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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 6. Stuttgart, 1868.

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deutsche Literatur hat übrigens sich mit der Sache nur wenig beschäftigt,
so manchen Anlaß auch die bestehenden Gesetze und Verordnungen
gegeben haben. Es ist übrigens ganz naturgemäß, daß in unserer Zeit
die Frage nach den Feiertagen vorwiegend eine volkswirthschaft-
liche
geworden ist. Die Wahrheit ist unabweisbar, daß der Arbeits-
tag die Feiertage ernähren muß, und daß es daher ein auch volks-
wirthschaftlich nicht zu vertheidigender Standpunkt ist, die Arbeitslosig-
keit des Feiertags über die Gränze hinaus zu dehnen, innerhalb deren
sie von dem gleichfalls christlichen Nachbarvolke festgehalten wird. In
dem Falle sollte man den Grundsatz festhalten, daß die Feiertags- und
mithin die Arbeitstagsordnung jeder Confession vollkommen frei sei,
und daß mithin die Arbeit der Mitglieder einer Confession an dem
arbeitslosen Feiertag der andern als unbeschränkt, und nicht als
öffentliches Aergerniß betrachtet und verboten werde. Mit diesem
Grundsatz würde sich die natürliche Ordnung von selbst finden; das
Uebrige wäre dann Sache des Kirchenrechts. -- In Oesterreich sind
ähnliche, sehr genaue Bestimmungen, mit Strafbestimmung durch die
Verordnung vom 13. September 1857. -- Preußen. Feiertagsrecht
beruht auch nur auf der königl. Ordre vom 7. Juli 1837, welche die
Heilighaltung den Regierungen zur Pflicht macht, nebst Verordnung
über die Eisenbahn-Arbeiter (21. December 1846). Gesellen und Lehr-
linge (Verordnung vom 9. Februar 1849) und jugendliche Fabrikarbeiter
(9. März 1849). Genauere Bestimmungen s. Rönne Staatsrecht §. 348.
-- Bayern. Pözl, Verwaltungsrecht §. 110. 4. Polizeistrafgesetzbuch
Art. 105. 106. Störungen der Sonntagsfeier, als Vergehen gegen
die "ortspolizeilichen Vorschriften" über dieselben und Störungen gottes-
dienstlicher Handlungen. -- Ebenso Baden: Polizeistrafgesetzbuch §. 69;
s. Stempf a. a. O. S. 156). -- Holland (Bosch v. Kemper §. 378).

VI. Thierquälerei.

Das Verständniß des unsittlichen Elements in derselben und damit
das öffentliche Verbot datiren erst aus unserem Jahrhundert; sie ist
theils durch öffentliche Strafen, theils durch Bestrebungen von Vereinen
bekämpft; die Beseitigung dieser Barbarei ist ein nicht unbedeutsames
Zeichen der fortschreitenden Gesittung.


In Frankreich ist die Thierquälerei unter Strafe erst verboten
durch Gesetz vom 2. Juli 1850. In Oesterreich schon lange; die
betreffenden neuen Verordnungen von 1854, 1855 und 1856 sind zum

deutſche Literatur hat übrigens ſich mit der Sache nur wenig beſchäftigt,
ſo manchen Anlaß auch die beſtehenden Geſetze und Verordnungen
gegeben haben. Es iſt übrigens ganz naturgemäß, daß in unſerer Zeit
die Frage nach den Feiertagen vorwiegend eine volkswirthſchaft-
liche
geworden iſt. Die Wahrheit iſt unabweisbar, daß der Arbeits-
tag die Feiertage ernähren muß, und daß es daher ein auch volks-
wirthſchaftlich nicht zu vertheidigender Standpunkt iſt, die Arbeitsloſig-
keit des Feiertags über die Gränze hinaus zu dehnen, innerhalb deren
ſie von dem gleichfalls chriſtlichen Nachbarvolke feſtgehalten wird. In
dem Falle ſollte man den Grundſatz feſthalten, daß die Feiertags- und
mithin die Arbeitstagsordnung jeder Confeſſion vollkommen frei ſei,
und daß mithin die Arbeit der Mitglieder einer Confeſſion an dem
arbeitsloſen Feiertag der andern als unbeſchränkt, und nicht als
öffentliches Aergerniß betrachtet und verboten werde. Mit dieſem
Grundſatz würde ſich die natürliche Ordnung von ſelbſt finden; das
Uebrige wäre dann Sache des Kirchenrechts. — In Oeſterreich ſind
ähnliche, ſehr genaue Beſtimmungen, mit Strafbeſtimmung durch die
Verordnung vom 13. September 1857. — Preußen. Feiertagsrecht
beruht auch nur auf der königl. Ordre vom 7. Juli 1837, welche die
Heilighaltung den Regierungen zur Pflicht macht, nebſt Verordnung
über die Eiſenbahn-Arbeiter (21. December 1846). Geſellen und Lehr-
linge (Verordnung vom 9. Februar 1849) und jugendliche Fabrikarbeiter
(9. März 1849). Genauere Beſtimmungen ſ. Rönne Staatsrecht §. 348.
Bayern. Pözl, Verwaltungsrecht §. 110. 4. Polizeiſtrafgeſetzbuch
Art. 105. 106. Störungen der Sonntagsfeier, als Vergehen gegen
die „ortspolizeilichen Vorſchriften“ über dieſelben und Störungen gottes-
dienſtlicher Handlungen. — Ebenſo Baden: Polizeiſtrafgeſetzbuch §. 69;
ſ. Stempf a. a. O. S. 156). — Holland (Boſch v. Kemper §. 378).

