Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 6. Stuttgart, 1868.die Drucker war nach Edikt vom 30. Juli 1548 beim Druck unerlaubter die Drucker war nach Edikt vom 30. Juli 1548 beim Druck unerlaubter <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <p><pb facs="#f0121" n="105"/> die Drucker war nach Edikt vom 30. Juli 1548 beim Druck unerlaubter<lb/> Bücher Verluſt der Conceſſion (Niederlegung ihres Gewerbes) und<lb/> 500 Gulden Gold (Wiesner a. a. O. S. 50). Ebenſo wird hier — wir<lb/> glauben zuerſt — der Verfaſſer geſetzlich verfolgt. Das Princip der<lb/> Conceſſion der Druckerei wird dann weiter ausgeführt im Reichstags-<lb/> abſchied von 1570, §. 155; die Abgabe von Pflichtexemplaren durch<lb/> kaiſerliches Patent vom 15. März 1608 vorgeſchrieben (war das allgemein<lb/> anerkannt?). Die Ausführung dieſer Vorſchriften blieb den Territorial-<lb/> herren, und das wirklich geltende Preßrecht war daher bei aller Gleich-<lb/> artigkeit des Princips doch in den einzelnen Ländern ſehr verſchieden.<lb/> Auf dieſem Gebiete griff natürlich die religiöſe Frage in entſcheidender<lb/> Weiſe ein; der Kampf gegen die Preſſe erſcheint im ſechzehnten Jahr-<lb/> hundert ganz, und im ſiebenzehnten Jahrhundert vorwiegend als ein<lb/> Kampf der verſchiedenen kirchlichen Ordnungen gegen den antidogma-<lb/> tiſchen Geiſt der Preſſe; das Preßrecht iſt faktiſch nur ein Verbot und<lb/> Verfolgungsrecht gegen die <hi rendition="#g">einer Confeſſion feindlichen Schriften</hi>;<lb/> die ganze übrige Preſſe iſt noch <hi rendition="#g">faktiſch frei</hi>. Allein mit dem Auf-<lb/> treten der eigentlichen Polizeiherrſchaft, die auf dem Principe des abſo-<lb/> luten Königthums beruhte und ſich im achtzehnten Jahrhundert als<lb/> Günſtlingsherrſchaft äußert, tritt nun der Angriff gegen dieſe Mißver-<lb/> waltung hinzu. Noch beſchäftigt ſich die Preſſe nicht mit der Ver-<lb/> faſſungsfrage; noch handelt es ſich daher gar nicht um einen Geiſt der<lb/> Preſſe. Wohl aber ſchafft ſich der Druck, der auf dem Volke ruht, in<lb/> perſönlichen Angriffen auf die Regierenden Luft. <hi rendition="#g">Montesquieu</hi> iſt<lb/> auch hier der Mann, der den Charakter ſeiner Zeit am klarſten verſteht.<lb/><hi rendition="#aq">„L’aristocratie est le gouvernement qui proscrit le plus les ouvrages<lb/> satiriques. Les magistrats y sont de petits souverains, qui ne sont<lb/> pas assez grands pour mépriser les injures — un seigneur en est<lb/> percé de part en part.“ L. XII. Chap.</hi> 13. Daher entſteht ein neues<lb/> ſtrenges Preßrecht; es iſt das der Pasquills und Schmähſchriften. Dieß<lb/> Recht iſt in England als Recht der <hi rendition="#aq">Libels</hi> am ſtrengſten und formell-<lb/> ſten ausgebildet (ſ. unter England) und bildet noch jetzt die Grundform<lb/> ſeines Preßrechts. In Deutſchland geht es ſofort in das Criminalrecht<lb/> über; doch bildet es damals faſt den einzigen Geſichtspunkt, von dem<lb/> aus die Idee einer <hi rendition="#g">Gefahr</hi>, die in der Preſſe liegen könne, entſteht<lb/> (<hi rendition="#g">Sonnenfels</hi>, Grundſ. der Polizei §. 152). Die Feindſchaft zwiſchen<lb/> den einzelnen Reichsſtänden ließ dieſe Pasquille häufig entſtehen. Dieß<lb/> Verhältniß gab zu ernſtem Streit zwiſchen Kaiſer und Reich Anlaß;<lb/> daran ſchloß ſich die ſtaatsrechtliche Literatur; Hauptſammlung <hi rendition="#g">Gerſt-<lb/> lacher</hi>, Handbuch der teutſchen Reichsgeſetze B. <hi rendition="#aq">IX.</hi> S. 1188 ff. <hi rendition="#g">Moſer</hi>,<lb/> Landeshoheit in Polizeiſachen; ſpeciell über das kaiſerliche Bücher-<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [105/0121]
