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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868.

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Die Berufsbildung dagegen ist an sich freier. Allein der Beruf
ist in seiner Ausübung ein wesentlicher und organischer Theil des Ge-
sammtlebens, und seine tüchtige Erfüllung ist daher selbst wieder eine
Bedingung für die Verwirklichung des geistigen und materiellen Fort-
schrittes. Fehlt dem Berufe seine Voraussetzung und das Maß von
geistigen Elementen, die er selbst zur öffentlichen Verwerthung bringt,
so macht eben die in der persönlichen Freiheit liegende Scheidung der
Berufe eine tüchtige Berufserfüllung unmöglich. Der Staat, indem
er daher Wahl und Bildung des Berufes für Alle frei macht, muß
demnach im höchsten Gesammtinteresse dafür sorgen, daß ein gewisses
Minimum der Berufsbildung vorhanden sei, bevor derselbe ausgeübt wird.
Daraus folgen zwei leitende Grundsätze für das öffentliche Berufsbildungs-
wesen. Zuerst muß der Staat der Berufsbildung die ihren Forderungen ge-
nügenden Anstalten bieten, die daher ihrem System nach der ethischen
und praktischen Entwicklung des Berufssystemes entsprechen müssen;
zweitens muß er die Gewähr geben, daß bei solchen Berufen, gegenüber
welchem es dem Einzelnen nicht mehr möglich ist ein freies Urtheil zu
haben oder es zur Geltung zu bringen (Beamte, Aerzte, Lehrer etc.)
wenigstens das Minimum der Berufsbildung wirklich vorhanden sei.
Diese Berufe nun nennen wir die öffentlichen Berufe; ihre Funk-
tion bildet stets im weiteren Sinne einen Theil der Verwaltungsthätig-
keit selbst, und unterscheidet sich dadurch von dem freien Beruf, dessen
Erfüllung nur das Einzelleben umfaßt (wirthschaftlicher Erwerb, Kunst etc.).
Jene Garantie wird gegeben durch die öffentlich rechtliche Prüfung; und
somit ergibt sich als Inhalt des Princips dieses Theiles des Verwaltungs-
rechts, daß das öffentliche Recht des Berufsbildungswesens auf der syste-
matischen Herstellung von Berufsbildungsanstalten, und auf dem
Systeme der Prüfungen für die öffentlichen Berufe beruhen muß.

In der allgemeinen Bildung endlich muß der Grundsatz der vollen
Freiheit und Selbstthätigkeit der Einzelnen gelten. Allein trotzdem kann
der Staat nicht gleichgültig neben derselben stehen. Er hat hier wie
immer die Gefährdungen derselben in der Culturpolizei zu be-
kämpfen; er hat zweitens die großen Bedingungen der allgemeinen
geistigen Entwicklung in öffentlichen Bildungsanstalten herzustellen
oder zu unterstützen; und er hat endlich durch sein öffentliches Recht
dafür zu sorgen, daß das große Element des bei weitem wichtigsten
allgemeinen Bildungsmittels, der Presse, das in der Verbindung ihrer
rechtlichen Verantwortlichkeit mit ihrer Freiheit der Bewegung
besteht, zur rechtlichen Geltung und Durchführung gelange.

In der Gesammtheit dieser Momente ist nun die Entwicklung des
Princips des öffentlichen Bildungsrechts zu einem Systeme gegeben;

Die Berufsbildung dagegen iſt an ſich freier. Allein der Beruf
iſt in ſeiner Ausübung ein weſentlicher und organiſcher Theil des Ge-
ſammtlebens, und ſeine tüchtige Erfüllung iſt daher ſelbſt wieder eine
Bedingung für die Verwirklichung des geiſtigen und materiellen Fort-
ſchrittes. Fehlt dem Berufe ſeine Vorausſetzung und das Maß von
geiſtigen Elementen, die er ſelbſt zur öffentlichen Verwerthung bringt,
ſo macht eben die in der perſönlichen Freiheit liegende Scheidung der
Berufe eine tüchtige Berufserfüllung unmöglich. Der Staat, indem
er daher Wahl und Bildung des Berufes für Alle frei macht, muß
demnach im höchſten Geſammtintereſſe dafür ſorgen, daß ein gewiſſes
Minimum der Berufsbildung vorhanden ſei, bevor derſelbe ausgeübt wird.
Daraus folgen zwei leitende Grundſätze für das öffentliche Berufsbildungs-
weſen. Zuerſt muß der Staat der Berufsbildung die ihren Forderungen ge-
nügenden Anſtalten bieten, die daher ihrem Syſtem nach der ethiſchen
und praktiſchen Entwicklung des Berufsſyſtemes entſprechen müſſen;
zweitens muß er die Gewähr geben, daß bei ſolchen Berufen, gegenüber
welchem es dem Einzelnen nicht mehr möglich iſt ein freies Urtheil zu
haben oder es zur Geltung zu bringen (Beamte, Aerzte, Lehrer ꝛc.)
wenigſtens das Minimum der Berufsbildung wirklich vorhanden ſei.
Dieſe Berufe nun nennen wir die öffentlichen Berufe; ihre Funk-
tion bildet ſtets im weiteren Sinne einen Theil der Verwaltungsthätig-
keit ſelbſt, und unterſcheidet ſich dadurch von dem freien Beruf, deſſen
Erfüllung nur das Einzelleben umfaßt (wirthſchaftlicher Erwerb, Kunſt ꝛc.).
Jene Garantie wird gegeben durch die öffentlich rechtliche Prüfung; und
ſomit ergibt ſich als Inhalt des Princips dieſes Theiles des Verwaltungs-
rechts, daß das öffentliche Recht des Berufsbildungsweſens auf der ſyſte-
matiſchen Herſtellung von Berufsbildungsanſtalten, und auf dem
Syſteme der Prüfungen für die öffentlichen Berufe beruhen muß.