VI. Thierquälerei.

Das Verſtändniß des unſittlichen Elements in derſelben und damit
das öffentliche Verbot datiren erſt aus unſerem Jahrhundert; ſie iſt
theils durch öffentliche Strafen, theils durch Beſtrebungen von Vereinen
bekämpft; die Beſeitigung dieſer Barbarei iſt ein nicht unbedeutſames
Zeichen der fortſchreitenden Geſittung.


In Frankreich iſt die Thierquälerei unter Strafe erſt verboten
durch Geſetz vom 2. Juli 1850. In Oeſterreich ſchon lange; die
betreffenden neuen Verordnungen von 1854, 1855 und 1856 ſind zum

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[26/0042] deutſche Literatur hat übrigens ſich mit der Sache nur wenig beſchäftigt, ſo manchen Anlaß auch die beſtehenden Geſetze und Verordnungen gegeben haben. Es iſt übrigens ganz naturgemäß, daß in unſerer Zeit die Frage nach den Feiertagen vorwiegend eine volkswirthſchaft- liche geworden iſt. Die Wahrheit iſt unabweisbar, daß der Arbeits- tag die Feiertage ernähren muß, und daß es daher ein auch volks- wirthſchaftlich nicht zu vertheidigender Standpunkt iſt, die Arbeitsloſig- keit des Feiertags über die Gränze hinaus zu dehnen, innerhalb deren ſie von dem gleichfalls chriſtlichen Nachbarvolke feſtgehalten wird. In dem Falle ſollte man den Grundſatz feſthalten, daß die Feiertags- und mithin die Arbeitstagsordnung jeder Confeſſion vollkommen frei ſei, und daß mithin die Arbeit der Mitglieder einer Confeſſion an dem arbeitsloſen Feiertag der andern als unbeſchränkt, und nicht als öffentliches Aergerniß betrachtet und verboten werde. Mit dieſem Grundſatz würde ſich die natürliche Ordnung von ſelbſt finden; das Uebrige wäre dann Sache des Kirchenrechts. — In Oeſterreich ſind ähnliche, ſehr genaue Beſtimmungen, mit Strafbeſtimmung durch die Verordnung vom 13. September 1857. — Preußen. Feiertagsrecht beruht auch nur auf der königl. Ordre vom 7. Juli 1837, welche die Heilighaltung den Regierungen zur Pflicht macht, nebſt Verordnung über die Eiſenbahn-Arbeiter (21. December 1846). Geſellen und Lehr- linge (Verordnung vom 9. Februar 1849) und jugendliche Fabrikarbeiter (9. März 1849). Genauere Beſtimmungen ſ. Rönne Staatsrecht §. 348. — Bayern. Pözl, Verwaltungsrecht §. 110. 4. Polizeiſtrafgeſetzbuch Art. 105. 106. Störungen der Sonntagsfeier, als Vergehen gegen die „ortspolizeilichen Vorſchriften“ über dieſelben und Störungen gottes- dienſtlicher Handlungen. — Ebenſo Baden: Polizeiſtrafgeſetzbuch §. 69; ſ. Stempf a. a. O. S. 156). — Holland (Boſch v. Kemper §. 378). VI. Thierquälerei. Das Verſtändniß des unſittlichen Elements in derſelben und damit das öffentliche Verbot datiren erſt aus unſerem Jahrhundert; ſie iſt theils durch öffentliche Strafen, theils durch Beſtrebungen von Vereinen bekämpft; die Beſeitigung dieſer Barbarei iſt ein nicht unbedeutſames Zeichen der fortſchreitenden Geſittung. In Frankreich iſt die Thierquälerei unter Strafe erſt verboten durch Geſetz vom 2. Juli 1850. In Oeſterreich ſchon lange; die betreffenden neuen Verordnungen von 1854, 1855 und 1856 ſind zum

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 6. Stuttgart, 1868, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre06_1868/42>, abgerufen am 24.11.2024.