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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868.

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Die zweite Gruppe besteht aus den Privatschulen unter den ver-
schiedensten Namen (Public day schools, Collegiate schools, Grammar
schools, Academies
), die sie je nach Ermessen annehmen. Diese
Schulen sind "äußerst verschieden, sowohl von den Vereinsschulen als
unter sich" (Schöll), was natürlich ist. In diese Schulen nun, welche
durch das Bedürfniß des Publikums getragen und gänzlich frei in ihrer
Lehrordnung sind, wird zum großen Theil der Versuch durchgeführt,
neben der klassischen Bildung auch eine Realbildung zu geben. Natür-
lich ist das alles sehr zufällig und verschieden, wie es in der Natur
der Sache liegt. Nähere Nachrichten liegen nicht vor. Nur das steht
fest, daß diese Privatschulen keine Vorbereitung für die ständischen Col-
leges
und für die Universities geben.

Die dritte Gruppe endlich wird gebildet aus dem System der ge-
werblichen
Bildungsschulen, die für die weitere Bildung der Hand-
werker bestimmt sind, und denen theils die sog. Upper schools, theils
die Commercial schools vorhergehen, Privatunternehmungen, welche
ungefähr unsern Bürgerschulen entsprechen, und natürlich von sehr
verschiedenem Werthe sind. Im Allgemeinen sind diese gewerblichen
Fortbildungsschulen auf sehr niederer Stufe, und nicht viel mehr als
unsere Sunday schools, indem die Hauptgegenstände noch immer im
Gebiete des Elementarunterrichts liegen. Einen wesentlichen Fortschritt
bildeten die Mechanic Institutions, die seit 1821 (in Glasgow) ent-
standen sind, sich von dort verbreitet und zum Theil weiter entwickelt
haben, so daß in großen Städten auch von bedeutenden Männern ge-
legentlich Vorträge darin gehalten werden. Es sind wesentlich Ge-
werbes
chulen, allein natürlich mit sehr verschiedenen Programmen;
doch scheint das charakteristische Element des Schulgeldes allgemein zu
sein. Daneben sind Zeichnungsschulen (schools of design) als
eine Art Fortbildungsschulen, seit 1837 angeregt, erst seit 1850 weiter
verbreitet (1854 gegen 2000), sie können Staatsunterstützung genießen.
Die Londoner polytechnic institution, seit 1828 auf Aktien gegründet,
ist eine systemlose Anstalt, die ein schlechtes Nachbild des Conservatoire
des Arts et metiers
in Paris ist.

Es ist nun hier auf den ersten Blick klar, daß bei aller Form-
losigkeit und Zufälligkeit dieser Bestrebungen dennoch in denselben eine
gewisse Gleichartigkeit der Entwicklung besteht, welche die Realbildung
systematisch neben der klassischen zur Geltung bringen und sie als an-
erkanntes Glied in das öffentliche Bildungswesen einführen will. Das
aber bedeutet wieder den großen Kampf der staatsbürgerlichen Gesell-
schaft mit den Resten der ständischen und die allmählige Vernichtung
des Unterschieds der Klassen, der in der bisherigen ausschließlichen

Stein, die Verwaltungslehre. V. 23

Die zweite Gruppe beſteht aus den Privatſchulen unter den ver-
ſchiedenſten Namen (Public day schools, Collegiate schools, Grammar
schools, Academies
), die ſie je nach Ermeſſen annehmen. Dieſe
Schulen ſind „äußerſt verſchieden, ſowohl von den Vereinsſchulen als
unter ſich“ (Schöll), was natürlich iſt. In dieſe Schulen nun, welche
durch das Bedürfniß des Publikums getragen und gänzlich frei in ihrer
Lehrordnung ſind, wird zum großen Theil der Verſuch durchgeführt,
neben der klaſſiſchen Bildung auch eine Realbildung zu geben. Natür-
lich iſt das alles ſehr zufällig und verſchieden, wie es in der Natur
der Sache liegt. Nähere Nachrichten liegen nicht vor. Nur das ſteht
feſt, daß dieſe Privatſchulen keine Vorbereitung für die ſtändiſchen Col-
leges
und für die Universities geben.

Die dritte Gruppe endlich wird gebildet aus dem Syſtem der ge-
werblichen
Bildungsſchulen, die für die weitere Bildung der Hand-
werker beſtimmt ſind, und denen theils die ſog. Upper schools, theils
die Commercial schools vorhergehen, Privatunternehmungen, welche
ungefähr unſern Bürgerſchulen entſprechen, und natürlich von ſehr
verſchiedenem Werthe ſind. Im Allgemeinen ſind dieſe gewerblichen
Fortbildungsſchulen auf ſehr niederer Stufe, und nicht viel mehr als
unſere Sunday schools, indem die Hauptgegenſtände noch immer im
Gebiete des Elementarunterrichts liegen. Einen weſentlichen Fortſchritt
bildeten die Mechanic Institutions, die ſeit 1821 (in Glasgow) ent-
ſtanden ſind, ſich von dort verbreitet und zum Theil weiter entwickelt
haben, ſo daß in großen Städten auch von bedeutenden Männern ge-
legentlich Vorträge darin gehalten werden. Es ſind weſentlich Ge-
werbeſ
chulen, allein natürlich mit ſehr verſchiedenen Programmen;
doch ſcheint das charakteriſtiſche Element des Schulgeldes allgemein zu
ſein. Daneben ſind Zeichnungsſchulen (schools of design) als
eine Art Fortbildungsſchulen, ſeit 1837 angeregt, erſt ſeit 1850 weiter
verbreitet (1854 gegen 2000), ſie können Staatsunterſtützung genießen.
Die Londoner polytechnic institution, ſeit 1828 auf Aktien gegründet,
iſt eine ſyſtemloſe Anſtalt, die ein ſchlechtes Nachbild des Conservatoire
des Arts et métiers
in Paris iſt.

