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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 6. Stuttgart, 1868.

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Epoche gleich; es ist der Grundsatz des rein einseitigen, von jeder ob-
jektiven Regel freien Ermessens der regierenden Gewalt. Das zweite
dagegen ist nach den verschiedenen Zeiten wesentlich verschieden. Diese
Verschiedenheit ist es, welche die drei Epochen dieser Periode bildet,
die wir am besten mit bekannten Namen die des Prohibitiv-, des Prä-
ventiv- und des Repressivsystems nennen. Gemeinschaftlich ist allen,
daß der Geist der Presse von Inhalt und Form derselben im Einzelnen
nicht geschieden ist und daher die wesentliche Unterscheidung von Straf-
und Polizeirecht einerseits, und vom Recht des Geistes der Presse andrer-
seits nicht zum Bewußtsein und zur Erscheinung kommt; verschieden
sind sie erst in den Mitteln, mit denen sie wirken. Jede von ihnen
aber erzeugt wieder gewisse Sätze des Preßrechts, welche dauernd sind;
auf der Natur der Presse selbst ruhend, bleiben sie der jedesmal folgen-
den Epoche und gehen in das Recht derselben über. Man muß sich
daher die Sache nicht so denken, als ob ein tiefer, scharfer Abschnitt
in jenen drei Stadien unter einander, oder zwischen ihnen und der
folgenden Zeit stattgefunden hätte. Im Gegentheil hat jedes folgende
von dem frühern etwas in sich aufgenommen und das gegenwärtige Recht
muß daher als ein Ergebniß der gesammten vorhergehenden Geschichte
angesehen werden.

Für die Verwaltungslehre muß es daher genügen, den Geist jener
Epochen so bestimmt als möglich zu charakterisiren. Die Geschichte hat
das Einzelne hinzuzufügen.

b) Das Prohibitivsystem der Preßpolizei.

Wir bezeichnen die erste Gestalt des polizeilichen Preßrechts als
das Prohibitivsystem. So hart und gewaltsam dieß System nun
auch in einzelnen Gebieten des jungen geistigen Lebens, speziell im kirch-
lichen und politischen auftritt, so wäre es doch sehr falsch, auch in ihm
den Gegner der Presse an und für sich zu finden. Der eine Grund-
gedanke desselben war vielmehr, wie es die Natur der Sache mit sich
brachte, daß die Regierungen an sich der Entwicklung des arbeitenden
Geistes weder entgegen traten noch abhold waren. Am klarsten drückt
vielleicht das Mandat von Karl VI. vom Jahr 1725 vom 23. August
(bei Wiesner S. 95) den wahren Standpunkt dieser Zeit aus. "Es soll
dahin gewirkt werden, daß die inländischen Druckereien, woran res
literaria
großen Antheil nehme, in Aufnahme gebracht, die Hervor-
bringung guter und nützlicher Bücher gar nicht eingeschränkt, sondern
vielmehr befördert werden. Verbotene Schriften und von Staatssachen
handelnde Bücher und Traktate sollten genau untersucht, wenn ein

Epoche gleich; es iſt der Grundſatz des rein einſeitigen, von jeder ob-
jektiven Regel freien Ermeſſens der regierenden Gewalt. Das zweite
dagegen iſt nach den verſchiedenen Zeiten weſentlich verſchieden. Dieſe
Verſchiedenheit iſt es, welche die drei Epochen dieſer Periode bildet,
die wir am beſten mit bekannten Namen die des Prohibitiv-, des Prä-
ventiv- und des Repreſſivſyſtems nennen. Gemeinſchaftlich iſt allen,
daß der Geiſt der Preſſe von Inhalt und Form derſelben im Einzelnen
nicht geſchieden iſt und daher die weſentliche Unterſcheidung von Straf-
und Polizeirecht einerſeits, und vom Recht des Geiſtes der Preſſe andrer-
ſeits nicht zum Bewußtſein und zur Erſcheinung kommt; verſchieden
ſind ſie erſt in den Mitteln, mit denen ſie wirken. Jede von ihnen
aber erzeugt wieder gewiſſe Sätze des Preßrechts, welche dauernd ſind;
auf der Natur der Preſſe ſelbſt ruhend, bleiben ſie der jedesmal folgen-
den Epoche und gehen in das Recht derſelben über. Man muß ſich
daher die Sache nicht ſo denken, als ob ein tiefer, ſcharfer Abſchnitt
in jenen drei Stadien unter einander, oder zwiſchen ihnen und der
folgenden Zeit ſtattgefunden hätte. Im Gegentheil hat jedes folgende
von dem frühern etwas in ſich aufgenommen und das gegenwärtige Recht
muß daher als ein Ergebniß der geſammten vorhergehenden Geſchichte
angeſehen werden.

