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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868.

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ihren Stoff als den ihrigen zu beherrschen und zu erleuchten weiß.
Alle andern Wissenschaften sind sich über sich selber einig; und das
ist die Grundlage ihrer Größe. Nur die Wissenschaft des wirthschaft-
lichen Lebens ist es nicht, am wenigsten die der Verwaltung desselben.
Und dennoch fordert man von der letzteren, daß sie ihrem Wesen nach
für wirthschaftliche Zwecke thätig sein soll. Sagt mir nicht die ein-
fachste Logik, daß ich nicht im Stande bin, diese Aufgabe der Ver-
waltung zu verstehen, wenn ich nicht die Nationalökonomie -- das
Objekt -- von der Verwaltung -- dem Subjekt -- streng unterscheide?
Haben nicht beide ihr Wesen für sich? Muß ich daher nicht ver-
nünftiger Weise damit beginnen, daß ich zuerst jedes von beiden in
diesem seinem Wesen für sich betrachte, um wissen zu können, wie das
eine mit dem andern agiren soll? Muß ich diese Unterscheidung nicht
auf jedem Punkte festhalten und durchführen? Und ist ein genügen-
des Ergebniß denkbar, wenn ich den bequemen Ausdruck der "An-
wendung" an die Stelle des Nachdenkens über die Natur des An-
wendenden setze, die doch über Inhalt und Gränze der Anwendung
entscheidet? -- Doch es führt nicht weiter, mehr über diese Dinge
hier zu reden. Wir unsererseits hoffen, daß diese Epoche eine über-
wundene ist. Zu der Arbeit des wahrhaft deutschen Geistes aber,
durch den wir aus der französisch-englischen Nachahmerei heraus zu
einer organischen Wissenschaft gelangen, wollen wir hier, was an uns
ist, beitragen. Und unsere nächste Aufgabe wird es daher sein, den
logischen und organischen Begriff der wirthschaftlichen Verwaltung oder
Volkswirthschaftspflege aus seiner Vermengung mit den verwandten
Begriffen oder Vorstellungen von Volkswirthschaft, Staatswirthschaft,
Polizei und andern heraus zu heben und damit die Basis unserer
Wissenschaft zu finden. Das nun ist freilich unmöglich, ohne jeden
jener Begriffe zunächst für sich zu bestimmen.

II. Unterschied der Volkswirthschaft, der Staatswirthschaft und der
wirthschaftlichen Verwaltung.
1) Die Volkswirthschaft.

Die große, gewaltige Erscheinung, welche der Volkswirthschafts-
lehre zum Grunde liegt, ist die die ganze Menschheit umfassende und
die ganze Geschichte erfüllende Thatsache, daß der Mensch die Welt
der natürlichen Dinge seinen Zwecken unterwirft und dem natürlichen
Leben eine persönliche Bestimmung gibt. Wir nennen den Proceß,
durch den dieß geschieht, die Volkswirthschaft, nach ihrem letzten

ihren Stoff als den ihrigen zu beherrſchen und zu erleuchten weiß.
Alle andern Wiſſenſchaften ſind ſich über ſich ſelber einig; und das
iſt die Grundlage ihrer Größe. Nur die Wiſſenſchaft des wirthſchaft-
lichen Lebens iſt es nicht, am wenigſten die der Verwaltung deſſelben.
Und dennoch fordert man von der letzteren, daß ſie ihrem Weſen nach
für wirthſchaftliche Zwecke thätig ſein ſoll. Sagt mir nicht die ein-
fachſte Logik, daß ich nicht im Stande bin, dieſe Aufgabe der Ver-
waltung zu verſtehen, wenn ich nicht die Nationalökonomie — das
Objekt — von der Verwaltung — dem Subjekt — ſtreng unterſcheide?
Haben nicht beide ihr Weſen für ſich? Muß ich daher nicht ver-
nünftiger Weiſe damit beginnen, daß ich zuerſt jedes von beiden in
dieſem ſeinem Weſen für ſich betrachte, um wiſſen zu können, wie das
eine mit dem andern agiren ſoll? Muß ich dieſe Unterſcheidung nicht
auf jedem Punkte feſthalten und durchführen? Und iſt ein genügen-
des Ergebniß denkbar, wenn ich den bequemen Ausdruck der „An-
wendung“ an die Stelle des Nachdenkens über die Natur des An-
wendenden ſetze, die doch über Inhalt und Gränze der Anwendung
entſcheidet? — Doch es führt nicht weiter, mehr über dieſe Dinge
hier zu reden. Wir unſererſeits hoffen, daß dieſe Epoche eine über-
wundene iſt. Zu der Arbeit des wahrhaft deutſchen Geiſtes aber,
durch den wir aus der franzöſiſch-engliſchen Nachahmerei heraus zu
einer organiſchen Wiſſenſchaft gelangen, wollen wir hier, was an uns
iſt, beitragen. Und unſere nächſte Aufgabe wird es daher ſein, den
logiſchen und organiſchen Begriff der wirthſchaftlichen Verwaltung oder
Volkswirthſchaftspflege aus ſeiner Vermengung mit den verwandten
Begriffen oder Vorſtellungen von Volkswirthſchaft, Staatswirthſchaft,
Polizei und andern heraus zu heben und damit die Baſis unſerer
Wiſſenſchaft zu finden. Das nun iſt freilich unmöglich, ohne jeden
jener Begriffe zunächſt für ſich zu beſtimmen.

