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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868.

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6. 7. Will. IV. 71. 1836. Nachdem auf diese Weise die Zehnten
der ständischen Epoche beseitigt waren, konnte die gleichartige Ablösung
der, in der alten copyhold noch erhaltenen Grundlasten nicht auf sich
warten lassen. Auch hier beginnt die Gesetzgebung wie bei den Zehnten
mit dem Princip der freiwilligen Vereinbarung durch das Stat. 4. 5.
Vict.
35 (1841). Allein auch hier zeigt sich das als nutzlos, und zehn
Jahre später wird diese Ablösung zur gesetzlichen Pflicht gemacht, so-
bald einer der Betheiligten sie fordert. 15. 16. Vict. 51. Dazu kam end-
lich dasjenige Gesetz, welches dem continentalen Begriffe der Ablösungen
und Gemeintheilungen entspricht, die Enlcosures Act von 1845, die, wie
es ihre Natur mit sich bringt, nicht eigentlich eine Entlastung ist, sondern
eine Herstellung des Einzeleigenthums der staatsbürgerlichen Gesellschaft
an der Stelle des Gesammteigenthums der ältesten Geschlechterordnung.
Es ist schwer, zu sagen, wie viel Einfluß auf diese Gesetzgebungen die
deutsche Entwicklung des freien Grundrechts gehabt hat, um so mehr,
als uns hier eingehende Darstellungen fehlen. Allein im Großen und
Ganzen ist dennoch die Sache klar, und läßt eine so einfache Darstel-
lung zu, wie sie namentlich Gneist (I. §. 117.) gegeben, und die auch
Sugenheim (S. 318), ohne weiter auf die Quellen einzugehen, accep-
tirt hat. Doch haben beide Unrecht, die Ablösung der Zehnten und der
Grundlasten einfach neben einander zu stellen, da auch in dieser Ablösung
der tief verschiedene Charakter der Geschlechter- und ständischen Unfrei-
heit wieder zu Tage tritt, während anderseits beide wieder eben so
wichtige Punkte mit einander gemein haben. Die Principien der Ent-
lastung, die sich daraus ergeben, sind nun folgende.

Gemeinschaftlich ist nämlich der Entlastung der Zehnten und der-
jenigen der Lasten zuerst der Grundsatz, daß, da das Recht der Be-
rechtigten nur ein Privatrecht ist, dasselbe auch in seinem ganzen
Umfang entschädigt werden muß, während bei der deutschen Entlastung
eine der Hauptfragen die nach der Scheidung der für die Gewährung
einer Entschädigung geeigneten und nicht geeigneten Rechte sein mußte.
Zweitens beruht auf diesem rein privatrechtlichen Charakter jener Rechte
der Satz, daß aus demselben Grunde die Herstellung der Entschädigung
ganz dem Einzelnen überlassen ward; England kennt für seine Entlastung
weder Rentenbanken noch Entlastungsobligationen, wie Deutschland.
Dennoch ist es niemanden zweifelhaft, daß diese Entlastungen eine
ihrem Wesen nach hochwichtige Angelegenheit sind und in ihrem letzten
Resultate zusammentreffen. Daher hat man für dieselben eine und die-
selbe Behörde eingesetzt, obgleich das Verfahren wieder ein sehr ver-
schiedenes ist, und obgleich die eigentlichen Ablösungen und Auftheilungen
auch hier strenge von den Entlastungen geschieden sind.


6. 7. Will. IV. 71. 1836. Nachdem auf dieſe Weiſe die Zehnten
der ſtändiſchen Epoche beſeitigt waren, konnte die gleichartige Ablöſung
der, in der alten copyhold noch erhaltenen Grundlaſten nicht auf ſich
warten laſſen. Auch hier beginnt die Geſetzgebung wie bei den Zehnten
mit dem Princip der freiwilligen Vereinbarung durch das Stat. 4. 5.
Vict.
35 (1841). Allein auch hier zeigt ſich das als nutzlos, und zehn
Jahre ſpäter wird dieſe Ablöſung zur geſetzlichen Pflicht gemacht, ſo-
bald einer der Betheiligten ſie fordert. 15. 16. Vict. 51. Dazu kam end-
lich dasjenige Geſetz, welches dem continentalen Begriffe der Ablöſungen
und Gemeintheilungen entſpricht, die Enlcosures Act von 1845, die, wie
es ihre Natur mit ſich bringt, nicht eigentlich eine Entlaſtung iſt, ſondern
eine Herſtellung des Einzeleigenthums der ſtaatsbürgerlichen Geſellſchaft
an der Stelle des Geſammteigenthums der älteſten Geſchlechterordnung.
Es iſt ſchwer, zu ſagen, wie viel Einfluß auf dieſe Geſetzgebungen die
deutſche Entwicklung des freien Grundrechts gehabt hat, um ſo mehr,
als uns hier eingehende Darſtellungen fehlen. Allein im Großen und
Ganzen iſt dennoch die Sache klar, und läßt eine ſo einfache Darſtel-
lung zu, wie ſie namentlich Gneiſt (I. §. 117.) gegeben, und die auch
Sugenheim (S. 318), ohne weiter auf die Quellen einzugehen, accep-
tirt hat. Doch haben beide Unrecht, die Ablöſung der Zehnten und der
Grundlaſten einfach neben einander zu ſtellen, da auch in dieſer Ablöſung
der tief verſchiedene Charakter der Geſchlechter- und ſtändiſchen Unfrei-
heit wieder zu Tage tritt, während anderſeits beide wieder eben ſo
wichtige Punkte mit einander gemein haben. Die Principien der Ent-
laſtung, die ſich daraus ergeben, ſind nun folgende.

