ſondern daß derſelbe von jetzt an ein vollkommen<lb/><hi rendition="#g">freies Kapital</hi> ſein ſoll. Daraus gehen wieder gewiſſe Conſequenzen<lb/> hervor, die ihrerſeits nur durch die Grundformen der Geſchlechterordnung<lb/> ſelbſt recht verſtändlich werden. <hi rendition="#g">Zuerſt</hi> werden nämlich <hi rendition="#g">alle</hi> Laſten<lb/> und Beſchränkungen des Eigenthums aufgehoben, und zwar in der<lb/> Weiſe, daß die Gemeinheitstheilungen und Ablöſungen grundſätzlich<lb/> durchgeführt werden (ſ. unten), <hi rendition="#g">zweitens</hi> daß alle gutsherrlichen Real-<lb/> laſten beſeitigt werden, zunächſt alle Dienſte und Frohnden, dann die<lb/> aus dem Obereigenthum ſtammenden Giebigkeiten und Rechte, deren<lb/> Grundlage das Unterthansverhältniß iſt. <hi rendition="#g">Drittens</hi> daß — in manchen<lb/> Staaten erſt ſpät — auch die Idee und die praktiſchen Conſequenzen<lb/> des ſtaatlichen Obereigenthums, und mit ihnen Begriff und praktiſche<lb/> Bedeutung des <hi rendition="#g">Lehnsverhältniſſes</hi> aufgehoben werden. Endlich<lb/> aber drückt ſich das eigentliche Princip der vollen Grundentlaſtung <hi rendition="#g">vier-<lb/> tens</hi> am klarſten darin aus, daß alle derartige Laſten niemals wieder<lb/> als unablösbare <hi rendition="#g">hergeſtellt werden dürfen</hi>, damit nicht vermöge<lb/> des Kapitalverkehrs und vielleicht vermöge der Noth der vertragsmäßige<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [220/0238]
der meiſt unvermögenden Bauern abhängt, ſondern ein auf der ge-
ſteigerten Produktivkraft baſirtes Kreditſyſtem hergeſtellt wird, das
unter verſchiedenen Namen (Landeskreditanſtalt, Rentenbank, Grund-
entlaſtungsfonds) die Entſchädigungsſumme zu einer öffentlichen Schuld
macht, aber die Verzinſung und Rückzahlung dieſer Schuld auf die ent-
laſteten Grundſtücke legt. Erſt dadurch wird die Grundentlaſtung zu
einer Entwährung im obigen Sinne, und erſt dadurch gewinnt ſie jenen
organiſchen Charakter, der Deutſchlands Entlaſtungsweſen auszeichnet.
Sie hat gerade durch dieſe Entlaſtungskreditinſtitute nicht den revolu-
tionären Willen der Betheiligten, ſondern die Arbeit der Befreiten
zum Grunde gelegt, und das iſt ihr weſentlichſter Unterſchied von dem
Entlaſtungsweſen Englands und Frankreichs. — Fünftens endlich ſind
zwar diejenigen Laſten, welche den Charakter von Naturalſteuern haben,
von der Ablöſung ausgeſchloſſen, wie die Leiſtungen für Kirchen, Schulen,
Wege u. a. m.; allein alle verſtändigen Regierungen arbeiten kräftig
dahin, auch an die Stelle dieſer Naturalleiſtungen die rationellen Geld-
leiſtungen zu ſetzen, in dem mehr oder weniger klaren Gefühl, daß eine
tüchtige Selbſtverwaltung erſt dann möglich iſt, wenn alle Natural-
leiſtungen in Geldleiſtungen umgewandelt ſein werden.
In dieſen Punkten iſt nun das Verhältniß des Staats zur Grund-
entlaſtung gegeben. Die folgenden enthalten das Verhältniß deſſelben
zum ſtaatsbürgerlichen Eigenthumsrecht.
Dieß Verhältniß beruht nun auf dem allgemeinen Grundſatz, daß
gar keine aus der Geſchlechterordnung ſtammende Laſt auf dem Grunde
und Boden fortdauern, ſondern daß derſelbe von jetzt an ein vollkommen
freies Kapital ſein ſoll. Daraus gehen wieder gewiſſe Conſequenzen
hervor, die ihrerſeits nur durch die Grundformen der Geſchlechterordnung
ſelbſt recht verſtändlich werden. Zuerſt werden nämlich alle Laſten
und Beſchränkungen des Eigenthums aufgehoben, und zwar in der
Weiſe, daß die Gemeinheitstheilungen und Ablöſungen grundſätzlich
durchgeführt werden (ſ. unten), zweitens daß alle gutsherrlichen Real-
laſten beſeitigt werden, zunächſt alle Dienſte und Frohnden, dann die
aus dem Obereigenthum ſtammenden Giebigkeiten und Rechte, deren
Grundlage das Unterthansverhältniß iſt. Drittens daß — in manchen
Staaten erſt ſpät — auch die Idee und die praktiſchen Conſequenzen
des ſtaatlichen Obereigenthums, und mit ihnen Begriff und praktiſche
Bedeutung des Lehnsverhältniſſes aufgehoben werden. Endlich
aber drückt ſich das eigentliche Princip der vollen Grundentlaſtung vier-
tens am klarſten darin aus, daß alle derartige Laſten niemals wieder
als unablösbare hergeſtellt werden dürfen, damit nicht vermöge
des Kapitalverkehrs und vielleicht vermöge der Noth der vertragsmäßige
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