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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868.

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193 und 378--382. Daraus nun ergab sich im Wesentlichen für das
18. Jahrhundert folgendes System von Begriffen. Das imperium
muß vom dominium als proprietas unbedingt geschieden werden (J. P.
Slevoigt, de dominio et imperio 1711; J. Fr. Kaiser, dissertatio
de diverso imperii et dominii jure.
1728; vgl. Henr. Coccejus,
Introduct. ad. Grotium diss. 12). Das imperium beruht auf der
Hoheit, die im Staatsbegriffe liegt; diese Hoheit heißt nämlich seit
Moser die Landeshoheit im Gegensatz zur Reichshoheit, was dann
Pütter (Instit. jur. publ. §. 28) zu einem allgemein anerkannten
Kathederbegriff macht. Diese Landeshoheit ist eben das imperium des
17. und 18. Jahrhunderts, und findet allmählig eine feste Definition,
die von Hertius (dissertatio de superioritate territoriali, opuscul.
I. P. 2. p.
27), der Grotius' Lehre eben so einseitig auffaßt wie Posse,
(s. unten) und am klarsten von Runde (Deutsches Privatrecht §. 101)
am Ende des vorigen Jahrhunderts dahin definirt wird: "Die Landes-
hoheit begreift alle die gemeine Wohlfahrt des Staats zum Zwecke
habenden Rechte der Oberherrschaft oder Staatsgewalt, mit Ausschluß
der dem Kaiser vorbehaltenen Regierungsrechte." Die Frage, ob die bona
publica
dem dominium des Landesherrn gehörten oder nicht, ward dann
verschieden beantwortet; nach dem System des Hugo Grotius II. c. 2.
§. 4. verschieden im Patrimonial- und im ständischen Staate als "do-
minum primi occupatoris, puta populi aut regis"
(im Patrimo-
nialstaate) sehr bestimmt bezeichnet ("talia esse solent flumina, lacus
stagna, silvae, montes asperi"
) -- darnach dann Heineccius,
(Elem. juris german. I. 367) und eben so Vitriarius selbst (Instit.
jur. publ. lib. III. T.
18. §. 6); dagegen Hertius a. a. O. §. 43:
ad summum imperantem non spectare, nisi lex, mos aut major
conjectura (?) exceptionem suggerat.
Chr. Wolff setzt die res
publicae
allerdings in dominio totius populi, das jedoch sein Recht
an den Rektor übertragen kann, der dann nicht bloß das imperium,
sondern auch das dominium eminens in rebus publicis hat, wobei
jedoch der Gebrauch allein bleibt, während das jus disponendi dem
Rektor gehört (Instit. jur. nat. et. gent. §. 1130). Freilich war mit
diesen bonis publicis die Sache nicht erledigt, denn noch immer war
der Landesfürst Lehnsherr und hieß "dominus." Zu Lehn aber trugen
fast alle Grundherren ihren Grundbesitz. Das Lehnrecht hatte nun mit
dem imperium nichts zu thun, auch nichts mit den bonis publicis;
jetzt handelte es sich deßhalb darum, ob die Lehnsherrlichkeit ein do-
minium eminens
oder ein Recht für sich sei. Hier war es nun, wo
sich namentlich in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts die
Ansichten und Tendenzen zum Theil in sehr entschiedener Weise theilten,