Gemeinſchaftlich iſt nämlich der Entlaſtung der Zehnten und der-
jenigen der Laſten zuerſt der Grundſatz, daß, da das Recht der Be-
rechtigten nur ein Privatrecht iſt, daſſelbe auch in ſeinem ganzen
Umfang entſchädigt werden muß, während bei der deutſchen Entlaſtung
eine der Hauptfragen die nach der Scheidung der für die Gewährung
einer Entſchädigung geeigneten und nicht geeigneten Rechte ſein mußte.
Zweitens beruht auf dieſem rein privatrechtlichen Charakter jener Rechte
der Satz, daß aus demſelben Grunde die Herſtellung der Entſchädigung
ganz dem Einzelnen überlaſſen ward; England kennt für ſeine Entlaſtung
weder Rentenbanken noch Entlaſtungsobligationen, wie Deutſchland.
Dennoch iſt es niemanden zweifelhaft, daß dieſe Entlaſtungen eine
ihrem Weſen nach hochwichtige Angelegenheit ſind und in ihrem letzten
Reſultate zuſammentreffen. Daher hat man für dieſelben eine und die-
ſelbe Behörde eingeſetzt, obgleich das Verfahren wieder ein ſehr ver-
ſchiedenes iſt, und obgleich die eigentlichen Ablöſungen und Auftheilungen
auch hier ſtrenge von den Entlaſtungen geſchieden ſind.


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[137/0155] 6. 7. Will. IV. 71. 1836. Nachdem auf dieſe Weiſe die Zehnten der ſtändiſchen Epoche beſeitigt waren, konnte die gleichartige Ablöſung der, in der alten copyhold noch erhaltenen Grundlaſten nicht auf ſich warten laſſen. Auch hier beginnt die Geſetzgebung wie bei den Zehnten mit dem Princip der freiwilligen Vereinbarung durch das Stat. 4. 5. Vict. 35 (1841). Allein auch hier zeigt ſich das als nutzlos, und zehn Jahre ſpäter wird dieſe Ablöſung zur geſetzlichen Pflicht gemacht, ſo- bald einer der Betheiligten ſie fordert. 15. 16. Vict. 51. Dazu kam end- lich dasjenige Geſetz, welches dem continentalen Begriffe der Ablöſungen und Gemeintheilungen entſpricht, die Enlcosures Act von 1845, die, wie es ihre Natur mit ſich bringt, nicht eigentlich eine Entlaſtung iſt, ſondern eine Herſtellung des Einzeleigenthums der ſtaatsbürgerlichen Geſellſchaft an der Stelle des Geſammteigenthums der älteſten Geſchlechterordnung. Es iſt ſchwer, zu ſagen, wie viel Einfluß auf dieſe Geſetzgebungen die deutſche Entwicklung des freien Grundrechts gehabt hat, um ſo mehr, als uns hier eingehende Darſtellungen fehlen. Allein im Großen und Ganzen iſt dennoch die Sache klar, und läßt eine ſo einfache Darſtel- lung zu, wie ſie namentlich Gneiſt (I. §. 117.) gegeben, und die auch Sugenheim (S. 318), ohne weiter auf die Quellen einzugehen, accep- tirt hat. Doch haben beide Unrecht, die Ablöſung der Zehnten und der Grundlaſten einfach neben einander zu ſtellen, da auch in dieſer Ablöſung der tief verſchiedene Charakter der Geſchlechter- und ſtändiſchen Unfrei- heit wieder zu Tage tritt, während anderſeits beide wieder eben ſo wichtige Punkte mit einander gemein haben. Die Principien der Ent- laſtung, die ſich daraus ergeben, ſind nun folgende. Gemeinſchaftlich iſt nämlich der Entlaſtung der Zehnten und der- jenigen der Laſten zuerſt der Grundſatz, daß, da das Recht der Be- rechtigten nur ein Privatrecht iſt, daſſelbe auch in ſeinem ganzen Umfang entſchädigt werden muß, während bei der deutſchen Entlaſtung eine der Hauptfragen die nach der Scheidung der für die Gewährung einer Entſchädigung geeigneten und nicht geeigneten Rechte ſein mußte. Zweitens beruht auf dieſem rein privatrechtlichen Charakter jener Rechte der Satz, daß aus demſelben Grunde die Herſtellung der Entſchädigung ganz dem Einzelnen überlaſſen ward; England kennt für ſeine Entlaſtung weder Rentenbanken noch Entlaſtungsobligationen, wie Deutſchland. Dennoch iſt es niemanden zweifelhaft, daß dieſe Entlaſtungen eine ihrem Weſen nach hochwichtige Angelegenheit ſind und in ihrem letzten Reſultate zuſammentreffen. Daher hat man für dieſelben eine und die- ſelbe Behörde eingeſetzt, obgleich das Verfahren wieder ein ſehr ver- ſchiedenes iſt, und obgleich die eigentlichen Ablöſungen und Auftheilungen auch hier ſtrenge von den Entlaſtungen geſchieden ſind.

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre07_1868/155>, abgerufen am 23.11.2024.