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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868.

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es wesentlich, was der inneren Lebensgeschichte aller dieser Völker so
viel Kraft und Mannigfaltigkeit verleiht. Für die Elementarbildung
nämlich wird zwar das öffentlich-rechtliche Princip der Bildungspflicht
zum allgemeinen Gesetze erhoben, allein indirekt wird dieselbe auch für
alle öffentlichen Berufe gültig; andererseits wird aus der Elementar-
lehre wieder allmählig ein Beruf, und damit ein Stand, wie auch die
Presse ihren Stand erzeugt. Die Verwaltung der Berufsbildung ist
zwar ursprünglich eine gesellschaftliche, das ist eine Form der Selbst-
verwaltung von geistigen Körperschaften, allein derselbe Grundsatz freier
Selbstbestimmung greift auch in die Elementarschulen über; das Ver-
einswesen bricht sich Bahn in allen drei Gebieten und schafft sich selber
Elementar-, Berufs- und allgemeine Bildungsanstalten, und zu gleicher
Zeit macht der steigende Werth der Bildung tausende der verschiedensten
Privatunternehmungen dafür möglich, so daß hier die freieste Bewegung
in der Produktion geistiger Güter vorwaltet; und dennoch vermag es
die lebendige Staatsidee wieder, das Ganze als Einheit zu erfassen,
das Bewußtsein dieser Einheit, durch die Wissenschaft unterstützt, zur
positiven Geltung zu bringen, trotz der fast vollkommenen Freiheit einheit-
liche Gesetzgebungen und sogar eine einheitliche Verwaltung aufzustellen,
und so das geistige Element des gemeinsamen Strebens auch praktisch
in der größten Verschiedenheit aufrecht zu halten. Auf diese Weise ent-
steht hier eine lebensvolle Geschichte in diesem, nur der germanischen
Welt eigenthümlichen Zusammenwirken, und mit derselben ein großartiges
System von Anstalten, Thätigkeiten, Körperschaften, Rechten und Or-
ganen, welches die großen Träger des geistigen Lebens uns in ihren
mächtigen Funktionen zeigt, deren jede wieder ihre eigene, und in jedem
Lande wieder besonders gestaltete Geschichte hat. Wohl wird es bei
dieser größeren faktischen Einheit immer schwerer, dieselbe in wissenschaft-
licher Form einfach darzustellen, dafür aber hat das machtvolle Ganze
die Kraft, jeden zu begeistern, der für die Arbeit desselben seine edelsten
Kräfte hingibt.

V. Was nun die historischen Epochen dieser Entwicklung betrifft,
so sehen wir hier den Staat sich erst allmälig aus der Herrschaft der
gesellschaftlichen Elemente sich erheben, und auch für das Bildungs-
wesen seine Funktion übernehmen. Allein einerseits hat er es nie ver-
sucht oder vermocht, dasselbe ausschließlich in seine Hand zu bekommen,
anderseits zeigt uns das Leben aller germanischen Reiche, daß dem
Volke mitten in den beschränktesten Ordnungen der Geschlechter und
der Stände das Element der freien Bestimmung und des Rechts auf
gleiche Entwicklung Aller nie ganz verloren geht. Es ist keine Frage,
daß ursprünglich der ethische Träger dieser Idee die Kirche gewesen,

es weſentlich, was der inneren Lebensgeſchichte aller dieſer Völker ſo
viel Kraft und Mannigfaltigkeit verleiht. Für die Elementarbildung
nämlich wird zwar das öffentlich-rechtliche Princip der Bildungspflicht
zum allgemeinen Geſetze erhoben, allein indirekt wird dieſelbe auch für
alle öffentlichen Berufe gültig; andererſeits wird aus der Elementar-
lehre wieder allmählig ein Beruf, und damit ein Stand, wie auch die
Preſſe ihren Stand erzeugt. Die Verwaltung der Berufsbildung iſt
zwar urſprünglich eine geſellſchaftliche, das iſt eine Form der Selbſt-
verwaltung von geiſtigen Körperſchaften, allein derſelbe Grundſatz freier
Selbſtbeſtimmung greift auch in die Elementarſchulen über; das Ver-
einsweſen bricht ſich Bahn in allen drei Gebieten und ſchafft ſich ſelber
Elementar-, Berufs- und allgemeine Bildungsanſtalten, und zu gleicher
Zeit macht der ſteigende Werth der Bildung tauſende der verſchiedenſten
Privatunternehmungen dafür möglich, ſo daß hier die freieſte Bewegung
in der Produktion geiſtiger Güter vorwaltet; und dennoch vermag es
die lebendige Staatsidee wieder, das Ganze als Einheit zu erfaſſen,
das Bewußtſein dieſer Einheit, durch die Wiſſenſchaft unterſtützt, zur
poſitiven Geltung zu bringen, trotz der faſt vollkommenen Freiheit einheit-
liche Geſetzgebungen und ſogar eine einheitliche Verwaltung aufzuſtellen,
und ſo das geiſtige Element des gemeinſamen Strebens auch praktiſch
in der größten Verſchiedenheit aufrecht zu halten. Auf dieſe Weiſe ent-
ſteht hier eine lebensvolle Geſchichte in dieſem, nur der germaniſchen
Welt eigenthümlichen Zuſammenwirken, und mit derſelben ein großartiges
Syſtem von Anſtalten, Thätigkeiten, Körperſchaften, Rechten und Or-
ganen, welches die großen Träger des geiſtigen Lebens uns in ihren
mächtigen Funktionen zeigt, deren jede wieder ihre eigene, und in jedem
Lande wieder beſonders geſtaltete Geſchichte hat. Wohl wird es bei
dieſer größeren faktiſchen Einheit immer ſchwerer, dieſelbe in wiſſenſchaft-
licher Form einfach darzuſtellen, dafür aber hat das machtvolle Ganze
die Kraft, jeden zu begeiſtern, der für die Arbeit deſſelben ſeine edelſten
Kräfte hingibt.