Für die Verwaltungslehre muß es daher genügen, den Geiſt jener
Epochen ſo beſtimmt als möglich zu charakteriſiren. Die Geſchichte hat
das Einzelne hinzuzufügen.

b) Das Prohibitivſyſtem der Preßpolizei.

Wir bezeichnen die erſte Geſtalt des polizeilichen Preßrechts als
das Prohibitivſyſtem. So hart und gewaltſam dieß Syſtem nun
auch in einzelnen Gebieten des jungen geiſtigen Lebens, ſpeziell im kirch-
lichen und politiſchen auftritt, ſo wäre es doch ſehr falſch, auch in ihm
den Gegner der Preſſe an und für ſich zu finden. Der eine Grund-
gedanke deſſelben war vielmehr, wie es die Natur der Sache mit ſich
brachte, daß die Regierungen an ſich der Entwicklung des arbeitenden
Geiſtes weder entgegen traten noch abhold waren. Am klarſten drückt
vielleicht das Mandat von Karl VI. vom Jahr 1725 vom 23. Auguſt
(bei Wiesner S. 95) den wahren Standpunkt dieſer Zeit aus. „Es ſoll
dahin gewirkt werden, daß die inländiſchen Druckereien, woran res
literaria
großen Antheil nehme, in Aufnahme gebracht, die Hervor-
bringung guter und nützlicher Bücher gar nicht eingeſchränkt, ſondern
vielmehr befördert werden. Verbotene Schriften und von Staatsſachen
handelnde Bücher und Traktate ſollten genau unterſucht, wenn ein

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[103/0119] Epoche gleich; es iſt der Grundſatz des rein einſeitigen, von jeder ob- jektiven Regel freien Ermeſſens der regierenden Gewalt. Das zweite dagegen iſt nach den verſchiedenen Zeiten weſentlich verſchieden. Dieſe Verſchiedenheit iſt es, welche die drei Epochen dieſer Periode bildet, die wir am beſten mit bekannten Namen die des Prohibitiv-, des Prä- ventiv- und des Repreſſivſyſtems nennen. Gemeinſchaftlich iſt allen, daß der Geiſt der Preſſe von Inhalt und Form derſelben im Einzelnen nicht geſchieden iſt und daher die weſentliche Unterſcheidung von Straf- und Polizeirecht einerſeits, und vom Recht des Geiſtes der Preſſe andrer- ſeits nicht zum Bewußtſein und zur Erſcheinung kommt; verſchieden ſind ſie erſt in den Mitteln, mit denen ſie wirken. Jede von ihnen aber erzeugt wieder gewiſſe Sätze des Preßrechts, welche dauernd ſind; auf der Natur der Preſſe ſelbſt ruhend, bleiben ſie der jedesmal folgen- den Epoche und gehen in das Recht derſelben über. Man muß ſich daher die Sache nicht ſo denken, als ob ein tiefer, ſcharfer Abſchnitt in jenen drei Stadien unter einander, oder zwiſchen ihnen und der folgenden Zeit ſtattgefunden hätte. Im Gegentheil hat jedes folgende von dem frühern etwas in ſich aufgenommen und das gegenwärtige Recht muß daher als ein Ergebniß der geſammten vorhergehenden Geſchichte angeſehen werden. Für die Verwaltungslehre muß es daher genügen, den Geiſt jener Epochen ſo beſtimmt als möglich zu charakteriſiren. Die Geſchichte hat das Einzelne hinzuzufügen. b) Das Prohibitivſyſtem der Preßpolizei. Wir bezeichnen die erſte Geſtalt des polizeilichen Preßrechts als das Prohibitivſyſtem. So hart und gewaltſam dieß Syſtem nun auch in einzelnen Gebieten des jungen geiſtigen Lebens, ſpeziell im kirch- lichen und politiſchen auftritt, ſo wäre es doch ſehr falſch, auch in ihm den Gegner der Preſſe an und für ſich zu finden. Der eine Grund- gedanke deſſelben war vielmehr, wie es die Natur der Sache mit ſich brachte, daß die Regierungen an ſich der Entwicklung des arbeitenden Geiſtes weder entgegen traten noch abhold waren. Am klarſten drückt vielleicht das Mandat von Karl VI. vom Jahr 1725 vom 23. Auguſt (bei Wiesner S. 95) den wahren Standpunkt dieſer Zeit aus. „Es ſoll dahin gewirkt werden, daß die inländiſchen Druckereien, woran res literaria großen Antheil nehme, in Aufnahme gebracht, die Hervor- bringung guter und nützlicher Bücher gar nicht eingeſchränkt, ſondern vielmehr befördert werden. Verbotene Schriften und von Staatsſachen handelnde Bücher und Traktate ſollten genau unterſucht, wenn ein

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 6. Stuttgart, 1868, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre06_1868/119>, abgerufen am 22.11.2024.