In der allgemeinen Bildung endlich muß der Grundſatz der vollen
Freiheit und Selbſtthätigkeit der Einzelnen gelten. Allein trotzdem kann
der Staat nicht gleichgültig neben derſelben ſtehen. Er hat hier wie
immer die Gefährdungen derſelben in der Culturpolizei zu be-
kämpfen; er hat zweitens die großen Bedingungen der allgemeinen
geiſtigen Entwicklung in öffentlichen Bildungsanſtalten herzuſtellen
oder zu unterſtützen; und er hat endlich durch ſein öffentliches Recht
dafür zu ſorgen, daß das große Element des bei weitem wichtigſten
allgemeinen Bildungsmittels, der Preſſe, das in der Verbindung ihrer
rechtlichen Verantwortlichkeit mit ihrer Freiheit der Bewegung
beſteht, zur rechtlichen Geltung und Durchführung gelange.

In der Geſammtheit dieſer Momente iſt nun die Entwicklung des
Princips des öffentlichen Bildungsrechts zu einem Syſteme gegeben;

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[15/0043] Die Berufsbildung dagegen iſt an ſich freier. Allein der Beruf iſt in ſeiner Ausübung ein weſentlicher und organiſcher Theil des Ge- ſammtlebens, und ſeine tüchtige Erfüllung iſt daher ſelbſt wieder eine Bedingung für die Verwirklichung des geiſtigen und materiellen Fort- ſchrittes. Fehlt dem Berufe ſeine Vorausſetzung und das Maß von geiſtigen Elementen, die er ſelbſt zur öffentlichen Verwerthung bringt, ſo macht eben die in der perſönlichen Freiheit liegende Scheidung der Berufe eine tüchtige Berufserfüllung unmöglich. Der Staat, indem er daher Wahl und Bildung des Berufes für Alle frei macht, muß demnach im höchſten Geſammtintereſſe dafür ſorgen, daß ein gewiſſes Minimum der Berufsbildung vorhanden ſei, bevor derſelbe ausgeübt wird. Daraus folgen zwei leitende Grundſätze für das öffentliche Berufsbildungs- weſen. Zuerſt muß der Staat der Berufsbildung die ihren Forderungen ge- nügenden Anſtalten bieten, die daher ihrem Syſtem nach der ethiſchen und praktiſchen Entwicklung des Berufsſyſtemes entſprechen müſſen; zweitens muß er die Gewähr geben, daß bei ſolchen Berufen, gegenüber welchem es dem Einzelnen nicht mehr möglich iſt ein freies Urtheil zu haben oder es zur Geltung zu bringen (Beamte, Aerzte, Lehrer ꝛc.) wenigſtens das Minimum der Berufsbildung wirklich vorhanden ſei. Dieſe Berufe nun nennen wir die öffentlichen Berufe; ihre Funk- tion bildet ſtets im weiteren Sinne einen Theil der Verwaltungsthätig- keit ſelbſt, und unterſcheidet ſich dadurch von dem freien Beruf, deſſen Erfüllung nur das Einzelleben umfaßt (wirthſchaftlicher Erwerb, Kunſt ꝛc.). Jene Garantie wird gegeben durch die öffentlich rechtliche Prüfung; und ſomit ergibt ſich als Inhalt des Princips dieſes Theiles des Verwaltungs- rechts, daß das öffentliche Recht des Berufsbildungsweſens auf der ſyſte- matiſchen Herſtellung von Berufsbildungsanſtalten, und auf dem Syſteme der Prüfungen für die öffentlichen Berufe beruhen muß. In der allgemeinen Bildung endlich muß der Grundſatz der vollen Freiheit und Selbſtthätigkeit der Einzelnen gelten. Allein trotzdem kann der Staat nicht gleichgültig neben derſelben ſtehen. Er hat hier wie immer die Gefährdungen derſelben in der Culturpolizei zu be- kämpfen; er hat zweitens die großen Bedingungen der allgemeinen geiſtigen Entwicklung in öffentlichen Bildungsanſtalten herzuſtellen oder zu unterſtützen; und er hat endlich durch ſein öffentliches Recht dafür zu ſorgen, daß das große Element des bei weitem wichtigſten allgemeinen Bildungsmittels, der Preſſe, das in der Verbindung ihrer rechtlichen Verantwortlichkeit mit ihrer Freiheit der Bewegung beſteht, zur rechtlichen Geltung und Durchführung gelange. In der Geſammtheit dieſer Momente iſt nun die Entwicklung des Princips des öffentlichen Bildungsrechts zu einem Syſteme gegeben;

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/43>, abgerufen am 24.11.2024.