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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868.

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des Landesherrn, die Negation des Rechts der Stände, der ordines
des Hugo Grotius, lag auf der Hand; der "Patrimonalstaat" des
letzteren wurde als die Grundlage des gesammten Staatsrechts an-
genommen, und Landeshoheit und Obereigenthum so identificirt, daß
jetzt principiell die Landeshoheit als Eigenthum in das dominium emi-
nens
aufgenommen wurde; der Sicherheit halber ward das dominium
feudale
wieder als "Lehnsobereigenthum" davon geschieden, und auf die
Einschränkungen in Veränderungs- und Veräußerungsrecht reducirt.
(Böhmer, Instit. jur. feud. §. 35 u. öfter; Fischer a. a. O. §. 454.)
Dieser Richtung trat nun die zweite freiere entschieden entgegen, indem
sie ein solches dominium eminens definitiv verwarf, und die Landes-
hoheit von dem Begriffe und Recht des Eigenthums auch auf diesem
Gebiete trennte. Zuerst erschien Rave, Betrachtung über den Unter-
schied der Oberherrschaft und des Eigenthums; 1766 Pütter in seinen
Beiträgen I. Nr. VI. u. IX. führte die Scheidung weiter auf juri-
stischem Gebiet aus, bis die bedeutende Schrift von A. F. H. Posse
über das Staatseigenthum in den deutschen Reichslanden und das
Staatsrepräsentationsrecht der deutschen Landstände (1794) definitiv mit
großer Klarheit und gründlicher Gelehrsamkeit den Satz feststellte, "daß
das Staatsobereigenthum -- nur die Befugniß der regierenden Gewalt
-- eine Aufopferung des Privateigenthums und die Beschränkung der
natürlichen Freiheit der Unterthanen zur Beförderung des allgemeinen
Wohles oder der allgemeinen Bequemlichkeit nach Verhältniß des dem
Ganzen dadurch zu verschaffenden Vortheils enthalte, daß aber der
Grund dieses Rechts in der aus den Staatszwecken unmittelbar flie-
ßenden Staatsgewalt und nicht in einem Eigenthum des Staats
an den Unterthanen und dem Landesbestande liege" (S. 11), ein Satz,
den Hufeland in seinen Lehrsätzen des Naturrechts §. 396 in ähn-
licher Weise gegen die naturrechtliche Lehre Pufendorfs, dem Princip
des Patrimonialstaates, "daß alles Eigenthum nur Begünstigung des
Staats sei" und Häberlin im Repertorium des Staats- und Lehns-
rechts (Artikel: Obereigenthum) publicistisch nachgewiesen hatte, und den
endlich Runde in seinem deutschen Privatrecht definitiv formulirt
(§. 101): "Landeshoheit und Eigenthum sind zwei ihrem Wesen
nach so verschiedene Rechte, daß die Bestandtheile und Wirkungen des
Einen schlechterdings nicht als Inbegriff des Andern betrachtet werden
dürfen." Man kann sagen, daß damit die Frage endgültig entschieden war;
die Ideen Bieners und Fischers verschwinden, und damit verschwindet
auch der Begriff und Name des
dominium eminens aus der
ganzen Literatur
. Mit dem 19. Jahrhundert ist seine historische
Mission vollbracht; es bleibt nur Eines übrig, und das erhält sich bis

