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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 6. Stuttgart, 1868.

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muß man auch in der Presse etwas anderes und höheres sehen, als
einen Faktor des Gesammtlebens, bei dem es vor allem darauf ankommt,
ihn innerhalb seiner Gränzen zu halten und seine Gefahren zu be-
kämpfen.

In der That ist die Presse etwas Anderes. Die Presse im weitesten
Sinne des Wortes, als die Gesammtheit aller durch den Druck veran-
stalteten Vervielfältigungen geistiger Arbeiten, ist vielmehr derjenige
Proceß, in welchem durch beständige gegenseitige Einwirkung
des Einzelnen auf das Ganze und des Ganzen auf den
Einzelnen die allgemeine Bildung erzeugt und gefördert
wird
.

Dieses Wesen und diese Fähigkeit der Presse liegen nun ihrerseits
in der Natur der Buchdruckerei, die eben dadurch die wichtigste welt-
historische Erscheinung geworden ist. Diese Natur der Buchdruckerei hat
der geistigen Arbeit einen Charakter gegeben, der zu keiner anderen
Zeit vorhanden, oder auch nur denkbar war. Sie ist durch den Druck
eine Arbeit Aller für Alle geworden. In diesem Wesen der
Presse laufen zunächst alle Momente derselben, wie in einem ge-
meinschaftlichen Mittelpunkte zusammen. Denn durch dasselbe ist sie
berufen, dasjenige Bildungsmittel zu sein, das zunächst weder in Inhalt
noch in Form, in Gegenstand noch in Behandlungsweise, in Zeit noch
in Umfang begränzt ist, wie die bisher bezeichneten Formen des all-
gemeinen Bildungswesens. Sie kennt weder Unterschiede des Standes
noch der Fähigkeiten, weder Beschränkungen in Beziehung auf das
Objekt, noch auf die Art und Weise, es zu behandeln. Sie vermag in
jedem Augenblick sich demjenigen Gebiet des Lebens zuzuwenden, welches
einer Untersuchung und Anregung bedarf, und fordert an sich weder
eine besondere Vorbildung, noch auch bestimmte Zeit, noch bestimmte
Anstrengung, noch setzt sie Erfolge in einem Punkte voraus, um zu
einem anderen überzugehen. Vor allem aber hat sie nicht den Charakter
einer öffentlichen Anstalt, sondern sie beruht allein auf der Theilnahme
der Einzelnen an dem, was sie leistet. Indem sie durch dieß, was sie
leistet, das innerste geistige Leben der Menschen erfaßt, besitzt sie die
Fähigkeit und mit derselben auch die Bestimmung, als eine sittliche
Macht und damit als ein Beruf für diejenigen zu erscheinen, die
sich ihr widmen, während sie anderseits, indem ihre Leistungen sich
wirthschaftlich verwerthen, wieder materiell den Charakter und damit
auch die Natur eines wirthschaftlichen Unternehmens empfängt. Sie ist
dadurch diejenige Form des Bildungswesens, in welcher die Förderung
der allgemeinen Bildung als Sache der Einzelthätigkeit erscheint. Sie
ist dadurch zunächst ihrem ganzen Wesen nach vollständig unabhängig

muß man auch in der Preſſe etwas anderes und höheres ſehen, als
einen Faktor des Geſammtlebens, bei dem es vor allem darauf ankommt,
ihn innerhalb ſeiner Gränzen zu halten und ſeine Gefahren zu be-
kämpfen.

In der That iſt die Preſſe etwas Anderes. Die Preſſe im weiteſten
Sinne des Wortes, als die Geſammtheit aller durch den Druck veran-
ſtalteten Vervielfältigungen geiſtiger Arbeiten, iſt vielmehr derjenige
Proceß, in welchem durch beſtändige gegenſeitige Einwirkung
des Einzelnen auf das Ganze und des Ganzen auf den
Einzelnen die allgemeine Bildung erzeugt und gefördert
wird
.

