Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 6. Stuttgart, 1868.ersetzen, und ihr vermöge ihres Widerspruchs mit ihrer eigenen Natur Die Presse ist aber zweitens, wie gesagt, ein mächtiger Faktor Es ergibt sich daraus zuerst, daß die Aufgabe der Verwaltung erſetzen, und ihr vermöge ihres Widerſpruchs mit ihrer eigenen Natur Die Preſſe iſt aber zweitens, wie geſagt, ein mächtiger Faktor Es ergibt ſich daraus zuerſt, daß die Aufgabe der Verwaltung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0074" n="58"/> erſetzen, und ihr vermöge ihres Widerſpruchs mit ihrer eigenen Natur<lb/> ihr auch ihren wahren Einfluß entzieht. Während es daher in wiſſen-<lb/> ſchaftlichen Dingen für die Regierung ſchwer iſt zu viel zu thun, iſt<lb/> es hier ſchwer, zu wenig zu thun. Das ſind die Grundlagen des Ver-<lb/> hältniſſes derſelben zur Förderung der Preſſe.</p><lb/> <p>Die Preſſe iſt aber <hi rendition="#g">zweitens</hi>, wie geſagt, ein mächtiger Faktor<lb/> des allgemeinen geiſtigen Lebens, Trägerin der allgemeinen Bildung,<lb/> aber auch Trägerin großer Gefahren. Allein das, was wir die Gefahr<lb/> der Preſſe nennen, hat einen eigenthümlichen Charakter. Die Preſſe<lb/> ſelbſt wendet ſich, ihrer Natur nach, zwar an die Geſammtheit, aber<lb/> nur durch die Vermittlung des einzelnen Urtheils. Der einzelne Leſer<lb/> hat daher die Möglichkeit, über den Inhalt der Preſſe ſelbſt zu unter-<lb/> ſcheiden. Wenn er als Einzelner das Verkehrte und Gefährliche in der<lb/> Preſſe erkennt, ſo iſt der Inhalt derſelben eben ſo wenig eine Gefahr,<lb/> als jedes andere verkehrte individuelle Urtheil, und das Uebel, das daraus<lb/> entſteht, iſt Sache des Einzelnen. Die Preſſe erſcheint daher zuerſt ſtets<lb/> als ein geiſtiges Verhältniß vom Einzelnen zum Einzelnen. Das aber<lb/> entzieht ſich, mit einer beſtimmten Ausnahme, der Thätigkeit der Verwal-<lb/> tung. Mit Recht daher entſteht die Frage, ob überhaupt die letztere die<lb/> Aufgabe haben könne und ſolle, in dieſe zunächſt rein individuellen Ver-<lb/> hältniſſe der Preſſe einzuſchreiten, und ob ein ſolches Einſchreiten nicht<lb/> vielmehr eine von jeder freien Verwaltung fern zu haltende Einmiſchung<lb/> in das individuelle geiſtige Leben enthalte. Und dieß iſt unzweifelhaft der<lb/> Punkt, auf welchem Frage und Inhalt des Rechts der Preſſe entſtehen.</p><lb/> <p>Es ergibt ſich daraus zuerſt, daß die Aufgabe der Verwaltung<lb/> demgemäß vorwiegend in dem <hi rendition="#g">Schutze</hi> beſtehen muß, den ſie allen<lb/> durch die Preſſe möglicher Weiſe gefährdeten Rechten und Intereſſen<lb/> der Einzelnen wie der Geſammtheit angedeihen läßt. Das Preßrecht<lb/> iſt daher ſeinem ganzen Weſen nach <hi rendition="#g">Preß-, Straf- und Polizei-<lb/> recht</hi>. Es ergibt ſich aber ferner, daß dieſe Aufgabe der Verwaltung<lb/> erſt da <hi rendition="#g">beginnt</hi>, wo jene Gefahren nicht mehr durch den Einzelnen<lb/> abgewendet werden können, und daß jedes polizeiliche Eingreifen an<lb/> und für ſich falſch iſt, ſo weit dieß letztere möglich iſt. Es folgt daraus<lb/> endlich, daß dieß Recht der Preſſe von der Meinung der Verwaltung<lb/> ſelbſt abhängt, <hi rendition="#g">wo</hi> jene Grenze der öffentlichen Gefährdung zu ziehen<lb/> ſei. Und dieſe Auffaſſung der Verwaltung wird nur durch zwei Faktoren<lb/> beſtimmt; einerſeits durch den Inhalt der Preſſe ſelbſt und andrerſeits<lb/> durch den Geiſt und die Stellung der öffentlichen Verwaltung. Das erſte<lb/> gibt dem Preßrecht ſein Syſtem, das zweite gibt ihm ſeine Geſchichte. In<lb/> dieſer Geſchichte iſt aber die heutige Geſtalt des Preßrechts ſelbſt als ein<lb/> gegebenes Moment anzuſehen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [58/0074]
erſetzen, und ihr vermöge ihres Widerſpruchs mit ihrer eigenen Natur
ihr auch ihren wahren Einfluß entzieht. Während es daher in wiſſen-
ſchaftlichen Dingen für die Regierung ſchwer iſt zu viel zu thun, iſt
es hier ſchwer, zu wenig zu thun. Das ſind die Grundlagen des Ver-
hältniſſes derſelben zur Förderung der Preſſe.