193 und 378—382. Daraus nun ergab ſich im Weſentlichen für das
18. Jahrhundert folgendes Syſtem von Begriffen. Das imperium
muß vom dominium als proprietas unbedingt geſchieden werden (J. P.
Slevoigt, de dominio et imperio 1711; J. Fr. Kaiſer, dissertatio
de diverso imperii et dominii jure.
1728; vgl. Henr. Coccejus,
Introduct. ad. Grotium diss. 12). Das imperium beruht auf der
Hoheit, die im Staatsbegriffe liegt; dieſe Hoheit heißt nämlich ſeit
Moſer die Landeshoheit im Gegenſatz zur Reichshoheit, was dann
Pütter (Instit. jur. publ. §. 28) zu einem allgemein anerkannten
Kathederbegriff macht. Dieſe Landeshoheit iſt eben das imperium des
17. und 18. Jahrhunderts, und findet allmählig eine feſte Definition,
die von Hertius (dissertatio de superioritate territoriali, opuscul.
I. P. 2. p.
27), der Grotius’ Lehre eben ſo einſeitig auffaßt wie Poſſe,
(ſ. unten) und am klarſten von Runde (Deutſches Privatrecht §. 101)
am Ende des vorigen Jahrhunderts dahin definirt wird: „Die Landes-
hoheit begreift alle die gemeine Wohlfahrt des Staats zum Zwecke
habenden Rechte der Oberherrſchaft oder Staatsgewalt, mit Ausſchluß
der dem Kaiſer vorbehaltenen Regierungsrechte.“ Die Frage, ob die bona
publica
dem dominium des Landesherrn gehörten oder nicht, ward dann
verſchieden beantwortet; nach dem Syſtem des Hugo Grotius II. c. 2.
§. 4. verſchieden im Patrimonial- und im ſtändiſchen Staate als „do-
minum primi occupatoris, puta populi aut regis“
(im Patrimo-
nialſtaate) ſehr beſtimmt bezeichnet („talia esse solent flumina, lacus
stagna, silvae, montes asperi“
) — darnach dann Heineccius,
(Elem. juris german. I. 367) und eben ſo Vitriarius ſelbſt (Instit.
jur. publ. lib. III. T.
18. §. 6); dagegen Hertius a. a. O. §. 43:
ad summum imperantem non spectare, nisi lex, mos aut major
conjectura (?) exceptionem suggerat.
Chr. Wolff ſetzt die res
publicae
allerdings in dominio totius populi, das jedoch ſein Recht
an den Rektor übertragen kann, der dann nicht bloß das imperium,
ſondern auch das dominium eminens in rebus publicis hat, wobei
jedoch der Gebrauch allein bleibt, während das jus disponendi dem
Rektor gehört (Instit. jur. nat. et. gent. §. 1130). Freilich war mit
dieſen bonis publicis die Sache nicht erledigt, denn noch immer war
der Landesfürſt Lehnsherr und hieß „dominus.“ Zu Lehn aber trugen
faſt alle Grundherren ihren Grundbeſitz. Das Lehnrecht hatte nun mit
dem imperium nichts zu thun, auch nichts mit den bonis publicis;
jetzt handelte es ſich deßhalb darum, ob die Lehnsherrlichkeit ein do-
minium eminens
oder ein Recht für ſich ſei. Hier war es nun, wo
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[174/0192] 193 und 378—382. Daraus nun ergab ſich im Weſentlichen für das 18. Jahrhundert folgendes Syſtem von Begriffen. Das imperium muß vom dominium als proprietas unbedingt geſchieden werden (J. P. Slevoigt, de dominio et imperio 1711; J. Fr. Kaiſer, dissertatio de diverso imperii et dominii jure. 1728; vgl. Henr. Coccejus, Introduct. ad. Grotium diss. 12). Das imperium beruht auf der Hoheit, die im Staatsbegriffe liegt; dieſe Hoheit heißt nämlich ſeit Moſer die Landeshoheit im Gegenſatz zur Reichshoheit, was dann Pütter (Instit. jur. publ. §. 28) zu einem allgemein anerkannten Kathederbegriff macht. Dieſe Landeshoheit iſt eben das imperium des 17. und 18. Jahrhunderts, und findet allmählig eine feſte Definition, die von Hertius (dissertatio de superioritate territoriali, opuscul. I. P. 2. p. 27), der Grotius’ Lehre eben ſo einſeitig auffaßt wie Poſſe, (ſ. unten) und am klarſten von Runde (Deutſches Privatrecht §. 101) am Ende des vorigen Jahrhunderts dahin definirt wird: „Die Landes- hoheit begreift alle die gemeine Wohlfahrt des Staats zum Zwecke habenden Rechte der Oberherrſchaft oder Staatsgewalt, mit Ausſchluß der dem Kaiſer vorbehaltenen Regierungsrechte.“ Die Frage, ob die bona publica dem dominium des Landesherrn gehörten oder nicht, ward dann verſchieden beantwortet; nach dem Syſtem des Hugo Grotius II. c. 2. §. 4. verſchieden im Patrimonial- und im ſtändiſchen Staate als „do- minum primi occupatoris, puta populi aut regis“ (im Patrimo- nialſtaate) ſehr beſtimmt bezeichnet („talia esse solent flumina, lacus stagna, silvae, montes asperi“) — darnach dann Heineccius, (Elem. juris german. I. 367) und eben ſo Vitriarius ſelbſt (Instit. jur. publ. lib. III. T. 18. §. 6); dagegen Hertius a. a. O. §. 43: ad summum imperantem non spectare, nisi lex, mos aut major conjectura (?) exceptionem suggerat. Chr. Wolff ſetzt die res publicae allerdings in dominio totius populi, das jedoch ſein Recht an den Rektor übertragen kann, der dann nicht bloß das imperium, ſondern auch das dominium eminens in rebus publicis hat, wobei jedoch der Gebrauch allein bleibt, während das jus disponendi dem Rektor gehört (Instit. jur. nat. et. gent. §. 1130). Freilich war mit dieſen bonis publicis die Sache nicht erledigt, denn noch immer war der Landesfürſt Lehnsherr und hieß „dominus.“ Zu Lehn aber trugen faſt alle Grundherren ihren Grundbeſitz. Das Lehnrecht hatte nun mit dem imperium nichts zu thun, auch nichts mit den bonis publicis; jetzt handelte es ſich deßhalb darum, ob die Lehnsherrlichkeit ein do- minium eminens oder ein Recht für ſich ſei. Hier war es nun, wo ſich namentlich in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts die Anſichten und Tendenzen zum Theil in ſehr entſchiedener Weiſe theilten,

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre07_1868/192>, abgerufen am 27.11.2024.