des Landesherrn, die Negation des Rechts der Stände, der ordines
des Hugo Grotius, lag auf der Hand; der „Patrimonalſtaat“ des
letzteren wurde als die Grundlage des geſammten Staatsrechts an-
genommen, und Landeshoheit und Obereigenthum ſo identificirt, daß
jetzt principiell die Landeshoheit als Eigenthum in das dominium emi-
nens
aufgenommen wurde; der Sicherheit halber ward das dominium
feudale
wieder als „Lehnsobereigenthum“ davon geſchieden, und auf die
Einſchränkungen in Veränderungs- und Veräußerungsrecht reducirt.
(Böhmer, Instit. jur. feud. §. 35 u. öfter; Fiſcher a. a. O. §. 454.)
Dieſer Richtung trat nun die zweite freiere entſchieden entgegen, indem
ſie ein ſolches dominium eminens definitiv verwarf, und die Landes-
hoheit von dem Begriffe und Recht des Eigenthums auch auf dieſem
Gebiete trennte. Zuerſt erſchien Rave, Betrachtung über den Unter-
ſchied der Oberherrſchaft und des Eigenthums; 1766 Pütter in ſeinen
Beiträgen I. Nr. VI. u. IX. führte die Scheidung weiter auf juri-
ſtiſchem Gebiet aus, bis die bedeutende Schrift von A. F. H. Poſſe
über das Staatseigenthum in den deutſchen Reichslanden und das
Staatsrepräſentationsrecht der deutſchen Landſtände (1794) definitiv mit
großer Klarheit und gründlicher Gelehrſamkeit den Satz feſtſtellte, „daß
das Staatsobereigenthum — nur die Befugniß der regierenden Gewalt
— eine Aufopferung des Privateigenthums und die Beſchränkung der
natürlichen Freiheit der Unterthanen zur Beförderung des allgemeinen
Wohles oder der allgemeinen Bequemlichkeit nach Verhältniß des dem
Ganzen dadurch zu verſchaffenden Vortheils enthalte, daß aber der
Grund dieſes Rechts in der aus den Staatszwecken unmittelbar flie-
ßenden Staatsgewalt und nicht in einem Eigenthum des Staats
an den Unterthanen und dem Landesbeſtande liege“ (S. 11), ein Satz,
den Hufeland in ſeinen Lehrſätzen des Naturrechts §. 396 in ähn-
licher Weiſe gegen die naturrechtliche Lehre Pufendorfs, dem Princip
des Patrimonialſtaates, „daß alles Eigenthum nur Begünſtigung des
Staats ſei“ und Häberlin im Repertorium des Staats- und Lehns-
rechts (Artikel: Obereigenthum) publiciſtiſch nachgewieſen hatte, und den
endlich Runde in ſeinem deutſchen Privatrecht definitiv formulirt
(§. 101): „Landeshoheit und Eigenthum ſind zwei ihrem Weſen
nach ſo verſchiedene Rechte, daß die Beſtandtheile und Wirkungen des
Einen ſchlechterdings nicht als Inbegriff des Andern betrachtet werden
dürfen.“ Man kann ſagen, daß damit die Frage endgültig entſchieden war;
die Ideen Bieners und Fiſchers verſchwinden, und damit verſchwindet
auch der Begriff und Name des
dominium eminens aus der
ganzen Literatur
. Mit dem 19. Jahrhundert iſt ſeine hiſtoriſche
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[176/0194] des Landesherrn, die Negation des Rechts der Stände, der ordines des Hugo Grotius, lag auf der Hand; der „Patrimonalſtaat“ des letzteren wurde als die Grundlage des geſammten Staatsrechts an- genommen, und Landeshoheit und Obereigenthum ſo identificirt, daß jetzt principiell die Landeshoheit als Eigenthum in das dominium emi- nens aufgenommen wurde; der Sicherheit halber ward das dominium feudale wieder als „Lehnsobereigenthum“ davon geſchieden, und auf die Einſchränkungen in Veränderungs- und Veräußerungsrecht reducirt. (Böhmer, Instit. jur. feud. §. 35 u. öfter; Fiſcher a. a. O. §. 454.) Dieſer Richtung trat nun die zweite freiere entſchieden entgegen, indem ſie ein ſolches dominium eminens definitiv verwarf, und die Landes- hoheit von dem Begriffe und Recht des Eigenthums auch auf dieſem Gebiete trennte. Zuerſt erſchien Rave, Betrachtung über den Unter- ſchied der Oberherrſchaft und des Eigenthums; 1766 Pütter in ſeinen Beiträgen I. Nr. VI. u. IX. führte die Scheidung weiter auf juri- ſtiſchem Gebiet aus, bis die bedeutende Schrift von A. F. H. Poſſe über das Staatseigenthum in den deutſchen Reichslanden und das Staatsrepräſentationsrecht der deutſchen Landſtände (1794) definitiv mit großer Klarheit und gründlicher Gelehrſamkeit den Satz feſtſtellte, „daß das Staatsobereigenthum — nur die Befugniß der regierenden Gewalt — eine Aufopferung des Privateigenthums und die Beſchränkung der natürlichen Freiheit der Unterthanen zur Beförderung des allgemeinen Wohles oder der allgemeinen Bequemlichkeit nach Verhältniß des dem Ganzen dadurch zu verſchaffenden Vortheils enthalte, daß aber der Grund dieſes Rechts in der aus den Staatszwecken unmittelbar flie- ßenden Staatsgewalt und nicht in einem Eigenthum des Staats an den Unterthanen und dem Landesbeſtande liege“ (S. 11), ein Satz, den Hufeland in ſeinen Lehrſätzen des Naturrechts §. 396 in ähn- licher Weiſe gegen die naturrechtliche Lehre Pufendorfs, dem Princip des Patrimonialſtaates, „daß alles Eigenthum nur Begünſtigung des Staats ſei“ und Häberlin im Repertorium des Staats- und Lehns- rechts (Artikel: Obereigenthum) publiciſtiſch nachgewieſen hatte, und den endlich Runde in ſeinem deutſchen Privatrecht definitiv formulirt (§. 101): „Landeshoheit und Eigenthum ſind zwei ihrem Weſen nach ſo verſchiedene Rechte, daß die Beſtandtheile und Wirkungen des Einen ſchlechterdings nicht als Inbegriff des Andern betrachtet werden dürfen.“ Man kann ſagen, daß damit die Frage endgültig entſchieden war; die Ideen Bieners und Fiſchers verſchwinden, und damit verſchwindet auch der Begriff und Name des dominium eminens aus der ganzen Literatur. Mit dem 19. Jahrhundert iſt ſeine hiſtoriſche Miſſion vollbracht; es bleibt nur Eines übrig, und das erhält ſich bis

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre07_1868/194>, abgerufen am 23.11.2024.