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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 6. Stuttgart, 1868.

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polizeilichen Epoche zu den allgemeinen Bildungsanstalten beruht darauf,
daß dieselbe die Macht des Geistes und den Werth der Bildung als
ein hochbedeutsames Element für die Macht und die Achtung der Staa-
ten, und speziell der regierenden Häupter anerkennt, während die In-
telligenz der damaligen Zeit das Streben der Fürsten, sich durch solche
Anstalten auszuzeichnen, theils im individuellen, theils im allgemeinen
öffentlichen Interesse gern begrüßt und befördert. So entsteht eine neue
Kategorie dieser Anstalten. Dahin gehören die Akademien der Künste
und Wissenschaften, die nichts arbeiten und für die nichts gearbeitet
wird, die aber dennoch das Element der Arbeit durch die formelle,
möglichst mit fürstlichem Glanz umgebene Gemeinschaft der Gelehrten
und Künstler aufrecht halten. Dahin gehören ferner die glänzenden
Sammlungen in Gallerien und Museen, bei denen der Genuß des
Beschauens und der Stolz des Besitzers die Hauptsache sind, die aber
dennoch indirekt die wissenschaftliche und künstlerische Arbeit fördern.
Endlich gehören dahin die fürstlichen Theater. Die Bedeutung der
letztern ist keine geringe. Die Aufnahme der Schauspiele an den Höfen
der Fürsten hatte die große Folge, der Dichtkunst wieder in den höchsten
Klassen sowohl des gesellschaftlichen als des geistigen Lebens ihren Rang
zu geben. Die Hoftheater sind es, welche das Schauspiel aus der
rohen Sphäre der Gauklerbühne zu einer öffentlichen, allgemeinen
Bildungsanstalt erhoben haben. Sie sind der nothwendige Durchgangs-
punkt für die Entwicklung zum heutigen Theaterwesen, denn der Fürst,
der sie errichtete und besuchte, gab der Mimik und der Dichtkunst das
zurück, was beide seit den griechischen Dramaturgen verloren hatten,
und ohne welche sie nicht leben können: ihre hohe und geachtete gesell-
schaftliche Stellung. Einmal auf diesen Punkt gestellt, war es ihre
Sache, sich auf dieser socialen Höhe zu halten. Sie haben es unter-
nommen, und es ist ihnen gelungen.

Auf diese Weise sehen wir nun mit dem Abschluß der polizeilichen
Epoche und dem Siege der staatsbürgerlichen Gesellschaft zwei große
Gruppen der öffentlichen Bildungsanstalten dastehen: die eine, aus
der ständischen Ordnung herüberragend, die sich wesentlich an die Fach-
bildung in Bibliotheken und wissenschaftlichen Sammlungen anschließt,
die andere für den geistigen Glanz der Staaten geschaffen, in Akade-
mien, Gallerien, Museen und Hoftheatern mit Prunk und Glanz um-
geben; jene mehr für die Arbeit, diese mehr für den Genuß bestimmt,
doch die erstere nicht ohne Genuß, die andere nicht ohne Arbeit. Diese
Verhältnisse sind es nun, welche die staatsbürgerliche Gesellschaft übernimmt.

Dieselbe hat nun in dem ihr eigenthümlichen Geiste zwei Dinge
für das Gebiet der allgemeinen Bildung gethan. Wir können diese

polizeilichen Epoche zu den allgemeinen Bildungsanſtalten beruht darauf,
daß dieſelbe die Macht des Geiſtes und den Werth der Bildung als
ein hochbedeutſames Element für die Macht und die Achtung der Staa-
ten, und ſpeziell der regierenden Häupter anerkennt, während die In-
telligenz der damaligen Zeit das Streben der Fürſten, ſich durch ſolche
Anſtalten auszuzeichnen, theils im individuellen, theils im allgemeinen
öffentlichen Intereſſe gern begrüßt und befördert. So entſteht eine neue
Kategorie dieſer Anſtalten. Dahin gehören die Akademien der Künſte
und Wiſſenſchaften, die nichts arbeiten und für die nichts gearbeitet
wird, die aber dennoch das Element der Arbeit durch die formelle,
möglichſt mit fürſtlichem Glanz umgebene Gemeinſchaft der Gelehrten
und Künſtler aufrecht halten. Dahin gehören ferner die glänzenden
Sammlungen in Gallerien und Muſeen, bei denen der Genuß des
Beſchauens und der Stolz des Beſitzers die Hauptſache ſind, die aber
dennoch indirekt die wiſſenſchaftliche und künſtleriſche Arbeit fördern.
Endlich gehören dahin die fürſtlichen Theater. Die Bedeutung der
letztern iſt keine geringe. Die Aufnahme der Schauſpiele an den Höfen
der Fürſten hatte die große Folge, der Dichtkunſt wieder in den höchſten
Klaſſen ſowohl des geſellſchaftlichen als des geiſtigen Lebens ihren Rang
zu geben. Die Hoftheater ſind es, welche das Schauſpiel aus der
rohen Sphäre der Gauklerbühne zu einer öffentlichen, allgemeinen
Bildungsanſtalt erhoben haben. Sie ſind der nothwendige Durchgangs-
punkt für die Entwicklung zum heutigen Theaterweſen, denn der Fürſt,
der ſie errichtete und beſuchte, gab der Mimik und der Dichtkunſt das
zurück, was beide ſeit den griechiſchen Dramaturgen verloren hatten,
und ohne welche ſie nicht leben können: ihre hohe und geachtete geſell-
ſchaftliche Stellung. Einmal auf dieſen Punkt geſtellt, war es ihre
Sache, ſich auf dieſer ſocialen Höhe zu halten. Sie haben es unter-
nommen, und es iſt ihnen gelungen.