Es iſt nun hier auf den erſten Blick klar, daß bei aller Form-
loſigkeit und Zufälligkeit dieſer Beſtrebungen dennoch in denſelben eine
gewiſſe Gleichartigkeit der Entwicklung beſteht, welche die Realbildung
ſyſtematiſch neben der klaſſiſchen zur Geltung bringen und ſie als an-
erkanntes Glied in das öffentliche Bildungsweſen einführen will. Das
aber bedeutet wieder den großen Kampf der ſtaatsbürgerlichen Geſell-
ſchaft mit den Reſten der ſtändiſchen und die allmählige Vernichtung
des Unterſchieds der Klaſſen, der in der bisherigen ausſchließlichen

Stein, die Verwaltungslehre. V. 23
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[333/0361] Die zweite Gruppe beſteht aus den Privatſchulen unter den ver- ſchiedenſten Namen (Public day schools, Collegiate schools, Grammar schools, Academies), die ſie je nach Ermeſſen annehmen. Dieſe Schulen ſind „äußerſt verſchieden, ſowohl von den Vereinsſchulen als unter ſich“ (Schöll), was natürlich iſt. In dieſe Schulen nun, welche durch das Bedürfniß des Publikums getragen und gänzlich frei in ihrer Lehrordnung ſind, wird zum großen Theil der Verſuch durchgeführt, neben der klaſſiſchen Bildung auch eine Realbildung zu geben. Natür- lich iſt das alles ſehr zufällig und verſchieden, wie es in der Natur der Sache liegt. Nähere Nachrichten liegen nicht vor. Nur das ſteht feſt, daß dieſe Privatſchulen keine Vorbereitung für die ſtändiſchen Col- leges und für die Universities geben. Die dritte Gruppe endlich wird gebildet aus dem Syſtem der ge- werblichen Bildungsſchulen, die für die weitere Bildung der Hand- werker beſtimmt ſind, und denen theils die ſog. Upper schools, theils die Commercial schools vorhergehen, Privatunternehmungen, welche ungefähr unſern Bürgerſchulen entſprechen, und natürlich von ſehr verſchiedenem Werthe ſind. Im Allgemeinen ſind dieſe gewerblichen Fortbildungsſchulen auf ſehr niederer Stufe, und nicht viel mehr als unſere Sunday schools, indem die Hauptgegenſtände noch immer im Gebiete des Elementarunterrichts liegen. Einen weſentlichen Fortſchritt bildeten die Mechanic Institutions, die ſeit 1821 (in Glasgow) ent- ſtanden ſind, ſich von dort verbreitet und zum Theil weiter entwickelt haben, ſo daß in großen Städten auch von bedeutenden Männern ge- legentlich Vorträge darin gehalten werden. Es ſind weſentlich Ge- werbeſchulen, allein natürlich mit ſehr verſchiedenen Programmen; doch ſcheint das charakteriſtiſche Element des Schulgeldes allgemein zu ſein. Daneben ſind Zeichnungsſchulen (schools of design) als eine Art Fortbildungsſchulen, ſeit 1837 angeregt, erſt ſeit 1850 weiter verbreitet (1854 gegen 2000), ſie können Staatsunterſtützung genießen. Die Londoner polytechnic institution, ſeit 1828 auf Aktien gegründet, iſt eine ſyſtemloſe Anſtalt, die ein ſchlechtes Nachbild des Conservatoire des Arts et métiers in Paris iſt. Es iſt nun hier auf den erſten Blick klar, daß bei aller Form- loſigkeit und Zufälligkeit dieſer Beſtrebungen dennoch in denſelben eine gewiſſe Gleichartigkeit der Entwicklung beſteht, welche die Realbildung ſyſtematiſch neben der klaſſiſchen zur Geltung bringen und ſie als an- erkanntes Glied in das öffentliche Bildungsweſen einführen will. Das aber bedeutet wieder den großen Kampf der ſtaatsbürgerlichen Geſell- ſchaft mit den Reſten der ſtändiſchen und die allmählige Vernichtung des Unterſchieds der Klaſſen, der in der bisherigen ausſchließlichen Stein, die Verwaltungslehre. V. 23

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/361>, abgerufen am 27.11.2024.