Die Preſſe iſt aber zweitens, wie geſagt, ein mächtiger Faktor
des allgemeinen geiſtigen Lebens, Trägerin der allgemeinen Bildung,
aber auch Trägerin großer Gefahren. Allein das, was wir die Gefahr
der Preſſe nennen, hat einen eigenthümlichen Charakter. Die Preſſe
ſelbſt wendet ſich, ihrer Natur nach, zwar an die Geſammtheit, aber
nur durch die Vermittlung des einzelnen Urtheils. Der einzelne Leſer
hat daher die Möglichkeit, über den Inhalt der Preſſe ſelbſt zu unter-
ſcheiden. Wenn er als Einzelner das Verkehrte und Gefährliche in der
Preſſe erkennt, ſo iſt der Inhalt derſelben eben ſo wenig eine Gefahr,
als jedes andere verkehrte individuelle Urtheil, und das Uebel, das daraus
entſteht, iſt Sache des Einzelnen. Die Preſſe erſcheint daher zuerſt ſtets
als ein geiſtiges Verhältniß vom Einzelnen zum Einzelnen. Das aber
entzieht ſich, mit einer beſtimmten Ausnahme, der Thätigkeit der Verwal-
tung. Mit Recht daher entſteht die Frage, ob überhaupt die letztere die
Aufgabe haben könne und ſolle, in dieſe zunächſt rein individuellen Ver-
hältniſſe der Preſſe einzuſchreiten, und ob ein ſolches Einſchreiten nicht
vielmehr eine von jeder freien Verwaltung fern zu haltende Einmiſchung
in das individuelle geiſtige Leben enthalte. Und dieß iſt unzweifelhaft der
Punkt, auf welchem Frage und Inhalt des Rechts der Preſſe entſtehen.
Es ergibt ſich daraus zuerſt, daß die Aufgabe der Verwaltung
demgemäß vorwiegend in dem Schutze beſtehen muß, den ſie allen
durch die Preſſe möglicher Weiſe gefährdeten Rechten und Intereſſen
der Einzelnen wie der Geſammtheit angedeihen läßt. Das Preßrecht
iſt daher ſeinem ganzen Weſen nach Preß-, Straf- und Polizei-
recht. Es ergibt ſich aber ferner, daß dieſe Aufgabe der Verwaltung
erſt da beginnt, wo jene Gefahren nicht mehr durch den Einzelnen
abgewendet werden können, und daß jedes polizeiliche Eingreifen an
und für ſich falſch iſt, ſo weit dieß letztere möglich iſt. Es folgt daraus
endlich, daß dieß Recht der Preſſe von der Meinung der Verwaltung
ſelbſt abhängt, wo jene Grenze der öffentlichen Gefährdung zu ziehen
ſei. Und dieſe Auffaſſung der Verwaltung wird nur durch zwei Faktoren
beſtimmt; einerſeits durch den Inhalt der Preſſe ſelbſt und andrerſeits
durch den Geiſt und die Stellung der öffentlichen Verwaltung. Das erſte
gibt dem Preßrecht ſein Syſtem, das zweite gibt ihm ſeine Geſchichte. In
dieſer Geſchichte iſt aber die heutige Geſtalt des Preßrechts ſelbſt als ein
gegebenes Moment anzuſehen.
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