Auf dieſe Weiſe ſehen wir nun mit dem Abſchluß der polizeilichen
Epoche und dem Siege der ſtaatsbürgerlichen Geſellſchaft zwei große
Gruppen der öffentlichen Bildungsanſtalten daſtehen: die eine, aus
der ſtändiſchen Ordnung herüberragend, die ſich weſentlich an die Fach-
bildung in Bibliotheken und wiſſenſchaftlichen Sammlungen anſchließt,
die andere für den geiſtigen Glanz der Staaten geſchaffen, in Akade-
mien, Gallerien, Muſeen und Hoftheatern mit Prunk und Glanz um-
geben; jene mehr für die Arbeit, dieſe mehr für den Genuß beſtimmt,
doch die erſtere nicht ohne Genuß, die andere nicht ohne Arbeit. Dieſe
Verhältniſſe ſind es nun, welche die ſtaatsbürgerliche Geſellſchaft übernimmt.

Dieſelbe hat nun in dem ihr eigenthümlichen Geiſte zwei Dinge
für das Gebiet der allgemeinen Bildung gethan. Wir können dieſe

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[30/0046] polizeilichen Epoche zu den allgemeinen Bildungsanſtalten beruht darauf, daß dieſelbe die Macht des Geiſtes und den Werth der Bildung als ein hochbedeutſames Element für die Macht und die Achtung der Staa- ten, und ſpeziell der regierenden Häupter anerkennt, während die In- telligenz der damaligen Zeit das Streben der Fürſten, ſich durch ſolche Anſtalten auszuzeichnen, theils im individuellen, theils im allgemeinen öffentlichen Intereſſe gern begrüßt und befördert. So entſteht eine neue Kategorie dieſer Anſtalten. Dahin gehören die Akademien der Künſte und Wiſſenſchaften, die nichts arbeiten und für die nichts gearbeitet wird, die aber dennoch das Element der Arbeit durch die formelle, möglichſt mit fürſtlichem Glanz umgebene Gemeinſchaft der Gelehrten und Künſtler aufrecht halten. Dahin gehören ferner die glänzenden Sammlungen in Gallerien und Muſeen, bei denen der Genuß des Beſchauens und der Stolz des Beſitzers die Hauptſache ſind, die aber dennoch indirekt die wiſſenſchaftliche und künſtleriſche Arbeit fördern. Endlich gehören dahin die fürſtlichen Theater. Die Bedeutung der letztern iſt keine geringe. Die Aufnahme der Schauſpiele an den Höfen der Fürſten hatte die große Folge, der Dichtkunſt wieder in den höchſten Klaſſen ſowohl des geſellſchaftlichen als des geiſtigen Lebens ihren Rang zu geben. Die Hoftheater ſind es, welche das Schauſpiel aus der rohen Sphäre der Gauklerbühne zu einer öffentlichen, allgemeinen Bildungsanſtalt erhoben haben. Sie ſind der nothwendige Durchgangs- punkt für die Entwicklung zum heutigen Theaterweſen, denn der Fürſt, der ſie errichtete und beſuchte, gab der Mimik und der Dichtkunſt das zurück, was beide ſeit den griechiſchen Dramaturgen verloren hatten, und ohne welche ſie nicht leben können: ihre hohe und geachtete geſell- ſchaftliche Stellung. Einmal auf dieſen Punkt geſtellt, war es ihre Sache, ſich auf dieſer ſocialen Höhe zu halten. Sie haben es unter- nommen, und es iſt ihnen gelungen. Auf dieſe Weiſe ſehen wir nun mit dem Abſchluß der polizeilichen Epoche und dem Siege der ſtaatsbürgerlichen Geſellſchaft zwei große Gruppen der öffentlichen Bildungsanſtalten daſtehen: die eine, aus der ſtändiſchen Ordnung herüberragend, die ſich weſentlich an die Fach- bildung in Bibliotheken und wiſſenſchaftlichen Sammlungen anſchließt, die andere für den geiſtigen Glanz der Staaten geſchaffen, in Akade- mien, Gallerien, Muſeen und Hoftheatern mit Prunk und Glanz um- geben; jene mehr für die Arbeit, dieſe mehr für den Genuß beſtimmt, doch die erſtere nicht ohne Genuß, die andere nicht ohne Arbeit. Dieſe Verhältniſſe ſind es nun, welche die ſtaatsbürgerliche Geſellſchaft übernimmt. Dieſelbe hat nun in dem ihr eigenthümlichen Geiſte zwei Dinge für das Gebiet der allgemeinen Bildung gethan. Wir können dieſe

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 6. Stuttgart, 1868, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre06_1868/46>, abgerufen am 24.11.2024.