Dieſes Weſen und dieſe Fähigkeit der Preſſe liegen nun ihrerſeits
in der Natur der Buchdruckerei, die eben dadurch die wichtigſte welt-
hiſtoriſche Erſcheinung geworden iſt. Dieſe Natur der Buchdruckerei hat
der geiſtigen Arbeit einen Charakter gegeben, der zu keiner anderen
Zeit vorhanden, oder auch nur denkbar war. Sie iſt durch den Druck
eine Arbeit Aller für Alle geworden. In dieſem Weſen der
Preſſe laufen zunächſt alle Momente derſelben, wie in einem ge-
meinſchaftlichen Mittelpunkte zuſammen. Denn durch dasſelbe iſt ſie
berufen, dasjenige Bildungsmittel zu ſein, das zunächſt weder in Inhalt
noch in Form, in Gegenſtand noch in Behandlungsweiſe, in Zeit noch
in Umfang begränzt iſt, wie die bisher bezeichneten Formen des all-
gemeinen Bildungsweſens. Sie kennt weder Unterſchiede des Standes
noch der Fähigkeiten, weder Beſchränkungen in Beziehung auf das
Objekt, noch auf die Art und Weiſe, es zu behandeln. Sie vermag in
jedem Augenblick ſich demjenigen Gebiet des Lebens zuzuwenden, welches
einer Unterſuchung und Anregung bedarf, und fordert an ſich weder
eine beſondere Vorbildung, noch auch beſtimmte Zeit, noch beſtimmte
Anſtrengung, noch ſetzt ſie Erfolge in einem Punkte voraus, um zu
einem anderen überzugehen. Vor allem aber hat ſie nicht den Charakter
einer öffentlichen Anſtalt, ſondern ſie beruht allein auf der Theilnahme
der Einzelnen an dem, was ſie leiſtet. Indem ſie durch dieß, was ſie
leiſtet, das innerſte geiſtige Leben der Menſchen erfaßt, beſitzt ſie die
Fähigkeit und mit derſelben auch die Beſtimmung, als eine ſittliche
Macht und damit als ein Beruf für diejenigen zu erſcheinen, die
ſich ihr widmen, während ſie anderſeits, indem ihre Leiſtungen ſich
wirthſchaftlich verwerthen, wieder materiell den Charakter und damit
auch die Natur eines wirthſchaftlichen Unternehmens empfängt. Sie iſt
dadurch diejenige Form des Bildungsweſens, in welcher die Förderung
der allgemeinen Bildung als Sache der Einzelthätigkeit erſcheint. Sie
iſt dadurch zunächſt ihrem ganzen Weſen nach vollſtändig unabhängig

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[45/0061] muß man auch in der Preſſe etwas anderes und höheres ſehen, als einen Faktor des Geſammtlebens, bei dem es vor allem darauf ankommt, ihn innerhalb ſeiner Gränzen zu halten und ſeine Gefahren zu be- kämpfen. In der That iſt die Preſſe etwas Anderes. Die Preſſe im weiteſten Sinne des Wortes, als die Geſammtheit aller durch den Druck veran- ſtalteten Vervielfältigungen geiſtiger Arbeiten, iſt vielmehr derjenige Proceß, in welchem durch beſtändige gegenſeitige Einwirkung des Einzelnen auf das Ganze und des Ganzen auf den Einzelnen die allgemeine Bildung erzeugt und gefördert wird. Dieſes Weſen und dieſe Fähigkeit der Preſſe liegen nun ihrerſeits in der Natur der Buchdruckerei, die eben dadurch die wichtigſte welt- hiſtoriſche Erſcheinung geworden iſt. Dieſe Natur der Buchdruckerei hat der geiſtigen Arbeit einen Charakter gegeben, der zu keiner anderen Zeit vorhanden, oder auch nur denkbar war. Sie iſt durch den Druck eine Arbeit Aller für Alle geworden. In dieſem Weſen der Preſſe laufen zunächſt alle Momente derſelben, wie in einem ge- meinſchaftlichen Mittelpunkte zuſammen. Denn durch dasſelbe iſt ſie berufen, dasjenige Bildungsmittel zu ſein, das zunächſt weder in Inhalt noch in Form, in Gegenſtand noch in Behandlungsweiſe, in Zeit noch in Umfang begränzt iſt, wie die bisher bezeichneten Formen des all- gemeinen Bildungsweſens. Sie kennt weder Unterſchiede des Standes noch der Fähigkeiten, weder Beſchränkungen in Beziehung auf das Objekt, noch auf die Art und Weiſe, es zu behandeln. Sie vermag in jedem Augenblick ſich demjenigen Gebiet des Lebens zuzuwenden, welches einer Unterſuchung und Anregung bedarf, und fordert an ſich weder eine beſondere Vorbildung, noch auch beſtimmte Zeit, noch beſtimmte Anſtrengung, noch ſetzt ſie Erfolge in einem Punkte voraus, um zu einem anderen überzugehen. Vor allem aber hat ſie nicht den Charakter einer öffentlichen Anſtalt, ſondern ſie beruht allein auf der Theilnahme der Einzelnen an dem, was ſie leiſtet. Indem ſie durch dieß, was ſie leiſtet, das innerſte geiſtige Leben der Menſchen erfaßt, beſitzt ſie die Fähigkeit und mit derſelben auch die Beſtimmung, als eine ſittliche Macht und damit als ein Beruf für diejenigen zu erſcheinen, die ſich ihr widmen, während ſie anderſeits, indem ihre Leiſtungen ſich wirthſchaftlich verwerthen, wieder materiell den Charakter und damit auch die Natur eines wirthſchaftlichen Unternehmens empfängt. Sie iſt dadurch diejenige Form des Bildungsweſens, in welcher die Förderung der allgemeinen Bildung als Sache der Einzelthätigkeit erſcheint. Sie iſt dadurch zunächſt ihrem ganzen Weſen nach vollſtändig unabhängig

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 6. Stuttgart, 1868, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre06_1868/61>, abgerufen am 23.11.2024.