II. Unterſchied der Volkswirthſchaft, der Staatswirthſchaft und der
wirthſchaftlichen Verwaltung.
1) Die Volkswirthſchaft.

Die große, gewaltige Erſcheinung, welche der Volkswirthſchafts-
lehre zum Grunde liegt, iſt die die ganze Menſchheit umfaſſende und
die ganze Geſchichte erfüllende Thatſache, daß der Menſch die Welt
der natürlichen Dinge ſeinen Zwecken unterwirft und dem natürlichen
Leben eine perſönliche Beſtimmung gibt. Wir nennen den Proceß,
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[5/0023] ihren Stoff als den ihrigen zu beherrſchen und zu erleuchten weiß. Alle andern Wiſſenſchaften ſind ſich über ſich ſelber einig; und das iſt die Grundlage ihrer Größe. Nur die Wiſſenſchaft des wirthſchaft- lichen Lebens iſt es nicht, am wenigſten die der Verwaltung deſſelben. Und dennoch fordert man von der letzteren, daß ſie ihrem Weſen nach für wirthſchaftliche Zwecke thätig ſein ſoll. Sagt mir nicht die ein- fachſte Logik, daß ich nicht im Stande bin, dieſe Aufgabe der Ver- waltung zu verſtehen, wenn ich nicht die Nationalökonomie — das Objekt — von der Verwaltung — dem Subjekt — ſtreng unterſcheide? Haben nicht beide ihr Weſen für ſich? Muß ich daher nicht ver- nünftiger Weiſe damit beginnen, daß ich zuerſt jedes von beiden in dieſem ſeinem Weſen für ſich betrachte, um wiſſen zu können, wie das eine mit dem andern agiren ſoll? Muß ich dieſe Unterſcheidung nicht auf jedem Punkte feſthalten und durchführen? Und iſt ein genügen- des Ergebniß denkbar, wenn ich den bequemen Ausdruck der „An- wendung“ an die Stelle des Nachdenkens über die Natur des An- wendenden ſetze, die doch über Inhalt und Gränze der Anwendung entſcheidet? — Doch es führt nicht weiter, mehr über dieſe Dinge hier zu reden. Wir unſererſeits hoffen, daß dieſe Epoche eine über- wundene iſt. Zu der Arbeit des wahrhaft deutſchen Geiſtes aber, durch den wir aus der franzöſiſch-engliſchen Nachahmerei heraus zu einer organiſchen Wiſſenſchaft gelangen, wollen wir hier, was an uns iſt, beitragen. Und unſere nächſte Aufgabe wird es daher ſein, den logiſchen und organiſchen Begriff der wirthſchaftlichen Verwaltung oder Volkswirthſchaftspflege aus ſeiner Vermengung mit den verwandten Begriffen oder Vorſtellungen von Volkswirthſchaft, Staatswirthſchaft, Polizei und andern heraus zu heben und damit die Baſis unſerer Wiſſenſchaft zu finden. Das nun iſt freilich unmöglich, ohne jeden jener Begriffe zunächſt für ſich zu beſtimmen. II. Unterſchied der Volkswirthſchaft, der Staatswirthſchaft und der wirthſchaftlichen Verwaltung. 1) Die Volkswirthſchaft. Die große, gewaltige Erſcheinung, welche der Volkswirthſchafts- lehre zum Grunde liegt, iſt die die ganze Menſchheit umfaſſende und die ganze Geſchichte erfüllende Thatſache, daß der Menſch die Welt der natürlichen Dinge ſeinen Zwecken unterwirft und dem natürlichen Leben eine perſönliche Beſtimmung gibt. Wir nennen den Proceß, durch den dieß geſchieht, die Volkswirthſchaft, nach ihrem letzten

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre07_1868/23>, abgerufen am 23.11.2024.