V. Was nun die hiſtoriſchen Epochen dieſer Entwicklung betrifft,
ſo ſehen wir hier den Staat ſich erſt allmälig aus der Herrſchaft der
geſellſchaftlichen Elemente ſich erheben, und auch für das Bildungs-
weſen ſeine Funktion übernehmen. Allein einerſeits hat er es nie ver-
ſucht oder vermocht, daſſelbe ausſchließlich in ſeine Hand zu bekommen,
anderſeits zeigt uns das Leben aller germaniſchen Reiche, daß dem
Volke mitten in den beſchränkteſten Ordnungen der Geſchlechter und
der Stände das Element der freien Beſtimmung und des Rechts auf
gleiche Entwicklung Aller nie ganz verloren geht. Es iſt keine Frage,
daß urſprünglich der ethiſche Träger dieſer Idee die Kirche geweſen,

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[26/0054] es weſentlich, was der inneren Lebensgeſchichte aller dieſer Völker ſo viel Kraft und Mannigfaltigkeit verleiht. Für die Elementarbildung nämlich wird zwar das öffentlich-rechtliche Princip der Bildungspflicht zum allgemeinen Geſetze erhoben, allein indirekt wird dieſelbe auch für alle öffentlichen Berufe gültig; andererſeits wird aus der Elementar- lehre wieder allmählig ein Beruf, und damit ein Stand, wie auch die Preſſe ihren Stand erzeugt. Die Verwaltung der Berufsbildung iſt zwar urſprünglich eine geſellſchaftliche, das iſt eine Form der Selbſt- verwaltung von geiſtigen Körperſchaften, allein derſelbe Grundſatz freier Selbſtbeſtimmung greift auch in die Elementarſchulen über; das Ver- einsweſen bricht ſich Bahn in allen drei Gebieten und ſchafft ſich ſelber Elementar-, Berufs- und allgemeine Bildungsanſtalten, und zu gleicher Zeit macht der ſteigende Werth der Bildung tauſende der verſchiedenſten Privatunternehmungen dafür möglich, ſo daß hier die freieſte Bewegung in der Produktion geiſtiger Güter vorwaltet; und dennoch vermag es die lebendige Staatsidee wieder, das Ganze als Einheit zu erfaſſen, das Bewußtſein dieſer Einheit, durch die Wiſſenſchaft unterſtützt, zur poſitiven Geltung zu bringen, trotz der faſt vollkommenen Freiheit einheit- liche Geſetzgebungen und ſogar eine einheitliche Verwaltung aufzuſtellen, und ſo das geiſtige Element des gemeinſamen Strebens auch praktiſch in der größten Verſchiedenheit aufrecht zu halten. Auf dieſe Weiſe ent- ſteht hier eine lebensvolle Geſchichte in dieſem, nur der germaniſchen Welt eigenthümlichen Zuſammenwirken, und mit derſelben ein großartiges Syſtem von Anſtalten, Thätigkeiten, Körperſchaften, Rechten und Or- ganen, welches die großen Träger des geiſtigen Lebens uns in ihren mächtigen Funktionen zeigt, deren jede wieder ihre eigene, und in jedem Lande wieder beſonders geſtaltete Geſchichte hat. Wohl wird es bei dieſer größeren faktiſchen Einheit immer ſchwerer, dieſelbe in wiſſenſchaft- licher Form einfach darzuſtellen, dafür aber hat das machtvolle Ganze die Kraft, jeden zu begeiſtern, der für die Arbeit deſſelben ſeine edelſten Kräfte hingibt. V. Was nun die hiſtoriſchen Epochen dieſer Entwicklung betrifft, ſo ſehen wir hier den Staat ſich erſt allmälig aus der Herrſchaft der geſellſchaftlichen Elemente ſich erheben, und auch für das Bildungs- weſen ſeine Funktion übernehmen. Allein einerſeits hat er es nie ver- ſucht oder vermocht, daſſelbe ausſchließlich in ſeine Hand zu bekommen, anderſeits zeigt uns das Leben aller germaniſchen Reiche, daß dem Volke mitten in den beſchränkteſten Ordnungen der Geſchlechter und der Stände das Element der freien Beſtimmung und des Rechts auf gleiche Entwicklung Aller nie ganz verloren geht. Es iſt keine Frage, daß urſprünglich der ethiſche Träger dieſer Idee die Kirche geweſen,

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/54>, abgerufen am 22.11.2024.