die Drucker war nach Edikt vom 30. Juli 1548 beim Druck unerlaubter
Bücher Verluſt der Conceſſion (Niederlegung ihres Gewerbes) und
500 Gulden Gold (Wiesner a. a. O. S. 50). Ebenſo wird hier — wir
glauben zuerſt — der Verfaſſer geſetzlich verfolgt. Das Princip der
Conceſſion der Druckerei wird dann weiter ausgeführt im Reichstags-
abſchied von 1570, §. 155; die Abgabe von Pflichtexemplaren durch
kaiſerliches Patent vom 15. März 1608 vorgeſchrieben (war das allgemein
anerkannt?). Die Ausführung dieſer Vorſchriften blieb den Territorial-
herren, und das wirklich geltende Preßrecht war daher bei aller Gleich-
artigkeit des Princips doch in den einzelnen Ländern ſehr verſchieden.
Auf dieſem Gebiete griff natürlich die religiöſe Frage in entſcheidender
Weiſe ein; der Kampf gegen die Preſſe erſcheint im ſechzehnten Jahr-
hundert ganz, und im ſiebenzehnten Jahrhundert vorwiegend als ein
Kampf der verſchiedenen kirchlichen Ordnungen gegen den antidogma-
tiſchen Geiſt der Preſſe; das Preßrecht iſt faktiſch nur ein Verbot und
Verfolgungsrecht gegen die einer Confeſſion feindlichen Schriften;
die ganze übrige Preſſe iſt noch faktiſch frei. Allein mit dem Auf-
treten der eigentlichen Polizeiherrſchaft, die auf dem Principe des abſo-
luten Königthums beruhte und ſich im achtzehnten Jahrhundert als
Günſtlingsherrſchaft äußert, tritt nun der Angriff gegen dieſe Mißver-
waltung hinzu. Noch beſchäftigt ſich die Preſſe nicht mit der Ver-
faſſungsfrage; noch handelt es ſich daher gar nicht um einen Geiſt der
Preſſe. Wohl aber ſchafft ſich der Druck, der auf dem Volke ruht, in
perſönlichen Angriffen auf die Regierenden Luft. Montesquieu iſt
auch hier der Mann, der den Charakter ſeiner Zeit am klarſten verſteht.
„L’aristocratie est le gouvernement qui proscrit le plus les ouvrages
satiriques. Les magistrats y sont de petits souverains, qui ne sont
pas assez grands pour mépriser les injures — un seigneur en est
percé de part en part.“ L. XII. Chap. 13. Daher entſteht ein neues
ſtrenges Preßrecht; es iſt das der Pasquills und Schmähſchriften. Dieß
Recht iſt in England als Recht der Libels am ſtrengſten und formell-
ſten ausgebildet (ſ. unter England) und bildet noch jetzt die Grundform
ſeines Preßrechts. In Deutſchland geht es ſofort in das Criminalrecht
über; doch bildet es damals faſt den einzigen Geſichtspunkt, von dem
aus die Idee einer Gefahr, die in der Preſſe liegen könne, entſteht
(Sonnenfels, Grundſ. der Polizei §. 152). Die Feindſchaft zwiſchen
den einzelnen Reichsſtänden ließ dieſe Pasquille häufig entſtehen. Dieß
Verhältniß gab zu ernſtem Streit zwiſchen Kaiſer und Reich Anlaß;
daran ſchloß ſich die ſtaatsrechtliche Literatur; Hauptſammlung Gerſt-
lacher, Handbuch der teutſchen Reichsgeſetze B. IX. S. 1188 ff. Moſer,
Landeshoheit in Polizeiſachen; ſpeciell über das kaiſerliche Bücher-
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